Die erste Frau im Bielefelder Stadtrat

Bielefeld. Vor genau 38 Jahren hat sie in der Bielefelder Kommunalpolitik eine neue Ära eingeleitet. Es war eine kleine Sensation, als 1981 zum ersten Mal eine Frau in den Bielefelder Stadtrat einzog. In einem Gremium, das sich bis dato fest in männlicher Hand befand. Dass diese junge, blonde Frau in der gleichen Ratsperiode auch noch mit Schwangerschaftsbauch Politik machte, Mutter wurde, Baby und Termine unter einen Hut brachte, ließ viele ergraute Ratsherren mit Verblüffung zurück. »Ohne Rückhalt des Mannes hätte das alles nicht funktioniert« Heute ist Angelika Gemkow zweifache Mutter und Großmutter. Ihren Platz im Stadtrat behielt sie 30 Jahre lang, war Abgeordnete im Landtag und von 2005 bis 2010 Landesbehindertenbeauftragte in NRW. In der Sozialpolitik ist sie zuhause. Ihr ging und geht es immer um die Zukunft der Pflege. Ein 500-seitiger Bericht mit 160 Handlungsempfehlungen zu den Herausforderungen von Alter, Pflege und Demografie dokumentiert ihre Herzensangelegenheit. Rückblickend sagt die Jöllenbeckerin, die heute ihren 70. Geburtstag feiert, dass sie das ohne den Rückhalt ihres Mannes und der Schwiegereltern nie geschafft hätte. Zumal es damals nicht das letzte Mal war, dass sie Vorreiterin war. Das war sie oft: Als sie die erste weibliche Bezirksvorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) in OWL wurde. Als sie den ersten Behindertenplan und eine Gehörlosenberatung in der Stadt beantragte. Zum ersten Mal einen Bericht zur Lebenssituation behinderter Menschen in NRW herausgab und im Jahr 2000 erstmals in der Geschichte Bielefelds einen Seniorenrat gegen heftige Widerstände erkämpfte. »Die Starken müssen den Schwachen helfen.« Noch heute ist die gebürtige Schildescherin das soziale Gewissen der Bielefelder CDU. Sich nicht dafür zu interessieren, wer reich ist, wer was besitzt oder darstellt. Darum geht es ihr. Immer dorthin zu schauen, wo es Menschen nicht gut geht, wo es Probleme gibt, die es zu lösen gilt. Das ist ihr wichtig, das versucht sie jeden Tag. Dafür hat Angelika Gemkow 2006 die Bundesverdienstmedaille bekommen. Wenn sie als Vorsitzende der CDA am Anfang des Jahres zum Neujahrsempfang einlädt, kommen regelmäßig Größen aus der Europa- und Bundespolitik, Kirche und Gesellschaft ins Haus der Kirche an der Markgrafenstraße. Sie alle tun das Angelika Gemkow zuliebe. Das ist seit 24 Jahren so. Ein Anruf im Jahr 2005 machte sie glücklich Die schönste Zeit ihres politischen Lebens begann 2005. Damals erhielt sie einen wichtigen Anruf, der ihr noch heute in glücklicher Erinnerung ist. Der damalige Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann meldete sich im Auftrag des Ministerpräsidenten am Telefon und bat Angelika Gemkow, das Amt der Landesbehindertenbeauftragten für NRW zu übernehmen. &bdquo;Das war ein wichtiges Amt für mich. Ich habe so viele Menschen kennengelernt, von denen ich unglaublich viel gelernt habe.“ Den Antrieb für ihr Engagement hat sie von ihrem Vater geerbt. Er führte Angelika Gemkow mit 16 Jahren zur Jungen Union. Seither halte sie sich an einen Leitsatz: &bdquo;Die Starken müssen sich für die Schwachen einsetzen.“ Als Politikerin müsse man sich diese Maxime zum Prinzip machen. Der Mensch sei wichtiger als die Sache. Angelika Gemkow schlägt die Beine übereinander. Ihre Mine verfinstert sich. &bdquo;Ehrlich gesagt vermisse ich das in heutigen Diskussionen.“ Immer ginge es nur um die Sache. In Bielefeld um den Jahnplatz, den Kesselbrink, das Fahrradparkhaus. &bdquo;Wo bleibt da der Mensch?“, fragt sie. Kritik an Bielefelder Kommunalpolitik Nach über 50 Jahren in der Politik könnte sich Gemkow nun ausruhen. Doch die Bielefelderin macht weiter. Und das mit voller Kraft. 14 Ämter oder Mitgliedschaften hat sie aktuell inne. Sie ist die stellvertretende Vorsitzende der Forschungsgesellschaft für Gerontologie an der Universität Dortmund. Aufsichtsratsmitglied der Gesellschaft für Sozialarbeit (GfS). Sie engagiert sich im Frauennotruf Bielefeld und ist Schirmherrin der Fußballfrauen mit Behinderung in NRW. Die Liste ihres Engagements ist lang und breitgefächert. Ob im Freibadverein Schröttinghausen oder im Heimatverein Schildesche – die in Jöllenbeck lebende Politikerin ist umtriebig. Verschnaufpausen gönnt sie sich kaum. Stellt sich die Frage, ob sie sich auch mal erholt. &bdquo;Ja, wenn ich schwimme oder mein Enkelkind da ist“, sagt sie. Sobald die 15 Monate junge Charlotte durchs Haus läuft, sei sie glücklich. Schon bald gibt es noch mehr Grund zur Freude, denn das zweite Enkelkind ist unterwegs, verrät sie.

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