Ralf Nettelstroth: Der OB-Kandidat, der den Jahnplatz-Umbau stoppen will - mit Video

Bielefeld. Wer Ralf Nettelstroth fragt, warum er in Bielefeld Oberbürgermeister werden will, erhält eine überraschende Antwort. &bdquo;Ich mache das aus rein egoistischen Gründen, damit meine Töchter in Bielefeld bleiben.“ Wie meint er das? Ganz einfach. Der Oberbürgermeisterkandidat, der für die CDU ins Rennen geht, möchte Bielefeld so gestalten, dass die jungen Leute gar nicht mehr weg wollen. Das reicht ihm aber nicht. Die Stadt soll so gut werden, dass scharenweise talentierte Menschen aus Deutschland von ihr angezogen werden. Uni als Heiratsmarkt Im Mittelpunkt dieses Plans sieht Nettelstroth die Universität. Der Hochschulstandort sei der Dreh- und Angelpunkt einer modernen Stadt, biete Zukunftsperspektiven und diene sogar als Heiratsmarkt. Er selbst lernte seine Frau an der Uni Bielefeld kennen, studierte hier in den 80er Jahren Jura, wurde in das Studentenparlament und in den Senat gewählt. Er joggte auf der Finnbahn und schwamm fast täglich im Uni-Hallenbad. Kurz um, sein Leben war und ist eng mit der Hochschule verbunden. Auch später als Kommunalpolitiker begleitete er die Entwicklung des Campus weiter. Als Landtagsabgeordneter sowieso. Der Rechtsanwalt hatte sich von Anfang an für die Gründung einer medizinischen Fakultät stark gemacht und blieb immer ihr Fürsprecher. Als die neue CDU-Landesregierung nach der Wahl 2017 grünes Licht für den Aufbau in Bielefeld gab und eine Millioneninvestition in Aussicht stellte, war das ein Mitverdienst Nettelstroths. Wirtschaft ist Chefsache Nun gelte es, die Power auf den Boden zu bringen, auch neue Institute nach Bielefeld zu holen, findet er. Hervorragende Voraussetzungen für Innovationen und Startups zu schaffen, das ist Nettelstroth wichtig. Überhaupt ist Wirtschaftspolitik für ihn Chefsache. Darauf will er als OB einen Schwerpunkt setzen. Nettelstroth gilt als Kopfmensch. Manche sagen, er wirke oft distanziert. &bdquo;Wenn mich die Leute sehen, denken sie, ich sei ernst, zurückhaltend und skeptisch. Dabei könne er durchaus lustig sein – auch ohne Alkohol, betont er. Denn das Trinken und Rauchen liege ihm nicht. Deswegen habe er drauf verzichtet, jemals eine Zigarette zu probieren. Auch Drogen habe er nie angerührt. Als Alternative dienen ihm Schnitzel und Bratkartoffeln. &bdquo;Ich liebe es, lecker zu essen“, sagt er und lächelt. Korrekt und verlässlich Nettelstroth, der mit 19 Jahren seinen Vater verlor und früh lernen musste, Verantwortung zu übernehmen, denkt und handelt rational, wenig aus dem Bauch heraus. Wer mit ihm zu tun hat, merkt das schnell. &bdquo;Ich versuche die Dinge vom Ende her zu denken.” Er gilt als jemand, der korrekt ist, seine Fahne nicht nach dem Wind dreht. Ein Partner, auf den man sich verlassen kann. Das sagen sogar Wegbegleiter anderer Parteien. Der 56-Jährige sieht sich selbst als politischen Menschen. Mit 19 schloss er sich der CDU an. Seither ist der katholisch geprägte Bielefelder immer aktiv: Sein erster Wahlkreis war 1994 Baumheide. Überhaupt ist Heepen sein Zuhause. Aufgewachsen ist er zwar in Hillegossen, aber der Ort gehörte damals noch zu Heepen. Auch heute lebt er im Stadtteil mit seiner Familie. Die Stadt muss erreichbar bleiben Nettelstroth, der zunächst in Bielefeld auf die Höhere Handelsschule ging und Wirtschaftsabitur machte, arbeitet seit 2000 als selbstständiger Rechtsanwalt in einer Kanzlei mit fünf Anwälten. Er selbst konzentriert sich als Jurist auf den Schwerpunkt Zivilrecht und Baurecht. Ein Thema, bei dem er sich aufregt, ist der Jahnplatz, dessen Umbau er am liebsten stoppen würde. &bdquo;Alle Beschlüsse dazu waren rechtswidrig“, warf er seinen politischen Gegnern der Paprika-Koalition vor. Die Gelegenheit, im Hinblick auf Corona innezuhalten, um eine konsensfähige Lösung zu finden, habe die Paprika verpasst. Genau die wolle er aber erwirken, sollte er Oberbürgermeister werden. Früher Radrennen gefahren Als wichtige Maxime steht für ihn fest: &bdquo;Die Stadt muss erreichbar bleiben – auch mit dem Auto.“ Ihn störe der revolutionäre Anspruch der Radfahrer nach dem Motto: &bdquo;Jetzt sind wir dran.“ Klar müsse es gut ausgebaute Fahrradwege geben, aber nicht an den Hauptverkehrsadern der Stadt, sondern an Parallelstraßen. Er selbst fahre leidenschaftlich Fahrrad, ist als Jugendlicher sogar Radrennen gefahren. Doch das ändere nichts an seiner Meinung, dass Autofahrern in Bielefeld das Leben nicht schwerer gemacht werden müsse.

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