Bielefelder Altenheim-Bewohner überlebt Bakterien-Infektion mit schlimmen Folgen

Bielefeld. Seinen vielleicht schlimmsten Kampf hat der 91-jährige Senior gewonnen. Siegfried B. (Name von der Redaktion geändert) besiegte die lebensgefährliche Legionärskrankheit und darf nach über drei Wochen endlich das Krankenhaus wieder verlassen. Weil er sich aller Wahrscheinlichkeit nach im AWO Seniorenzentrum Baumheide mit Legionellen infizierte, was nach Darstellung der Heimleitung zu dem Zeitpunkt gar nicht hätte passieren dürfen. Seit diesem April wüten die Bakterien in dem Haus der Arbeiterwohlfahrt. Im Sommer erkrankten drei Menschen an den Legionellen, von denen zwei starben: ein 82-jähriger Bewohner und eine 52-jährige Pflegerin. Ein weitere Mitarbeiterin erkrankte ebenfalls, überlebte jedoch schwer gezeichnet. Vom Krankenhaus ins neue Heim Dasselbe Schicksal teilt nun auch Siegfried B.: Wie seine Tochter der NW mitteilte, muss der Bielefelder zukünftig zugeführten Sauerstoff einatmen. Sein Atemsystem erlitt durch die schwere Lungenentzündung irreparable Schäden. Doch damit nicht genug – jetzt muss sich der Senior gleich der nächsten Herausforderung stellen. Er gehört zu den ersten Bewohnern aus dem Seniorenzentrum Baumheide, die bereits in eine neue Bleibe umziehen können. Nachdem sein Krankheitsfall publik geworden war, entschloss sich die AWO spontan zur vorübergehenden Schließung des Heimes samt der Verlegung von 100 Bewohnern. Laut Bielefelds Sozialdezernent Ingo Nürnberger soll das Heim bis zum 22. November leer gezogen sein und alle Bewohner in Sicherheit. Mit Stand vom Dienstag seien rund 15 Bewohner in andere Häuser ausgewichen, so der Sozialdezernent, doch sagen weder AWO noch Amt in welche genau. Einzelzimmer-Quote außer Kraft Denn die Unterbringung bereitet Probleme: Ein Blick auf die Pflegeheim-Seite der Stadt Bielefeld zeigt, dass es in den dort aufgeführten 32 Heimen so gut wie keine freien Plätze gibt. Hinzu kommt die gesetzlich vorgeschriebene Einzelzimmer-Quote. Demnach müssen die Häuser heute über 80 Prozent Einzelzimmer anbieten, Doppelzimmer sind nur noch Paaren vorbehalten. Für die Dauer der Ausnahmesituation habe die Bezirksregierung die Regelung allerdings außer Kraft gesetzt, so Nürnberger, damit die Akteure überhaupt Ersatz anbieten können. In einer ersten konzertierten Aktion vergangene Woche hatten alle Betreiber von Pflegeheimen ihre Unterstützung signalisiert, doch die Gespräche mit den Betroffenen dauern noch an. Bis zum 15. November sollen jedoch alle Formalitäten geregelt sein. Bis dahin dürfte sich Siegfried B. bereits etwas eingelebt haben in seiner neuen Unterkunft fern von Baumheide – in der AWO-Müllerburg in Oerlinghausen. Rat vom Pflegeschutzbund Immerhin erhielt der Neuankömmling im Zuhause auf Zeit zur Erleichterung der Familie gleich ein Einzelzimmer. Vielleicht der erste Versuch einer Wiedergutmachung nach den durchgemachten Strapazen. Doch nicht alle Bewohner aus Baumheide werden das Glück haben, viele werden sich ein Zimmer mit einem anderen Bewohner teilen müssen. Da sei es für die Angehörigen angebracht, bei den neuen Konditionen genau hinzuschauen, wie sich die Situation für die Betroffenen effektiv verändert, sagt Rechtsanwältin Ulrike Kempchen vom BIVA Pflegeschutzbund. Der Verein mit Sitz in Bonn hat sich spezialisiert auf die Rechtsberatung zu den Themen Pflege- und Heimrecht. Mitglieder des Vereins erhalten in Gesprächen entsprechende Expertisen. Das ein Heim schließe, wegen Insolvenz oder gefährlicher Pflege, das komme immer mal wieder vor, sagt die Juristin. Unter solchen Umständen müsse man zwar immer den Einzelfall sehen, doch gelte generell für die Bewohner von Baumheide, dass faktisch die Grundlage für ein Fortbestehen der alten Verträge nicht mehr gegeben sei. Grundsätzlich erfülle die Einrichtung ihre Pflicht, wenn sie dem Bewohner einen zumutbaren Platz besorge. Werde ein neuer Vertrag mit demselben oder einem anderen Träger abgeschlossen, können sich daraus Ansprüche auf Schadensersatz-Positionen ergeben: Wenn zum Beispiel statt einem Einzelzimmer nun ein Doppelzimmer geboten wird, das Heim teurer ist und die weitere Entfernung höhere Fahrtkosten für die Angehörigen verursacht. Die AWO bietet den Bewohnern und deren Angehörigen Beratungen an, ebenso die Stadt als neutrale Institution, doch gibt es eben auch noch Dritte wie den Pflegeschutzbund, der in der Ausnahmesituation weiterhilft.Siegfried B. freut sich laut seiner Familie jetzt erst einmal über die Rückkehr ins Leben. An die Schläuche in seiner Nase muss er sich noch gewöhnen, sowie an die neue Umgebung.

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