Beängstigend: Bielefelder Park ist sogar der Security zu gefährlich

Bielefeld. Zum ersten Mal seit der Kunsthallenpark zu einem Partytreffpunkt und damit auch durch Müll, Lärm und Gewalt zum Problemort geworden ist, haben sich jetzt Vertreter der Kunsthalle, der Stadt mit den bisher besonders belasteten Anwohnern getroffen. Das Aufeinandertreffen machte den Frust und die Wut der Anlieger mehr als deutlich, aber auch die beschränkten Möglichkeiten der Behörden, hier dauerhaft für Ruhe zu sorgen. Auf Einladung von Kunsthallendirektorin Christina Végh kamen gut 20 Anlieger des Skulpturenparks zur Café-Terrasse, wo sie sich mit dem Leitenden Polizeidirektor Ulrich Ettler, der zuständigen Bezirksdienst-Polizistin Elke Wagner und Ordnungsamtsleiter Friedhelm Feldmann austauschten. 100.000 EURO SCHADEN Der kaufmännische Leiter der Kunsthalle, Thomas Kosfeld, gebe jährlich 40.000 Euro aus, um Graffiti zu beseitigen, Beschädigungen und Müll zu entfernen. Inzwischen liege der Schaden an den Kunstwerken aber schon bei 100.000 Euro, so Kosfeld. &bdquo;Aber bei Ihnen", sagt er zu den Nachbarn, &bdquo;ist es ja noch viel schlimmer." FÜR SICHERHEITSLEUTE ZU GEFÄHRLICH Das sei ihm lange nicht bewusst gewesen – bis er einen Sicherheitsdienst beauftragt habe, der dreimal pro Nacht im Park auftauchen sollten und die Feiernden ansprechen und auf Fehlverhalten aufmerksam machen sollte. Der Sicherheitsdienst habe Kosfeld bald deutlich gemacht: Patrouillen mache man gerne, aber die Leute anzusprechen sei nicht zu leisten. &bdquo;Das war dem Team zu gefährlich." ANGST UND ZERSTÖRUNG Auch die Anwohner leiden nicht nur unter dem Lärm der Feiernden. &bdquo;Wir haben Angst", sagt eine Anwohnerin: &bdquo;Wenn ich spät abends nach Hause komme und da sitzen 30 Jungs mit Pizzen auf den Motorhauben vor meiner Haustür, brauche ich schon Mut, um die anzusprechen." Ihr sei das im freundlichen Ton gelungen. Viele der Feiernden seien ja auch friedlich. Da wendet eine andere Betroffene ein: &bdquo;Wenn mir jemand in den Briefkasten pinkelt, kann und will ich den nicht ansprechen müssen, ob ich nach Hause darf." Die Gruppen liefen hier in Kohorten durch unsere Nachbarschaft." Ein Anwohner berichtet von anderen Bewohnern in seinem Haus, die sich gar nicht mehr vor die Tür trauen. FORDERUNG NACH DAUER-PATROUILLE Ein Anlieger beschwert sich darüber, dass die Polizei nicht oder zu spät komme, wenn man sie rufe. Er hat nach Monaten, in denen er sich allein gelassen gefühlt hat, einen Vorschlag für Polizei und Ordnungsamt: &bdquo;Was wir hier benötigen, ist eine Präsenz von zwei Beamten mit einem Polizeihund – dauerhaft zwischen 23 und 3 Uhr. Dann ist hier sofort Ruhe." 90 Prozent der Leute hier seien friedlich, aber der Rest müsse in die Schranken gewiesen werden. NICHT GENUG PERSONAL Der Chef der Polizeidirektion Gefahrenabwehr und Einsatz, Ulrich Ettler, entgegnet: &bdquo;Dieser Park hat sich in den vergangenen Wochen zu einem Schwerpunkt entwickelt. Das haben wir wahrgenommen. Wir haben diesen Park auch schon ein paar Mal geräumt." Aber die Polizei sei stadtweit im Einsatz. Gerade nachts ereigneten sich auch in anderen Stadtteilen Raubtaten oder Häusliche Gewalt. Die Beamten mit den Polizeihunden hätten nachts viel zu tun: &bdquo;Wir haben nicht das Personal, um hier zwei Beamte für drei oder vier Stunden dauerhaft abzustellen." Der Vorschlaggeber ist spürbar wütend: &bdquo;Dass ich hier hin und wieder nicht schlafen kann, stört mich weniger. Dass sie als Polizei aber vor diesen Chaoten kapitulieren. Das ärgert mich enorm." Die Anwohner applaudieren. SCHADEN IN HÖHE EINEs WACHDIENST-GEHALTS Der Vertreter eines Immobilienbesitzers berichtet, dass er im vergangenen Monat einen solchen Schaden durch Graffiti und Vandalismus an seinem Gebäude registriert habe, dass er von dem für die Instandhaltung nötigen Geld gut einen privaten Wachschutz finanzieren könnte. Ein anderer Mann berichtet, dass er freitags und samstags nicht mehr hier übernachtet: &bdquo;Ich habe das zweimal ausprobiert. Das tue ich mir nicht mehr an." Er kann zu seinem Glück auf eine Wohnung außerhalb ausweichen. Die anderen Nachbarn können sich Lärm und Stress nicht entziehen. »WIR WOLLEN KEINE ZÄUNE, KEINE KAMERAS« Was Ettler neu ist, dass die Beamten bei ihren Kontrollfahrten durch den Park nicht aussteigen. Anwohner berichten, dass die Streifenteams den Park nur im Auto besuchen. &bdquo;Das ist mir neu, das nehme ich mit", sagt der Polizeidirektor. Kunsthallenchefin Végh erinnert daran, dass andere Skulpturenparks in New York, London und Wien inzwischen nachts abgesperrt würden. &bdquo;Wir wollen keine Zäune und keine Kameras." Sie hält Patrouillen für ein effektives Mittel. In Kürze soll für das Museum ein privater Sicherheitsdienst im Park Präsenz zeigen. ENGERE ABSPRACHE MIT DER STADT? Ein Nachbar fordert Ordnungsamtsleiter Feldmann auf, sich noch mehr mit der Polizei abzustimmen, damit die Kontrolldichte im park hochgehalten werde, auch wenn niemand dauerhaft vor Ort bleiben könne. Ettler betont: &bdquo;Wir sind nicht dafür da, zu patrouillieren, wenn nichts passiert ist." Am Ende einigen sich die Parteien darauf, dass die Anwohner bei Thomas Kosfeld ihre Wünsche, Bedürfnisse und Beobachtungen melden. Diese würden dann gesammelt der Polizei übergeben, damit diese ihr Auftreten im Kunsthallenpark entsprechend anpassen kann. Ein Anwohner sagt sarkastisch: &bdquo;Die Polizei und Stadt wartet doch lieber darauf, dass endlich Winter wird. Dann ist hier Ruhe. Wir brauchen aber jetzt sofort Hilfe."

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