Legionellen: Altenheime kämpfen gegen unberechenbare Keime

Bielefeld. 38 Meldungen allein im Januar: So oft lag den Mitarbeitern des Gesundheitsamtes ein Bescheid über erhöhte Legionellen-Werte auf dem Tisch. Zugesendet von den untersuchenden Laboren. Abhängig von der Höhe der Werte läuft dann in den betroffenen Häusern das Krisenmanagement an. Erwischen kann es jedes Gebäude, denn Legionellen zirkulieren in allen Trinkwasserleitungen und können dort schnell zum Problem werden. Die Zahl 38 präsentierte Sozialdezernent Ingo Nürnberger jüngst im Rathaus auf Nachfrage der CDU. Anlass dafür waren die dramatischen Vorfälle aus dem Jahr 2019 im AWO-Seniorenzentrum Baumheide, als sich vier Menschen mit den Keimen infizierten und zwei der Patienten an der lebensgefährlichen Lungenentzündung namens Legionellose starben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Nürnberger erklärte jetzt im Gesundheitsausschuss, dass die Bakterien nicht nur in Altenheimen immer wieder mit meldepflichtigen Werten nachgewiesen würden, sondern auch in Hotels, Kitas, oder Mehrfamilienhäusern. Kein Bestandsschutz Ursachen dafür seien oft alte Wasser-Leitungen in den Häusern, sagte Torsten Finke, Innungsmeister des Sanitär-Handwerks. Die 110 Betriebe in Bielefeld hätten gut zu tun mit der Sanierung maroder Anlagen und dem Rückbau alter Rohre. Was vor 25 Jahren technisch erlaubt gewesen sei, besitze heute oft keine Genehmigung mehr. Und in diesem Fall bestehe auch kein Bestandsschutz. Diese Erfahrung machte jetzt auch Bethel. Von den sieben Seniorenheimen wehrt sich gegenwärtig der Quellenhof gegen die Keime. &bdquo;Aktuell gibt es einen auffälligen Befund (200 bis 300 KBE/100ml), der dem Gesundheitsamt bekannt ist. Der Befund ist bei einer Routineüberprüfung aufgefallen", teilte Geschäftsführer Wilfried Wesemann mit. Durch eine Baumaßnahme werde eine Totleitung stillgelegt, um mögliche Risiken auszuschließen. Danach erfolge eine Kontroll-Beprobung, Ab einem Wert von 101 KBE/100ml besteht akuter Handlungsbedarf. Seniorenzentren im Fokus Und seit den tödlichen Vorfällen in Baumheide stehen Seniorenzentren besonders im Fokus. Denn die meist immungeschwächten Bewohner bedürfen eines erhöhten Schutzes. Tatsächlich lebt der erste Legionellen-Erkrankte dieses Jahres in einer solchen Einrichtung: Nach dem Bekanntwerden der Diagnose am Montag vor zwei Wochen erließ die Heimleitung im Ernst-Barlach-Haus in Sennestadt sofort ein Duschverbot. Solange der Verdacht bestehe, dass sich der bettlägerige Bewohner im Heim infiziert habe, bleibe das Duschverbot bestehen, sagte Björn Neßler, Geschäftsführer der Diakonie Gütersloh, in deren Trägerschaft sich das Heim befindet. &bdquo;Wir können uns die Erkrankung nicht erklären, weil das Trinkwasser erst im Dezember untersucht wurde und alle Proben negativ waren. Aber unabhängig davon haben wir sofort Bewohner und Mitarbeiter informiert, das Duschverbot verhängt und erneut Proben nehmen lassen. Sollten wir tatsächlich ein Legionellen-Problem haben, würden wir für die Dauer der Maßnahmen einen Aufnahme-Stopp verfügen", so Neßler. Heimaufsicht verhängt Aufnahme-Stopp Wenn die Betreiber eines Heimes in so einer Ausnahme-Situation nicht von sich aus die Initiative ergreifen, können die Behörden aktiv werden. Für mögliche Aufnahme-Stopps in Altenpflegeheimen sei die jeweilige Heimaufsicht der Kommune zuständig, teilte Andreas Moseke von der Bezirksregierung in Detmold mit: &bdquo;Die Bezirksregierung übt die Fachaufsicht über die Heimaufsicht der Stadt Bielefeld aus." Der Bewohner des Ernst-Barlach-Hauses konnte am Freitag das Krankenhaus wieder verlassen und zurück in sein Zimmer ziehen. Auch das Altenheim Marienstift in Stieghorst plagt gegenwärtig ein Legionellen-Problem. Die jüngsten Routine-Beprobung ergab an drei Zapfstellen jeweils Legionellen-Kontaminationen von 4.200 KBE/100ml. Was sich gerade niemand erklären kann, da auch die Leitungen im Haus vor zwei Jahren komplett saniert worden seien. &bdquo;Wir haben sofort alle Mitarbeiter und Bewohner informiert, an den betroffenen Duschen nach Vorgabe des Gesundheitsamtes gleich Sterilfilter installiert, eine Gefährdungsanalyse beauftragt und warten jetzt auf die Ergebnisse der umfangreichen Nachbeprobung", zählte Claudia Schröder, Sprecherin des Johanneswerkes, zu dem das Marienstift gehört, die einzelnen Schritte auf. Erhöhte Aufmerksamkeit Nach den Vorfällen von Baumheide seien alle Verantwortlichen sensibilisiert für das Thema "Legionellen", sagte die Pressesprecherin des Evangelischen Johanneswerks. Und Björn Neßler führte die schnelle Legionellen-Diagnose im Krankenhaus im Fall des Barlach-Haus-Bewohners ebenfalls zurück auf eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber den Keimen. Mit denen nicht nur Bielefeld kämpft, auch umliegenden Kreise kämpfen. So gab es im Kreis Herford für diesen Januar elf Meldungen erhöhter Werte gegenüber 126 Meldungen allein im Kreis Lippe. Im Landkreis Gütersloh gingen 2019 insgesamt 665 Meldungen ein. Damit lag Bielefeld im vergangenen Monat mit seinen 38 Meldungen im unteren Mittelfeld der Kontaminations-Kurve.

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