Jahnplatz: Das ist wieder die typische Bielefelder "Wackellösung"

Der Rat soll am Donnerstag den 30-Millionen-Umbau des Jahnplatzes mit Fahrrad-Parkhaus darunter beschließen. In zwei Gremien fiel das Projekt durch, jetzt hofft das Paprika-Bündnis auf die Stimme des Oberbürgermeisters. In knapp einem Jahr wird neu gewählt. Der Kampf ums Oberbürgermeisteramt und die Mehrheit im Rat spitzt sich gerade in der Verkehrspolitik zu. Die Paprika-Mehrheit aus SPD, Grünen, Bürgernähe, Piraten und LiB bewegt sich auf einem schmalen Grat. Die Verkehrswende spaltet die Stadt. Es fehlt an Geld und politischem Willen Um die Infrastruktur ist es mäßig bestellt. Marode Straßen, fehlende, schlechte Radwege, ein zu dünnes Busnetz und wenig Perspektiven bei der Stadtbahn machen große Investitionen erforderlich. Es fehlt an Geld, an Planern, an Baukapazitäten, an politischem Willen. Auf einen neuen Jahnplatz wartet Bielefeld schon lange. Jetzt eröffnet sich dank Fördergeld eine kurzfristige Chance: Weil die Schadstoffwerte zu hoch sind, gewähren Bund und Land großzügig rund 20 Millionen Euro, um Emissionen zu senken. Mit eigenen Mitteln in Höhe von rund zehn Millionen Euro könnte Bielefeld so nicht nur den Platz neu gestalten, sondern auch Friedrich-Ebert- und Friedrich-Verleger-Straße, den unteren Teil des Niederwalls und die Passage im Tunnel. Das klingt verlockend. A 33 kostet zehn Mal so viel 30 Millionen – das klingt auch viel. Sieht man andere Verkehrsprojekte, relativiert sich die Summe: Die Sanierung der Detmolder Straße kostete 45 Millionen Euro, der Bau der Stadtbahn-Linie 4 rund 114 Millionen Euro, die A 33 zwischen A 2 und Borgholzhausen 360 Millionen Euro. Investitionen sind notwendig. Die Mobilitätswende, die alle beschwören, wird weitere Großprojekte erfordern, aber auch viele Nachbesserungen etwa im Radnetz. Die Hoffnung, damit aber den ganz großen Umbruch der Verkehrsarten zu schaffen, trügt. Das PTV-Gutachten legt der Stadt hier die Karten. Die hochgesetzten Ziele sind selbst bei Milliarden-Investitionen nicht zu erreichen. Die Wurst hängt hoch Macht es da Sinn, die Wurst weiter so hoch zu hängen? Die Paprika-Lenker werben dafür, um Anreiz zum Umstieg vom Auto zu schaffen. Doch nicht nur die Opposition hegt hier Zweifel. Wenn Ziele zu unrealistisch sind, sinkt die Akzeptanz, droht Politik unglaubwürdig zu werden. Der Ruf nach einem ganzheitlichen Verkehrskonzept ist da gut nachvollziehbar, denn so etwas fehlt Bielefeld. Am Großprojekt Jahnplatz zeigt sich dieser Mangel besonders stark. Deshalb kommen die Pläne nicht nur wegen des Zeitdrucks in Bedrängnis. Harte Fronten vor der Wahl Die harten Fronten in der Politik in Bielefeld, geschürt durch die bevorstehende Wahl, machen da überlegtes, dringend notwendiges Handeln nicht einfach. Beim Jahnplatz ist kein Kompromiss erkennbar. Da hat auch das Eingreifen des Oberbürgermeisters wenig genützt. Die Paprika mag das retten, Verkehrs-Perspektiven eröffnet das nicht. Denn auch der Jahnplatz bringt keine Revolution. Im Gegenteil: Viele, die die aktuelle Simulation sehen, fragen, was ändert sich da. Alle Verkehrsarten bleiben da, die Räume, die ihnen zur Verfügung stehen, verschieben sich etwas. Ein Neuanfang ist das nicht. Den hätte der Mut zum autofreien Platz oder einer echte Alternativroute für mindestens eine der Verkehrsarten ermöglichen können. Konflikte werden kaum weniger Jetzt wird – wenn nicht in letzter Minute doch noch ein Paprika-Mitglied kippt – eine vorsichtige Neugestaltung immerhin die schäbigen Dächer des Platzes vielleicht vergessen machen und etwas mehr Aufenthaltsqualität bringen. Die Konflikte zwischen Fußgängern und Radfahrern werden kaum weniger. Und der Umstieg aus Bussen zur Stadtbahn wird länger. Alles klingt nach einer typischen Bielefelder Wackellösung.

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