Für ein zweites Stadtbahn-System ist es zu spät, obwohl viele es wollen

Bielefeld. Auf vier Linien rollen Stadtbahnen durch Bielefeld – alle durch den Jahnplatz-Tunnel. Dessen Kapazität gilt als ausgereizt. Trotzdem drängen Politiker und Verbände auf einen Ausbau des Netzes. Das müsste in der City oberirdisch geschehen. Die Linke versuchte einen neuen Vorstoß – und scheiterte an breitem Widerstand. Denn ohne Tunnel wäre ein zweites Betriebssystem sinnvoll – die günstigere Niederflurtechnik ohne Hochbahnsteige, die auch für die in Folge der Bürgerbefragung gescheiterte Linie 5 zwischen Heepen und Sennestadt vorgesehen war. Weil die aber nicht kommt, hat die Stadt den Netzausbau in Hochflurtechnik vorangetrieben. Mit der Konsequenz: Für eine Niederflur-Linie sei der Zug abgefahren. Christian Heißenberg (Bürgernähe/Piraten): &bdquo;Das ist schade, aber es ist zu spät.“ In der Zwickmühle Das Zitat beschreibt das Dilemma der Bielefelder Verkehrspolitik: Mit dem zweiten Betriebssystem wäre nicht nur Um- und Ausbau der Linie 1 im Süden leichter realisierbar, sondern auch die Planung in der östlichen Innenstadt. 2014 hätte es für die Linie 5 im Stadtrat eine breite politische Mehrheit gegeben. Inhaltlich halten das die meisten Politiker auch heute noch für richtig, gerade im Mehrheits-Paprika-Bündnis, das die Verkehrswende mit schnellerem Ausbau des ÖPNV propagiert. Deshalb brachte sie Bernd Vollmer von den Linken im Stadtentwicklungsausschuss auch in die Zwickmühle. Eigentlich wären sie für eine neue oberirdische Strecke, für die bei der aktuellen Jahnplatz-Planung sogar eine Option frei gehalten wird. Weichen sind anders gestellt Aber alle Parteien lehnten den Antrag ab – weil sie sonst den jetzt vorangebrachten Ausbau des Stadtbahnnetzes aufs Spiel gesetzt hätten. &bdquo;Der Rat hat sich freiwillig der Bürgerbefragung unterworfen“, sagt Verkehrsdezernent Gregor Moss (CDU): &bdquo;Das wäre die letzte wirtschaftliche Chance für Niederflur als Parallelsystem gewesen.“ Jetzt sind die Weichen anders gestellt. Und würde man sie zurückstellen, wäre das teuer und würde einen Ausbau des Stadtbahnnetzes um Jahre zurückwerfen. So hat die Stadt längst teure neue Vamos-Wagen für Hochflur bestellt, laufen die Planungen in Brackwede, Senne und Sennestadt auf die Hochbahnsteigtechnik hinaus – für die hohe Fördermittel fließen. Vollmer meint, dass die vielen städtebaulichen Probleme mit Niederflur leichter lösbar und die Anbindung des Ostens möglich würde. "Ein Umschwenken hätte verheerende Wirkung" Jens Julkowski-Keppler (Grüne) reagierte sogar &bdquo;sauer und entsetzt“ auf den Antrag: &bdquo;Das kommt gut daher, aber wenn wir jetzt auf Niederflur umsteigen, gefährden wir all die angestoßenen Projekte, bei denen wir teils schon kurz vor dem ersten Spatenstich stehen.“ Der Grüne: &bdquo;Niederflur möchten wir alle, aber die Chance auf den großen Wurf ist bei der Bürgerbefragung negiert worden. Jetzt hätte es verheerende Wirkung, wenn wir umschwenken würden.“ "Diskussion vielleicht noch zu früh" Hans-Jürgen Franz (SPD) sagte: &bdquo;Es ist gut gemeint, aber es droht, den gesamten ÖPNV-Ausbau in Frage zu stellen. Das wäre fahrlässig.“ Nettelstroth: &bdquo;Wir wollten mutig sein, doch die Bürger haben anders entschieden. Das ist nicht rückdrehbar.“ Er vermute, dass eine Befragung auch heute nicht anders ausgehen würde. Denn viele Bürger glaubten, Busse seien an vielen Stellen die bessere Alternative. Doch Vollmer erwartet, dass die Diskussion wieder kommt: &bdquo;Vielleicht ist es noch zu früh.“ Aber Hochflur allein gebe es nur in Hannover und Stuttgart, andere Städte wie Dortmund, Köln und Düsseldorf wären längst bei zwei Systemen: &bdquo;Aus gutem Grund.“

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