Klima-Alarm: Bielefeld soll neue Bäume und Wasserflächen bekommen

Bielefeld. Die Ausgangslage ist ernüchternd: &bdquo;Der Klimawandel ist nicht aufzuhalten“, sagt Umweltamtsleiter Martin Wörmann: &bdquo;Der Zug ist abgefahren.“ Vor allem in den Städten würden das die Menschen spüren, die Temperaturen steigen. Das belaste die Gesundheit. Bielefeld will auf den Trend reagieren – mit einem fast 200 Seiten starken Klimaanpassungskonzept. Das zeigt: Vieles müsste sich ändern. &bdquo;Die Belastung durch Hitze ist schon jetzt in dichter bebauten Stadtbereichen im Vergleich zum Umland deutlich erhöht“, steht in der Analyse, die vier Umweltbüros für das Konzept vorlegten. Die Folgen würden nicht nur für empfindliche Personen wie Kinder, Alte und Kranke gravierender. Nachts kühle es weniger ab, das erschwere einen erholsamen Schlaf. Tagsüber setze die Hitze verstärkt zu. Die Diagnose Vergleichkarten (s. oben) zeigen, dass immer mehr Menschen betroffen wären. Bis 2050 sieht ein Extrem-Szenarium einen Anstieg um 1,2 Grad, bis 2100 um 3,5 Grad voraus. Die Zahl tropischer Nächte erhöhe sich von 1 auf 17, Hitzewellen nähmen zu, so Susanne Schmitt, Umweltamt. Und es werde trockener und gebe mehr Hitzewellen. Die Gefahr von Starkregen, der zu Überschwemmungen führt, nehme zu, gerade im Winter. Das Risiko für Schäden für Mensch, Gebäude und Infrastruktur wachse. Gründe, um zu reagieren. Wörmann: &bdquo;Wir müssen es hinbekommen, dass man in Bielefeld auch in Zukunft gut leben kann.“ Die Hindernisse Problem der Städte ist, dass viele Flächen versiegelt sind und werden. Wasser kann nicht abfließen, das Hochwasserrisiko steigt. Städte wie Bielefeld wachsen. Neue Wohngebiete und Betriebe entstehen, müssen mit Straßen erschlossen werden. In Straßenschluchten staut sich die Wärme. Und die Fläche für Wald und Grün, die Klima schonen, wird weniger. Kaltluftschneisen, die die Stadt belüften, verschwinden. Doch Wachstum ist nicht aufzuhalten. &bdquo;Wir wollen Stadtentwicklung nicht behindern“, betont Wörmann. Es gehe darum, sie verträglicher zu machen und die Folgen des Klimawandels zu bremsen. Die Strategie Knapp die Hälfte des Bielefelder Stadtgebiets ist soweit bebaut und versiegelt, dass die Gutachter aus Klimasicht &bdquo;einen Sanierungsbedarf“ sehen. Hier sollten Schritte gefunden werden, um die Erwärmungsgefahr zu dämpfen. Dabei sind die Mittel, dies zu erreichen, überschaubar. Doch viele kleine Schritte könnten helfen. Wichtiges Ziel dabei: &bdquo;Wir brauchen mehr Bäume und mehr Grün“, sagt Wörmann. Um das umzusetzen, müssten organisatorisch im Rathaus Weichen gestellt werden: Bei der Erarbeitung des Konzepts seien schon viele Ämter beteiligt. Die Strategie steuern soll eine &bdquo;Koordinierungsstelle“. ein neuer &bdquo;Klimaanpassungsmanager“ die treibende Kraft werden. Damit das bezahlbar bleibt, setzt die Stadt auf Fördergeld. 170.000 Euro davon flossen in die Erarbeitung des Konzepts. Der Rat soll &bdquo;die neue Planungshilfe“, die bei allen städtischen Planungen eine wichtige Rolle spielen soll, am 6. Februar beschließen. Die Maßnahmen Dafür, Klima in der Stadt zu verbessern, schlägt das Konzept eine Liste von Mitteln vor. Viel bringen würde es, Flächen zu entsiegeln. Doch das stößt schnell an Grenzen. Es gibt aber viele Wege, auch bei dichterer Besiedelung für mehr Grün zu sorgen. Entlang von Straßen will die Stadt mehr Bäume pflanzen, weil sie Schatten bringen. Das kann, wie auf dem Jahnplatz angedacht, auch mit mobilen Elementen geschehen, so Planerin Dagmar Maaß. Deshalb will die Stadt ein Straßenbaumkonzept erarbeiten lassen, Geld steht dafür schon im Haushalt: &bdquo;Wir wollen Grün stärken und Standards setzen.“ Neue technische Leitlinien sollen die Anlage von Grün optimieren. Wie müssen Baumscheiben aussehen? Welche Baumarten sind temperaturresistent? Wie kann man sie bewässern? Dies soll mit andern Ämtern und Versorgungsträgern abgestimmt werden. Günstig wirken sich auch offene Wasserflächen aus. Eine weitere Offenlegung der Lutter, die im Osten geplant wird, könnte ein gutes Beispiel sein. Mulden oder Rigolen zur Versickerung könnten Hochwassergefahr mindern. Viel tun können Besitzer, Bauherren und Architekten an Häusern. Flachdächer und Fassaden eignen sich zur Begrünung. Innenhöfe und Vorgärten sollten wenig befestigt werden. Hier denkt die Stadt darüber nach, Standards in Bebauungsplänen festzusetzen. Der Blick nach vorn &bdquo;Wir sollten Stadtklima frühzeitig mitdenken und in kleinen Schritten umsetzen, dann sind die Kosten auf Dauer niedriger“, sagt der Umweltamtsleiter. Außerdem erleichterten Förderprogramme die Begrünung in der Stadt. Teils muss man umdenken. So untersuchte die Studie, wie in einem geplanten Neubaugebiet (Jöllheide) der Klimaeingriff gemindert werden könnte. Das Ergebnis: Wird höher und dichter gebaut, wirkt sich das günstiger fürs Stadtklima aus. Städtebaulich muss das nicht schöner sein. Die ersten Schritte Die Ratspolitiker ziehen erste Schlüsse: Eine Begrünung von Dächern bei Neubauten wollen SPD, Grüne, Linke, Bürgernähe und Piraten in Bebauungsplänen als Standard festschrieben lassen. Das soll die Verwaltung prüfen, beantragen die Parteien im Umweltausschuss am Dienstag. Außerdem sollten Gründächer mit Photovoltaik kombiniert werden. Geklärt werden soll auch, ob die Stadt hierfür selbst Förderprogramme auflegen kann.

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