Angst beim Ehrenamt: Debatte um Masken in Bielefelder Wahllokalen

Bielefeld. Dieses Jahr sollte es für zwei Freundinnen eine ganz besondere Wahl werden: Hatten sie bisher immer in verschiedenen Wahllokalen gearbeitet, so wollten sie im September gemeinsam ihrer ehrenamtlichen Aufgabe nachkommen. Trotz Corona. Im festen Vertrauen auf einen Fortbestand der Maskenpflicht. Ende Juli erhielten Inga Brinker und Carolin Kirchhof ihre Berufungen vom Amt als Mitglieder des Wahlvorstandes im Stimmbezirk 019.5 in Schröttinghausen. Die Freude darüber war groß – währte aber nur bis zur Lektüre der &bdquo;Infektionsschutzmaßnamen im Wahllokal". Darin heißt es: &bdquo;Wähler/innen werden in der Wahlbenachrichtigung gebeten, einen Mund-Nasen-Schutz (MNS) zu tragen" – doch kein Wort von einer Maskenpflicht. Stattdessen wird auf regelmäßiges Lüften verwiesen, auf abstandsbasierte Laufwege und eine beschränkte Personenzahl im Wahllokal. Dieses Konzept zur Kommunalwahl am 13. September präsentierte Wahlleiter Udo Wittig am Donnerstag im Rathaus der Öffentlichkeit. Zusammen mit Kerstin Wehhausen und Ruth Goebel vom Wahlteam der Stadt. Dabei sprachen sie auch über die Wahlhelfer. Gesundheit ist ein großes Thema Davon gebe es in diesem Jahr 1.980, sagte Ruth Goebel und sprach von einer ausreichenden Reserve für den Wahltag, falls die verpflichteten Ehrenamtlichen beispielsweise kurzfristig erkranken. Natürlich sei die Sorge um die Gesundheit auch bei den Wahlhelfern ein &bdquo;großes Thema" und so hätten sich auch etliche Angeschriebene nicht zurückgemeldet, doch grundsätzlich setzte man auf die Wirksamkeit des Hygienekonzepts. Wie das konkret aussehen soll, wollte Inga Brinker nach Erhalt der Berufung wissen und rief zweimal an im Büro des Wahlteams. Ob es wenigstens Plexiglasscheiben gebe zum Schutz der Wahlhelfer? Schließlich würden auch Corona-Leugner zur Wahl kommen und deren möglichen Provokationen wären die Ehrenamtlichen hilflos ausgeliefert. Keine Plexiglasscheiben wie an Schaltern und Kassen werde es geben, hieß es am Donnerstag, aber schon vier &bdquo;Spuckschutzwände" pro Wahllokal. Vom Wahldienst befreit Von dem Utensil war jedoch noch nicht die Rede, als Inga Brinker und Carolin Kirchhof ihren Wahl-Einsatz hinterfragten und um weitere Infos baten. Stattdessen erhielten sie einen amtlichen Vierzeiler: die Abberufung. Die konterte Kirchhof am Montag mit einem Brief an OB Clausen: &bdquo;So traten wir schriftlich, unter Vorbehalt, vom Wahldienst zurück, mit der Bitte, uns bei der Vorlage legitimer Sicherheitsvorkehrungen zu kontaktieren. Wir erhielten ein kommentarloses Schreiben, dass wir vom Wahldienst befreit seien. Herr Clausen, wir sind schockiert, empört, frustriert, fassungslos! Staat, Land, Region und Stadt sorgen sich so stark darum, dass in Supermärkten, ÖPNV, Schulen, in öffentlichen Gebäuden jeder Bürger die anderen und sich selbst so gut wie möglich schützt, aber bei der Wahl der Entscheider fällt diese Sorge scheinbar weg." Am Tag darauf kam eine kuriose Antwort aus dem Büro des Oberbürgermeisters: &bdquo;Selbstverständlich gilt im Wahlbüro eine Maskenpflicht. Das Wahlteam wird sich noch bei Ihnen melden, ich hoffe, dieses Missverständnis klärt sich schnell auf." 90 Minuten später kam dann prompt die Korrektur: &bdquo;Ich musste mich aber eben belehren lassen: die Maskenpflicht gilt tatsächlich nicht, es gibt nur die Empfehlung, einen Mund-Nase-Schutz zu tragen. Die Stadt Bielefeld ist nicht berechtigt, andere Regeln als das Land NRW aufzustellen. Daher müssen wir die Rechtslage beachten, und die gibt eine Pflicht derzeit nicht vor." "Das macht total Spaß" Das reicht Carolin Kirchhof jedoch noch nicht als Antwort. Deshalb will die promovierte Sprachwissenschaftlerin in den kommenden Tagen auch noch Christina Kampmann kontaktieren. Weil sie von der Bielefelder Landtagsabgeordneten der SPD wissen möchte, wieso es keinen entsprechenden Erlass zur Maskenpflicht für die Kommunalwahl gegeben habe.Für Inga Brinker endet mit der Abberufung aus dem Wahlvorstand fürs erste eine lange Familientradition. Schon ihr Vater übte das Amt regelmäßig wie selbstverständlich aus, und auch die kaufmännische Angestellte und zweifache Mutter absolvierte die ehrenamtlichen Aufgabe seit 27 Jahren: &bdquo;Das macht total Spaß", sagt sie. Eigentlich. Doch unter den gegenwärtigen Bedingungen zieht sie die Option der Briefwahl eindeutig vor.

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