Coronavirus kommt: So bereitet sich Bielefeld auf den Ausbruch vor

Bielefeld. Es gibt noch keinen einzigen Fall des Coronavirus in der Stadt - aber seit Freitagmorgen den ersten Verdachtsfall. Das Gesundheitsamt stellt sich ohnehin nicht die Frage, ob das Virus Bielefeld erreicht – sondern nur wann es Bielefeld erreicht. Dass Corona ausbrechen wird, gilt als gesetzt. Hier gibt's alles zur aktuellen Lage im kompakten Überblick. KRISENSTAB DER STADT Aus diesem Grund tagt am Freitag der Krisenstab. An Bord: Akteure von Feuerwehr bis Gesundheitsamt, aber auch Amt für Schule, Jugendamt, Personalamt der Stadt, Ordnungsamt, Stadtwerke. Zuständig ist Udo Witthaus. Sozialdezernent Ingo Nürnberger übernimmt nach seinem Urlaub. Gestern gab es Vorgespräche. Und kommende Woche trifft sich die sogenannte Arbeitsgruppe Pandemie. In dieser sitzen Vertreter der niedergelassenen Ärzte und der Krankenhäuser. Hier wird die fachliche Seite der kommenden Epidemie diskutiert. Die Stadt befindet sich in der wenig komfortablen Rolle, einerseits für das Schlimmste gerüstet zu sein – und vor allem die Abläufe sauber voreinander zu haben –, und andererseits nicht eine Panik zu verbreiten, für die es vielleicht keinen Anlass gibt. Heute soll im Rathaus darüber entschieden werden, ob es eine &bdquo;dringliche Bitte" an alle gut 6.000 Mitarbeiter gibt, aufs Händeschütteln zu verzichten. Gisela Bockermann, Sprecherin der Stadt: &bdquo;Andere Hygienevorschriften werden in Kürze in der Stadt einziehen" – vom Rathaus über Firmen bis hin zu Schulen und Kitas. KRISENFALL Wann tritt der Krisenfall ein? Bockermann: &bdquo;Mit dem ersten Fall von Corona." Dann sei die Reaktionskette klar geregelt: Gesundheitsamt informiert Krisenstabsleitung – und die den Oberbürgermeister. Pit Clausen ist es, der dann den Krisenstab einberuft – &bdquo;und dann geht die Maschinerie los", sagt Bockermann. Im Amt für Feuerwehr am Stadtholz seien Räume so ausgestattet, dass der Stab dort tagen könne – und alles, was die Situation erfordert, einleiten könne. Der Krisenstab ist es, der &bdquo;je nach Lage entscheidet", so Bockermann. Also: Werden Schulen oder Kitas geschlossen, werden Fußballspiele, Konzerte oder Aufführungen abgesagt? Muss ein Shoppingcenter schließen? Alles ist denkbar, nachvollziehbare Infektionswege entscheidend. Ein Alptraum: Wenn ein mit Corona Infizierter auf der Südtribüne auf der Alm stand? Was dann? &bdquo;Dann wäre das Gesundheitsamt überfordert, das ist ja klar", redet Bockermann Klartext. Folge: Mitarbeiter aus anderen Bereichen des Rathauses müssten abgezogen werden zur Unterstützung. &bdquo;Es wird intern geklärt, was wichtig dafür ist, dass das Leben in der Stadt weitergeht." Also: Was ist verzichtbar? STADTWERKE UND MOBIEL Prävention ist das Wort der Stunde. Auch bei den Stadtwerken, bei MoBiel. Noch, so Sprecherin Birgit Jahnke, &bdquo;gibt es bei den Fahrgästen keine Veränderungen im Reiseverhalten" – die Stadtwerke aber hätten ein Krisenteam gebildet, mit Blick auf Mitarbeiter und Kunden. SCHULEN Laut Peter Westphal, Sprecher der Bezirksregierung, hat das NRW-Schulministerium am Donnerstag in einer E-Mail alle Schulen, auch in Bielefeld, zum Umgang mit dem Corona-Virus in der Schule und zu Schulfahrten in mögliche Gebiete informiert. Sofern eine Schule nicht von den zuständigen Gesundheitsbehörden geschlossen wurde, bestehe grundsätzlich Schulpflicht. Die Teilnahme an Schulfahrten ist verpflichtend. Nur in Ausnahmefällen ist eine Befreiung möglich, so das Ministerium. Die Entscheidung über die Absage einer Klassenfahrt trägt die Schulleitung. Wenn die Schulfahrt von der Schule abgesagt wird, muss sie sich um die Rückerstattung der geleisteten Zahlungen kümmern. Gelingt das aufgrund des Reisevertragsrechts nicht, geht der erlittene Schaden zu Lasten der Eltern. Sagen die aus Sorge um ihr Kind die Teilnahme ab, tragen sie den Schaden. ARMINIA BIELEFELD Der Spitzenreiter der Zweiten Liga hat am Sonntag den Vorletzten aus Wiesbaden zu Gast. Erwartet werden gut 20.000 Besucher. Arminia will, so Christian Venghaus, zeigen, dass das Thema Corona ernst genommen wird. &bdquo;Deshalb – und auch zum Schutz unserer 226 Ordner – werden wir alle Ordner mit Handschuhen und Desinfektionsmitteln ausstatten", so Venghaus. Auf einen Mundschutz aber werde verzichtet. IN DER INNENSTADT In der City zeigte sich gestern ein geteiltes Bild im Umgang der Passanten mit den Nachrichten zu Corona. Während die meisten in der Fußgängerzone augenscheinlich unbeirrt ihren Erledigungen nachgingen, eilten andere in die Apotheken auf der Suche nach Rat, Desinfektionsmitteln, teilweise sogar Handschuhen und Mundschutz. IN DER APOTHEKE In einer Innenstadt-Apotheke mit hoher Kundenfrequenz ließ sich ein junger Mann beobachten, der sich enttäuscht zeigte, als ihm eine Angestellte mitteilte, dass das Desinfektionsmittel seiner Wahl ausverkauft sei. Von einem verfügbaren Mittel, in direkter Griffweite zur Kundenschlange auf einem Verkaufstisch platziert, häufte er sich gleich sechs Flaschen auf den Arm und zahlte bei der skeptisch dreinblickenden Fachkraft. Diese hatte zuvor einer anderen wegen Corona besorgten Kundin entgegnet: &bdquo;Was machen Sie denn wegen der Grippe? Wir sind mitten in der Saison. Und die kann manchmal viel schlimmer verlaufen". ARZTPRAXEN Der Kinder- und Jugendarzt Marcus Heidemann hat unter den Eltern bislang keine Verunsicherung aufgrund des Corona-Virus’ ausgemacht. &bdquo;Die meisten lächeln darüber", sagt er. Panik sei auch nicht angebracht, aber Vorsicht hinsichtlich der Einhaltung bestimmter Hygieneregeln. Der Politik stellt Heidemann kein sonderlich gutes Zeugnis aus, was die Vorbereitung der Arztpraxen auf eine Epidemie durch das Virus angehe. Es fehle an Kommunikation; im Verhindern der Ausbreitung sei man &bdquo;sehr schlecht aufgestellt". UNTERNEHMEN Die großen Unternehmen der Stadt haben Sicherheitsvorkehrungen getroffen. &bdquo;Händeschütteln gibt es nicht mehr", sagt beispielsweise Schüco-Sprecher Thomas Lauritzen. Ebenso wie Dr. Oetker, Böllhoff oder DMG Mori (Gildemeister) hat das Unternehmen Dienstreisen in Risikogebiete wie Asien oder Norditalien untersagt. &bdquo;Wir haben gerade Kollegen aus Südkorea zurückgeholt. Die bleiben aber jetzt erst einmal zwei Wochen lang zu Hause", sagt Lauritzen. In vielen Firmen gibt es Notfallpläne und Krisenstäbe. Alle haben sich längst mit Desinfektionsmitteln eingedeckt. &bdquo;Wir haben zudem weitere Schutzausrüstungen bestellt", berichtet Böllhoff-Sprecherin Andrea Meyer. Schüco hat Schulungen mit mehr als 20 Personen ausgesetzt, Böllhoff die Teilnahme an Messen eingeschränkt. Dr. Oetker hält derzeit keine internationalen Tagungen ab. &bdquo;Konferenzen finden per Video oder Telefon statt", sagt Oetker-Sprecher Jörg Schillinger. &bdquo;Die Gesundheit der Mitarbeiter hat Priorität", betont Stefan Knüttel von DMG Mori. DIE UNIVERSITÄT Der Uni-Rektor hat per Mail an alle Studenten und Mitarbeiter der Universität die bisherigen Regelungen zu Corona verschärft. Für &bdquo;China, Südkorea, Japan, Iran und die Regionen Lombardei und Region Venetien in Italien" werde nun dringend von Besuchen abgeraten; erteilte Dienstreisegenehmigungen zieht die Uni zurück. Wer in den vergangenen 14 Tagen in den genannten Ländern und Regionen war, darf den Campus nicht betreten. Es werden Hygieneregeln benannt – und das Händeschütteln abgelehnt.

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