Klage der Umwelthilfe: Bielefeld an der kurzen Leine

Die Deutsche Umwelthilfe macht mächtig Druck. Mit ihren Klagen zwingt sie viele Großstädte, auf hohe Schadstoffwerte zu reagieren. Doch sie ist nicht die Erste. Seit Jahren fordern übergeordnete Behörden mittels Luftreinhalteplänen Auflagen ein. Aber die Städte tun sich schwer. Denn um spürbar Belastungen zu senken, wäre ein deutliches Umsteuern notwendig. Das aber kostet Geld – und erfordert auch von den Bürgern Bereitschaft, umzudenken. Aufs Auto zugeschnitten Es hapert an vielen Stellen. Unser Leben ist stark auf das Auto zugeschnitten. Gerade in Flächenstädten wie Bielefeld bedeutet der Umstieg in der Regel Einbußen bei Zeit und Komfort. Mehr als 100.000 Pendler bewegen sich täglich in der Stadt. Da schrecken Staus bisher wenig. Bielefeld ist nicht das Ruhrgebiet oder der Kölner Ring. Der Konflikt entzündet sich an Hotspots, an Plätzen und Straßen, an denen Grenzwerte gerissen werden. Sie spielen im Verkehrsnetz aber eine wichtige Rolle. Alternativen sind rar. Das ist in Bielefeld beim Jahnplatz nicht anders. Ein schlüssiges Konzept zur Vermeidung und Umleitung des Innenstadt-Verkehrs ist in weiter Ferne. Jetzt, wo die Jahnplatz-Baustelle im Juli kommt, wird notdürftig umgelenkt. Es geht zu langsam Das zeigt das Dilemma, in der Städte wie Bielefeld stecken. Der Platz ist knapp. Für moderne Lösungen fehlen oft Visionen. Und wenn es die gibt, dauert es, bis sie geplant und umgesetzt sind – und wirken können. Digitale Technik könnte den Verkehrsfluss optimieren, doch Bielefeld strebt in diesem Jahr erst eine Konzeptstudie an. Das geht zu langsam. Dabei hat Bielefeld schon reagiert auf die Warnungen aus Luftreinhalteplan und von der Umwelthilfe. Am Jahnplatz hat die Stadt recht schnell gehandelt mit dem Verkehrsversuch, der Auto-Zahl und Schadstoffe deutlich reduziert hat. Noch ist die Unterschreitung des Grenzwerts dauerhaft nicht gesichert. Doch die Zeichen stehen gut, dass mit weniger Fahrspuren das Ziel erreichbar ist. Der Verkehr wird kaum weniger Aber der Verkehr in der Stadt wird damit kaum weniger, sondern woanders fließen. Schon heute dürften die Stickoxide auf der Kreuzstraße zu hoch sein. Der Vergleich, der geschlossen werden soll, könnte Messungen zur Folge haben – und Überschreitungen zu Tage fördern. Und dann müsste auch dort gehandelt werden. Denn, kommt der Vergleich zustande, wird die Umwelthilfe ein strenges Auge auf Bielefeld haben. Auch der neue Luftreinhalteplan, den Detmold mit Blick auf das Gerichtsverfahren in Münster noch zurückhält, wird strenger ausfallen. Hauptstraßen mit zwei Spuren stoßen auf Widerstand Umso wichtiger ist es für die Stadt, nach vorn zu blicken. Der Maßnahmenkatalog enthält viele Punkte, wie eine schadstoffreduzierende Mobilitätswende aussehen könnte. Ob das schon reicht, muss sich zeigen. Viele Vorschläge sind noch lange nicht umgesetzt. Und sie werden auf Widerstand stoßen. Kann Bielefeld es sich leisten, Hauptstrecken auf zwei Spuren zu reduzieren? Park and Ride könnte angesichts hoher Pendlerzahl ein wichtiger Schritt sein. Doch Parkhäuser an der Peripherie zu bauen, wie angedacht, dürfte auf Kritik stoßen. Die Verteuerung des Parkens in der Innenstadt klingt nicht populär. Chancen im Wachstum Aber Einschnitte sind nötig, um Innenstädte zu entlasten und Schadstoffe zu senken. Der Stadtbahnausbau stockt. Das Alltags-Radwegenetz soll mehr als verdoppelt werden, dafür muss Platz geschaffen werden. Konflikte sind absehbar. Bielefeld wächst, und das ist gut so. Das Wachstum zu organisieren und den Klimaschutz nicht zu vernachlässigen, bleibt eine Herausforderung. Doch es bietet auch Chancen. Denn wo neu gebaut wird, können neue Erkenntnisse und umweltfreundlichere Mobilität mit eingeplant werden.

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