Gesundheitsamt macht wegen Legionellen nun richtig Druck im Senne-Center

Senne. Die Menschen im Senne-Center verlieren langsam die Geduld. Sie wollen, dass das Legionellen-Problem in ihrem Haus endlich dauerhaft aus der Welt geschafft wird. Eine Gruppe der Wohnungseigentümer ist zunehmend unzufrieden mit der aus ihrer Sicht untätigen Verwaltungsgesellschaft Haus & Grund und dem dreiköpfigen Beirat des Senne-Centers. Mittlerweile wird von mehreren Seiten nach Alternativen für die Hausverwaltung gesucht, deren Vertrag 2020 ausläuft. Auch der Beirat hat im nächsten Jahr wohl kaum Chancen auf Wiederwahl. Derweil hat das Bielefelder Gesundheitsamt Haus & Grund eine ordnungsbehördliche Verfügung geschickt, die die rund 40 vermieteten Wohnungen im Senne-Center betrifft. Im Fahrstuhl von Haus Nr. 38 hängen in Klarsichtfolie eingetütete Aushänge. Auf einem zeigt ein anklagender Zeigefinger auf den Betrachter. Darüber: &bdquo;Heute schon Wasser entnommen?" Und weiter: &bdquo;Bitte denken Sie daran: Täglich an jeder Zapfstelle für drei Minuten Kalt- und Warmwasser zapfen! Wasser muss fließen!" Daneben der Brief des im Senne-Centers tätigen Installateurs, der nach Bekanntwerden des Analyse-Ergebnisses der Wasserproben von September im Gebäude-Komplex mit seinen 132 Wohnen und acht Gewerbeeinheiten ausgehängt worden ist. Alle Bemühungen um Klärung bisher im Sande verlaufen Die Beprobung hatte erneut &bdquo;hohe und teilweise extrem hohe Befunde mit Legionellen ergeben", wie es in dem Info-Brief heißt. &bdquo;In den stark betroffenen Wohneinheiten führen wir daher eine Akutspülung durch. Zeitgleich haben wir den Betrieb der Desinfektionsanlage wieder gestartet", heißt es in dem Aushang vom 5. Oktober. Diese Anlage war 2018 eingebaut worden, nachdem zum zweiten Mal 2015 ein hoher Legionellen-Befall im Senne-Center nachgewiesen worden war. Zuletzt hatte Haus & Grund mit Schreiben vom 28. Oktober informiert und erklärt, dass das Duschverbot verlängert werden muss. In sechs Wohnungen seien Werte über 10.000 KBE (koloniebildenden Einheiten pro 100 Milliliter Wasser) gefunden worden, die Auslöser dafür seien. Weitere Wohnungen wiesen einen Befall zwischen 100 und 10.000 KBE auf, der größte Teil der Wohnungen sei aber unbelastet. Bereits ab 100 KBE werden technische Maßnahmen erforderlich. Da in allen Leitungen des Gemeinschaftseigentums alle Proben negativ mit 0 KBE gestestet worden seien, liege das Problem &bdquo;erneut im Bereich der Wohnungen und damit in der Verantwortung der Bewohner". Wenn sie Leitungen folglich nicht wie vorgeschrieben regelmäßig spülten, müssten sie gegebenenfalls mit Schadensersatzansprüchen rechnen. Das Gesundheitsamt hatte indes gegenüber der NW erklärt, dass das Netzwerk kontaminiert sei, beziehungsweise schnell immer wieder kontaminiert werde. Alle Klärungsversuche bisher im Sande verlaufen Wie Haus & Grund eine grundsätzliche Lösung herbeiführen will, darüber gebe es keine Informationen, beklagen Claus Spilker und Ludwig Zeller, die Eigentumswohnungen im Haus bewohnen. Sie hätten sich bisher vergeblich schriftlich und telefonisch um weitere Klärung bemüht, wobei der Eigentümerbeirat auch keine Hilfe gewesen sei. Ein endlich für vergangener Woche avisierter Termin vom Verwalter sei nicht zustande gekommen. Sehr zum Ärger von Spilker und Zeller, die sagen, dass sie im Namen von rund 20 weiteren Eigentümern aktiv sind. Und sie sind es leid, dass ihnen allein immer wieder der schwarze Peter zugeschoben werde. Sie werfen Haus & Grund absolute Untätigkeit in der Legionellen-Angelegenheit vor. &bdquo;Bisher ist nichts passiert außer Messungen und Spülungen", schimpft Claus Spilker. Das Gesundheitsamt war gegenüber der NW Ende Oktober deutlich geworden und hatte davon gesprochen, dass es in rund der Hälfte aller Wohnungen im Senne-Center auffällige Befunde gegeben habe. Bei mindestens zehn Entnahmestellen seien Werte im Bereich zwischen 12.000 und 15.000 KBE gefunden worden.Spülpflicht wird von vielen nicht eingehalten Tägliche Spülungen sind nun Pflicht. 300 bis 400 Liter warmes und kaltes Wasser fließen im Schnitt in der Drei-Minuten-Frist in jeder Wohnung durch die Rohre. Viele Bewohner verzichten offenbar allein aus Kostengründen – pro Monat kommen etwa 17 bis 23 Euro zusammen. Diese thermische Desinfektion (Erhitzen des Wassers auf mindestens 70 Grad und dreiminütiger Laufzeit) ist theoretisch hilfreich, bei so großen Anlagen aber schwierig, und der Erfolg bei bereits kontaminierten Anlagen umstritten. Sozialdezernent Ingo Nürnberger, der derzeit auch das Gesundheitsamt verantwortet, erklärt auf Nachfrage der NW, dass am Montag eine Ordnungsverfügung an Haus & Grund ergangen sei. Sie betreffe die Mietwohnungen und beinhalte sehr klare Aussagen und Pflichten für die Vermieter. Nürnberger wollte nicht weiter ins Detail gehen, bevor Haus & Grund die Verfügung vorliegen habe. Darüber hinaus werde noch geprüft, inwieweit die Behörde auch bei den Eigentumswohnungen rechtliche Möglichkeiten habe. Spilker und Zeller erinnern daran, dass schon 2013, als zum ersten Mal Legionellen im Senne-Center ein Thema waren, alle Informationen vorgelegen hätten. Beispielsweise, dass die Kalt- und Warmwasserleitungen zu nah beieinander liegen und den Legionellen geradezu ein idealer Nährboden bereitet ist. Es habe eine Gefährdungsanalyse gegeben und den Vorschlag eines Ingenieurbüros mit drei verschiedenen Sanierungsvarianten, die zwischen knapp einer und 1,5 Millionen Euro lagen. Die Eigentümergemeinschaft hatte dies damals schockiert abgelehnt. Forderung nach zinsgünstigem Finanzierungskonzept Spilker und Zeller, die erst 2014 und 2015 eingezogen sind, sehen die mangelhafte Informationspolitik von Haus & Grund als Ursache dafür, dass es auch sechs Jahre später noch zu keiner großen Lösung gekommen ist. Etliche Bewohner haben nicht einmal die empfohlenen Sterilfilter in Duschen und Wasserhähnen installiert, weil sie sich nicht betroffen sehen. Dem Beirat wird vorgeworfen, nicht ausreichend zur Faktenlage beigetragen zu haben. Spilker und Zeller wünschen sich, dass endlich alternative Angebote zu den ersten Varianten eingeholt werden und dass die Hausverwaltung recherchiert, wie die Eigentümergemeinschaft, die Ende 2018 rund 357.000 Euro auf der hohen Kante hatte, an günstige Kredite für die Millionen-Sanierung kommen kann. Falls sich nichts bewegt, wollen die beiden eine außerordentliche Eigentümerversammlung einberufen, um einen Verwalterwechsel einzuläuten.

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