"Bernhard" blitzt doppelt so oft wie erwartet

Bielefeld. Nach wenigen Monaten hat sich Bielefelds Blitzer Bernhard selbst finanziert. 244.000 Euro kostete der halbstationäre Laserblitzer im klobigen Anhänger. Ein halbes Jahr nach seiner Premiere hat er bereits mehr als das Doppelte an Verwarn- und Bußgeldern eingenommen. 20.813 verwertbare Vorgänge in der Zeit vom 7. Mai bis zum 24. November bedeuten gut 600.000 Euro für die Stadtkasse. Damit übertrifft das Gerät die Erwartungen um das Doppelte. Im Dauereinsatz Nach dem Einsatz der Testblitzer Bernd (3 Monate) und Esther (4 Monate) im Jahre 2018 war das Ordnungsamt von 20.000 Tempoverstößen ausgegangen, die der anzuschaffende Laserblitzer pro Jahr erfassen würde. Bernhard erreichte das Ziel schon nach sechs Monaten. Und ahndete damit mehr Verstöße als alle OWD-Starenkästen im gesamten Jahr (2018: 13.067). Erklärungsversuch Woran liegt das? Norman Rosenland, Chef der Blitzer beim Ordnungsamt, erklärt: &bdquo;Bei Testblitzer Bernd konnten Bürger Vorschläge machen, wo er eingesetzt werden sollte." Unter den Vorschlägen waren einige &bdquo;Ausfälle", wie sie Rosenland nennt. An manchen Stellen war einfach kein erhöhtes Geschwindigkeitsniveau festzustellen. In drei Monaten kam Bernd so nur auf gut 6.000 Fälle. Das zweite Leihgerät – &bdquo;Schwester Esther" –, das im Gegensatz zu Bernd und Bernhard nur eine Fahrtrichtung kontrollieren kann, erfasste in vier Monaten immerhin schon 11.834 Tempoverstöße. Mit Esther hatte die Stadt deutlich konzentrierter 30er-Zonen rund um Kitas und Schulen besucht. Aufs Jahr gerechnet hätte man auf diese Weise mit 35.000 Fotos rechnen können. Die meisten Fotos Aber Bernhard ist noch fleißiger: Einen großen Anteil für die überraschend hohe Raser-Quote hat die 30er Zone der Babenhauser Straße vor dem Karl-Pawlowski-Haus. Insgesamt 6.121 Tempoverstöße erfasste Bernhard allein hier – an 24 Tagen, aufgeteilt auf zwei Messphasen. &bdquo;Die Babenhauser Straße ist für uns ein besonderes Phänomen", sagt Rosenland. &bdquo;An allen anderen Stellen nimmt die Zahl der Verstöße nach einigen Tagen spürbar ab. An der Babenhauser Straße bleibt das Tempo der Verkehrsteilnehmer auf einem sehr hohen Niveau." Die Stadt wird sich überlegen müssen, ob hier auch bauliche Veränderungen nötig sind. In der ganzen Stadt sind laut Rosenland 30er-Zonen auffallend, die baulich aber nicht danach aussehen. Die meisten Verstöße Zwar hat Bernhard an der Babenhauser Straße die meisten Fotos gemacht, da stand er aber auch mit 24 Tagen sehr lange. Den mit Abstand höchsten Schnitt pro Tag hält die 30er-Zone der Stapenhorststraße, wo Bernhard in elf Tagen 3.931 Tempoverstöße feststellte. Das macht einen Tagesschnitt von 357 Fotos aus. In dieser Kategorie liegt die Stapenhorststraße deutlich vor der Babenhauser Straße, wo pro Tag &bdquo;nur" 251 (Sommer) und 260 (Oktober) Verstöße anfielen. 2018 hatte das Ordnungsamt dort noch 600 Verstöße pro Tag erfasst. Interessant: Anfang Dezember kehrte Bernhard ein drittes Mal an die Babenhauser Straße zurück. Diesmal kam er noch auf einen Schnitt von 180. Ob sich endlich der erhoffte Lerneffekt eingestellt hat oder ob nur das schlechte Wetter schuld war, ist noch unklar. Der Schnellste Mit 113 km/h erfasste der städtische Blitzerkasten den größten Raser im ersten halben Jahr seiner Dienstzeit an der Herforder Straße. Der Verkehrssünder war in der neuen 30er-Zone vor der Hellingkampschule unterwegs. Weil das Tempolimit dort aber nur bis 16.30 Uhr gültig ist, galt für ihn zu dem Zeitpunkt Tempo 50. Trotzdem musste er laut Rosenland mit 63 km/h zu viel drei Monate lang seinen Führerschein abgeben und 480 Euro Strafe zahlen. In 15 Tagen erfasste Bernhard 2.680 zu schnelle Fahrzeuge: ein Tagesschnitt von 179. Die Höchststrafe Die Höchststrafe erwartet wiederum ein Fahrer von der Babenhauser Straße. Er war in der 30er-Zone mit 102 km/h unterwegs. Das bedeutet für ihn 2 Punkte in Flensburg und drei Monate Fahrverbot. Weil man bei so einem Tempo von einem Vorsatz ausgehen könne, so Rosenland, verdoppelt sich zudem das Bußgeld: von 680 auf 1.360 Euro. Die Fahrverbote Von den 20.813 ertappten Verkehrssündern waren 207 Fahrer so schnell, dass sie vorübergehend ihren Führerschein abgeben müssen: Knapp 1 Prozent aller Geblitzten. Gefährliche Ausreißer Das Ordnungsamt identifizierte mit Hilfe von Bernhard aber auch neue Gefahrenstellen. Nachdem im Oktober bei einem nächtlichen Unfall auf der Detmolder Straße (Höhe der Teutoburger Straße) zwei 16-Jährige zu Tode kamen, setzte die Stadt auch dort Bernhard ab: Pro Tag registrierte Bernhard gut 30 Temposünder, was grundsätzlich für ein niedriges Temponiveau spricht. &bdquo;Der Berufsverkehr scheint alle auszubremsen. Aber nachts und am Wochenende haben wir dort gefährliche Ausreißer", so Rosenland. &bdquo;Hier sehen wir eine große Selbstgefährdung der Fahrer." Kaum beschäftigt Anders an der Hauptstraße. Dort erfasste der städtische Blitzer in beide Fahrtrichtungen nur 350 Verstöße (35 pro Tag). &bdquo;Das war sehr wenig und es gab auch keine extremen Ausnahmen." Abzocke? Wenn es um Tempokontrollen geht, wird Norman Rosenland immer vorgeworfen, er würde die Bürger nur zugunsten der Stadtkasse abzocken. Das lässt er nicht gelten: &bdquo;Vor Kitas und Schulen steigt die Verletzungsgefahr für Kinder und Fußgänger exponentiell. 40 statt 30 km/h kann entscheidend sein, ob ein Kind so einen Unfall überlebt." Die Stadt habe mit den Blitzern die Aufgabe, einen Beitrag zur Verkehrssicherheit zu leisten. &bdquo;Wir setzen sie dort ein, wo es gefährlich ist oder wo die Verkehrsteilnehmer offenbar keine Einsicht zeigen, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung einen Sinn erfüllt.

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