Erstaunliche Corona-Statistik: Warum hat Bielefeld so wenige Infizierte?

Bielefeld. Seit zwei Tagen ist die Zahl der Infizierten in Bielefeld stabil. 164 Menschen in der Stadt sind an dem Corona-Virus erkrankt, 2.382 in Quarantäne, 134 mehr als am Montag. Klingt im ersten Moment viel. Aber im Vergleich zu den Kreisen in Ostwestfalen-Lippe steht das Oberzentrum mit seinen rund 340.000 Einwohnern relativ gut da. Über diese Momentaufnahme sind die drei Kliniken in Bielefeld aktuell froh. Ihre intensivmedizinische Ausstattung wird bislang nur zu einem kleinen Prozentsatz für Covid-19-Patienten benötigt. Ein Mathematiker liest Positives und Negatives aus den Zahlen. Um Bielefeld herum sind die Kreise Gütersloh und Lippe am stärksten betroffen. Dort gibt es 387 beziehungsweise 325 Infizierte, ein Patient im Kreis Gütersloh ist verstorben, drei im Kreis Lippe. In der Region Minden-Lübbecke sind es fast 300 Fälle, der Kreis Paderborn verzeichnet 237 Corona-Fälle, einen Toten. In den Kreisen Höxter (72) und Herford (152) ist die Lage dagegen ruhiger. Frühe Entwarnung wäre falsch Für die NW hat Professor Moritz Kaßmann einen Blick auf die aktuelle Statistik geworfen. &bdquo;In den Darstellungen wird oft vergessen zu erwähnen, dass steigende Fallzahlen auch daher rühren können, dass mehr getestet wurde." Dieser Effekt könne erheblich sein. Stagnierende Fallzahlen könnten ein Hinweis auf wenige Testungen sein. &bdquo;Dies kann ich mir für Bielefeld aber aktuell nicht vorstellen." Insofern sei es in der Tat gut, dass die Zahl der Infizierten zurzeit nicht stark wachse. Kaßmann: &bdquo;Der Sieben-Tages-Durchschnitt des durchschnittlichen Wachstums der Fallzahlen ist in Bielefeld von 20 Prozent kontinuierlich auf 7 Prozent gefallen. Das ist ein sehr guter Trend und ich gehe davon aus, dass er anhält." Für den Mathematiker kommt das jedoch nicht einer Entwarnung gleich. Denn aufgrund der Berechnungsformel &bdquo;würden 7 Prozent bedeuten, dass wir in Bielefeld am Ende des Monats April mehr als 1.200 bekannte Infektionen hätten. Was mit einem zeitlichen Versatz zu einer Belegung von mindestens 25 Intensivbetten führen würde." Die benötigte Anzahl wäre angesichts der Dunkelziffer von Infizierten wahrscheinlich "leider sogar noch höher". Nur 5 Prozent Beamtmungsgeräte im Einsatz Die Krankenhäuser in Bielefeld verweisen am liebsten auf das Gesundheitsamt, wenn es um Fallzahlen geht. Bislang geht aus dessen Material nicht hervor, wie schwer erkrankt beispielsweise die 164 Infizierten wirklich sind. Georg Rüter, Geschäftsführer des Franziskus-Hospitals, lässt jedoch durchblicken, dass in seinem Haus niemand beatmet werden muss, zwei Schwererkrankte seien auf einem guten Weg. Insgesamt würden derzeit in Bielefeld höchstens 5 Prozent der Beatmungskapazitäten benötigt. &bdquo;Das sieht noch wirklich gut aus." Sehr strenge Hygieniker Dass in NRW mehr als 15.200 Menschen infiziert sind – fast 7 Prozent mehr als noch vor vier Tagen – hängt auch für Rüter klar mit der zunehmenden Zahl der Testungen zusammen. &bdquo;Die reine Zahl muss uns nicht bange machen." Aber sie sei natürlich ein Grund, an den Auflagen und Geboten festzuhalten, zumal die Dunkelziffer wohl deutlich höher sein dürfte. Im Klösterchen habe frühzeitige Konsequenz der Hygieniker dafür gesorgt, dass es derzeit beispielsweise kein infiziertes Personal gebe. Im Klinikum Mitte sieht das etwas anders aus. Sprecher Axel Dittmar erklärt auf Nachfrage, dass es Erkrankte in Personalkreisen gibt. Aber die Zahl derer sei &bdquo;extrem übersichtlich und bislang nicht besorgniserregend". Gar kein Vergleich mit Städten wie Wolfsburg, wo das Klinikum deshalb sogar kurzzeitig schließen musste. Gleiches berichtet Sprecherin Sandra Gruß vom Evangelischen Krankenhaus Bethel (EvKB). Klinikum wird "umgebaut" Die Zahl der zu behandelten Schwerkranken halte sich im Klinikum Mitte &bdquo;deutlich im Rahmen", so Dittmar. Weil in Bielefeld alle mit einem weiteren Anstieg rechnen, werde das komplette Krankenhaus &bdquo;umgebaut", so Dittmar. Die Patienten, die nicht zwingend stationär behandelt werden müssten, würden nach und nach entlassen. Deshalb seien einige Stationen schon leer oder nur mit wenigen Patienten belegt. Zudem gebe es ein Konzept, wie Patienten mit und ohne Corona(-verdacht) im Haus zu behandeln und zu verlegen seien, unter anderem auf spezielle Infektionsstationen. Die vier Fahrstühle des Hochhauses seien aufgeteilt worden: einer ausschließlich für Personal, einer für Infektionsfälle und zwei für Patienten, die maximal zu dritt in einen Lift steigen dürfen. Im EvKB nimmt man an, dass die Schutzmaßnahmen, die in einem recht frühen Stadium in Bielefeld getroffen wurden, gegriffen haben, und es deshalb aktuell eine überschaubare Zahl an Schwerkranken gebe. Dies verschaffe den Krankenhäuser Zeit, Intensivkapazitäten und Isolierstationen weiter vorzubereiten, Mitarbeiter zu schulen, erklärt Sandra Gruß. Planbare Operationen und Eingriffe würden – soweit medizinisch vertretbar – weiter runtergefahren. Alle Informationen zu Corona in Bielefeld finden Sie in unserem ausführlichen Themen-Paket

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