Bielefelder Grüne schicken Milli-Görüs-Funktionär ins Rennen

Bielefeld. Die Grünen in Bielefeld sorgen mit einer Personalentscheidung für Gesprächsstoff. Sie schicken bei der Kommunalwahl Selvet Kocabey ins Rennen. Er ist Vorstandsmitglied des Bündnisses der Islamischen Gemeinden (BIG) und Sprecher der Milli-Görus-Gemeinde Hicret. Die islamistische Bewegung Milli Görüs wird vom Verfassungsschutz beobachtet, weil sie antidemokratisches Staatsverständnis zeige und westliche Demokratien ablehne, so die Einschätzung. Am Donnerstag zogen die Grünen erste Konsequenzen. Die NRW-Landesspitze der Grünen hatte sich am Mittwoch in einem Medienbericht irritiert über die Bielefelder Kandidatur gezeigt. Die Landesvorsitzende Mona Neubaur hatte gegenüber der WAZ gesagt: "Eine Vereinbarkeit in beiden Organisationen in Verantwortung zu stehen, ist aus meiner Sicht auf keinen Fall möglich". Rücktritt von allen Ämtern Die Bielefelder Grünen beziehen daraufhin am Donnerstag öffentlich Stellung. In einer Mitteilung sowie im Gespräch mit der NW distanziert sich Selvet Kocabey &bdquo;ausdrücklich" von der Milli Görüs-Bewegung. Die Hicret-Gemeinde in Bielefeld stehe nicht im Kontakt mit der politischen Linie der Milli Görüs, so Kocabey. Er teilt mit, von seinen Ämtern in der Hicret-Gemeinde zurückzutreten. &bdquo;Dies habe ich mit meiner Kandidatur für die Grünen entschieden, da ich nun meine Kapazitäten meinem parteipolitischen Engagement widmen möchte." Kocabey weiter: &bdquo;Antisemitismus und Rassismus sind nicht akzeptabel und ich setze mich für eine Gesellschaft ein, die Diskriminierung überwindet." Im Gespräch mit der NW sagt Kocabey: "Meine Ortsgemeinde in Brackwede ist politisch unabhängig und in keiner politischen Richtung aktiv." Auch er persönlich habe keinerlei Kontakte oder Verbindungen zu Milli-Görüs. Fraktionsgeschäftsführer Klaus Rees betont auf Anfrage, dass Kocabey bereits frühzeitig klargemacht habe, im Falle einer Wahl von seinen Ämtern in der Gemeinde zurückzutreten. "Dass er sie mit sofortiger Wirkung ablegt, verdeutlicht, dass er nicht mehr in zwei Funktionen tätig ist." Rees kenne Kocabey seit vielen Jahren. "Wir Grünen haben ihm schon bei der letzten Wahl unser Vertrauen geschenkt." Bei der Wahl 2014 hatte es Kocabey nicht in die Bezirksvertretung Brackwede geschafft. Die Grünen-Landesvorsitzende Mona Neubaur sagte am Donnerstag auf NW-Anfrage: "Es ist gut, dass der Vorstand der Bielefelder Grünen noch einmal klar gestellt hat, dass anti-demokratische Bestrebungen, Nationalismus und Antisemitismus, wie sie ja auch von Milli Görüs und IGMG vertreten werden, nicht mit grünen Werten zusammen passen." Rees: &bdquo;Wer sich bei uns engagiert, verpflichtet sich dem Grundgesetz, der Rechtsstaatlichkeit, unserer lebendigen Demokratie und unseren Werten." Die Grünen stünden für eine offene und lebendige Demokratie, eine vielfältige Gesellschaft, in der alle gleichberechtigt sind und sich jeder Mensch frei entfalten kann, unabhängig vom Geschlecht, sagt Rees. "Ich habe die Grünen gewarnt" Mehmet Ali Ölmez ist Vorsitzender des Bielefelder Integrationsrats. Er sieht die Kandidatur von Kocabey kritisch. "Ich habe die Grünen davor gewarnt, eine solche Personalie ins Rennen zu schicken." In seinen Augen werde die Milli-Görüs-Bewegung völlig zurecht vom Verfassungsschutz beobachtet, da es ihr Ziel sei, eine Parallelgesellschaft in Deutschland aufzubauen, so Ölmez. "Sie sind nicht an einem integrativen Miteinander interessiert." Und die Bielefelder Hicret-Gemeinde wiederum habe einen klaren Bezug zu Milli-Görüs, so Ölmez. Eine Partei dürfe keinen Kandidaten ins Rennen schicken, der mit dieser Bewegung in Zusammenhang gebracht wird, meint Ölmez. Dass Kocabey jetzt seine Ämter in der Hicret-Gemeinde zurücklege, führt Ölmez auf öffentlichen Druck zurück. "Damit ist es aber nicht getan." Dem entgegnet Kocabey und sagt, dass Moscheen in Deutschland zur Gründungszeit der Hicret-Gemeinde 1984 an Dachverbände gebunden gewesen seien, um einen Imam zu bekommen. "Unsere Gemeinde steht für die Auslebung von Religion, aber auch ganz zentral für die Gestaltung der Gemeinschaft vor allem durch Sport- und Kulturangebote." Selvet Kocabey kandidiert bei der Kommunalwahl für den Wahlkreis Bereich Brackwede-Süd. Er ist seit dem neunten Lebensjahr Mitglied in der Hicret-Gemeinde und seit neun Jahren Mitglied der Grünen. Er ist 39 Jahre als und als Versicherungskaufmann tätig. Sein Amt im Bündnis Islamischer Gemeinden in Bielefeld (BIG) behält er vorerst bei. "Ich muss aber schauen, ob ich das zeitlich alles schaffe."

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