Reportage: Mit dem Ordnungsamt auf Kontrollfahrt - mehr als 400 Verstöße

Bielefeld. Sie sind um ihre Aufgabe nicht zu beneiden, werden teilweise angefeindet, angepöbelt und stoßen vielerorts auf Unverständnis für ihre Kontrollen – die Mitarbeiter des Bielefelder Ordnungsamtes. Wir haben sie am Ostersonntag durch die Stadt begleitet. Um 8 Uhr haben Ulrike Dreves und Roy Engster ihren Feiertagsdienst begonnen. Normalerweise arbeitet Dreves im Innendienst der Stadt. Doch der Stab des Ordnungsamtes wurde mit weiteren Mitarbeitern der Stadt auf insgesamt 90 aufgestockt. Fußstreifen durch die Innenstadt oder Kontrollfahren in den Außenbereichen der Stadt, überall sind derzeit die Kontrolleure in der Stadt zu sehen. Glücklicherweise ist bis heute keiner der Bediensteten am Virus erkrankt. Statt Sansibar jetzt Corona-Einschränkungen Die Fahrt mit dem Dienstbulli geht gegen Mittag rauf zur Sparrenburg und zur Promenade. Wo sich sonst bei schönem Wetter die Massen bewegen, herrscht Stille und Leere. Versprengte Zweiergruppen liegen in gehörigem Abstand auf den Wiesen. &bdquo;Frohe Ostern" heißt es immer wieder von Ulrike Dreves und Roy Engster. Hier und da kommen sie ins Gespräch mit den Ausflüglern. Von Dachdecker Pascal erfahren sie, dass er den Winter auf Sansibar verbracht hat und auch in Corona-Zeiten richtig schuften muss. Auch sein Freund Boris kann sich über Arbeit nicht beklagen, er fährt einen Krankentransporter. Am Sparrenburg-Kiosk wartet die Bedienung auf Gäste, die sich kaum zeigen. Die Fahrt geht am Kunsthallenpark, der trotz des sommerlichen Wetters menschenleer ist, vorbei Richtung Kesselbrink. Dort hat es am Abend zuvor noch einen größeren Einsatz für Ordnungsamt und Polizei gegeben. Es gab ein paar Unverbesserliche, die wenig von Kontoaktbeschränkungen hielten. Am Ostermittag macht dort ein 25-Jähriger verbotenerweise seine Sportübungen an einer Reckstange. Er erhält einen Platzverweis, nachdem seine Personalien festgestellt wurden. Vermutlich kommt nun eine Strafe von 200 Euro auf den Sportler zu. Niemand muss den Obersee im Uhrzeigersinn umrunden Krisengebiet Obersee an einem Sommersonntag? Im Gegenteil. Hier und da umrunden Zweiergruppen den See, nicht nur im Uhrzeigersinn. Die Außengastronomie des Seekrugs ist geöffnet. Der Bratwurstmann liefert, die Kunden lagern vorschriftsmäßig im Abstand von 50 Metern zur Grillbude auf dem grünen Rasen – so auch Jens Hagedorn und Thomas Schriegel. So haben sie ihre Currywurst mit Fritten noch nie verspeist, liegend in der Pampa. Roy Engster und Ulrike Dreves lieben ihren Job, wenn er so läuft wie heute. &bdquo;Die Menschen, bis auf ganz wenige Ausnahmen, sind mehr als einsichtig und kommen den wichtigen Auflagen in jeder Weise nach", sagt Engster. Seine Kollegen waren am Samstagnachmittag in der Fußgängerzone auf drei völlig uneinsichtige junge Damen gestoßen. Kontaktbeschränkungen nicht eingehalten – für jede Frau wurde ein Bußgeld von 200 Euro fällig. Dummerweise wurden sie nur wenig später wiederum zu Dritt in der Einkaufsmeile angetroffen, und so wurden noch einmal 200 Euro pro Person fällig. Trotz gähnender Leere überquellende Müllbehälter Roy Engster wird von einer älteren Frau angesprochen. Sie beklagt die überquellenden Papierkörbe in den Parkanlagen. Aufgefallen ist das bereits auf der Promenade und jetzt am Obersee. Engster wird eine Meldung an die Sachbearbeiter der zuständigen Behörde machen. Dann fällt sein Blick auf eine Bank am Ufer des Sees. Dort sitzen drei Personen eng beieinander. &bdquo;Frohe Ostern" sind die einleitende Worte von Engster und dann kommt die alles entscheidende Frage: &bdquo;Sind Sie eine Familie?" Ja, sagt der ältere Mann, das sind meine Kinder und zeigt auf zwei erwachsene Menschen. Mit einem &bdquo;Vielen Dank, einen schönen Tag" verabschieden sich die Kontrolleure. &bdquo;Eine Überprüfung der Personalien war hier nicht nötig", erklärt Roy Engster später. Im Laufe der Zeit bekommt man seine Erfahrungen und weiß, ob jemand glaubwürdig ist oder nicht." Ordnungsamt hilft mit Absperrband aus Heeper Fichten, bei schönen Wetter Brennpunkt für alle Holzkohlegriller, zeigt sich in angenehmer Stille und Ruhe. Einige Spaziergänger haben ihre Autos abgestellt und sich ins Grüne geschlagen. Mehr nicht. Still ruht der See. Auf der Heeper Straße kommen wir an einem kleinen Café vorbei. &bdquo;Heute morgen haben wir dort angehalten, weil Tische und Bänke draußen standen und nicht abgesperrt waren. Das ist nicht erlaubt", erzählt Ulrike Dreves. Weil die Besitzerin kein rotes Flatterband zum Absperren hatte, wurden Kollegen, die Absperrband im Dienstwagen hatten, zur Heeper Straße geschickt. Bei unserer Vorbeifahrt flattert das rot-weiße Band im Frühlingswind. Um 15 Uhr geht die Schicht für Roy Engster und Ulrike Dreves zu Ende. &bdquo;Am liebsten ist es uns, wenn wir nicht eingreifen müssen. Dort, wo es notwendig ist, treffen wir zumeist auf einsichtige Bürger. In den vergangenen Tag ist jedoch festzustellen, dass die Bürger zunehmend genervt sind über die vielen Einschränkungen", sagt Engster. Auch in den kommenden Tagen werden die beiden vom Ordnungsamt weiter unterwegs sein, um für die in diesen Zeiten so wichtige Ordnung zu sorgen.

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