Größtes Fahrradparkhaus der Welt: Das kann Bielefeld von Utrecht lernen

Bielefeld. "Fietstransferium" heißt das Fahrradparkhaus im Bahnhof des Utrechter Vororts Houten. Hier werden Radler weitergebracht, wechseln vom Sattel in den Zug. Denn über eine Treppe zwischen den Radabstellplätzen geht es direkt zu den Gleisen. Von dort fahren Bahnen im engen Takt mitten hinein nach Utrecht. In der "Centraal Station" der holländischen Metropole gibt es den nächsten Transfer. Zugreisende werden wieder zu Radlern. Im unterirdischen Fahrradparkhaus schnappen sie sich ihren Drahtesel oder steigen auf eines von rund 1.000 Mieträder. "Die Kombination von öffentlichem Nahverkehr und Fahrradfahren ist die Zukunft", sagt André Pettinga, freiberuflicher Berater für Zweirad-Mobilität. Radfahren ist derzeit auch in Bielefeld ein Top-Thema. Der Anteil des Fahrrads am Gesamtverkehr soll von 18 auf bis zu 30 Prozent steigen, so ein Ziel der Mobilitätswende. Ideen, wie man das hinbekommt, sind gefragt. Radwegeplaner aus der Stadtverwaltung und weitere Verkehrsexperten aus Bielefeld haben sich jetzt Anregungen in Utrecht geholt. Abstellplätze auf drei Etagen Dort ist im August das größte Fahrradparkhaus der Welt in Betrieb gegangen. 12.500 "Fietsen" passen hinein, 30 Millionen Euro hat es gekostet. Zum Vergleich: Das größte deutsche Radparkhaus steht in Münster und hat 3.500 Plätze. In Bielefeld wird derzeit über 2.000 Plätze am Hauptbahnhof und eine Radstation im Jahnplatz-Tunnel nachgedacht. Auf drei Etagen gibt es unter dem Utrechter Bahnhofsplatz Fahrradständer und Servicestationen. Rund um die Uhr ist die Anlage geöffnet, ständig sind vier Mitarbeiter anwesend. Wege für Radler und Fußgänger sind getrennt, alles ist hell erleuchtet und sauber. "Solche Grundfunktionen ließen sich auf Bielefeld übertragen, auch wenn die Dimensionen hier anders sind", meint Bernd Küffner vom Verkehrsclub Deutschland. Die ersten 24 Stunden sind kostenlos Dass das Utrechter Radparkhaus fast zu 100 Prozent ausgelastet ist, dafür sorgt auch der Preis. "In den ersten 24 Stunden ist das Abstellen kostenlos", erklärt Pettinga. Wer länger parken will, zahlt 1,25 Euro pro weiteren Tag oder 75 Euro für ein Jahres-Abo. In Bielefeld sind für die Fahrradkäfige am Bahnhof nur Jahres-Karten zu haben. In der Radstation am Bahnhof kostet das Abstellen 70 Cent am Tag oder 70 Euro im Jahr. Für Barbara Choryan, Nahverkehrsbeauftragte der Stadt, ist das Utrechter Fahrradparkhaus durchaus ein Vorbild. "Gerade der direkte und kurze Weg zu den Bahngleisen ist wichtig", sagt sie. Daran müsse man bei der Planung für neue Abstellanlagen am Hauptbahnhof denken. Fahrradgarage am CinemaxX Aktuell verhandelt die Stadt mit der Bundesbahn über ein Fahrradparkhaus neben dem Bahnhofsgebäude. Zudem geht es um eine zweite Abstellanlage hinter dem Bahnhof. Sie könnte am Kreisverkehr vor dem "CinemaxX" gebaut werden. "Das Provisorium im Postgebäude würde dann wegfallen, die Käfige vor dem Parkhaus könnten eventuell stehen bleiben", sagt sie. "Fahrradparkhäuser ziehen Radler an wie Straßen die Autofahrer", sagt Volker Radzik, Geschäftsführer des Radkurierdienstes "flottweg". Aber sie müssten komfortabel, einfach zu benutzen und preiswert sein. Und gut organisiert, so wie in Utrecht. Alles wird mit einer Chip-Karte bezahlt Dort haben die Planer an fast alles gedacht: Digitale Anzeigen weisen auf freie Plätze hin. Für Räder, die aus der Norm fallen wie Lastenräder oder solche mit Kindersitzen oder Transportkisten darauf, gibt es spezielle Bereiche. Bezahlt wird alles mit derselben Chip-Karte: die Bahnfahrt, das Fahrradparkhaus oder auch das Leihrad. Einfaches Einchecken und kostenloses Abstellen in den ersten 24 Stunden, das bringt Frequenz, ist Babara Choryan überzeugt. Auch ein Leihangebot gehört für sie zur Radmobilität an Bahnhöfen dazu. MoBiel will das im nächsten Jahr starten - mit mehreren hundert Mieträdern. Neue Stellplätze an P&R-Anlagen Langfristig könnten bis zu 4.000 Fahrradstellplätze in Bahnhofsnähe entstehen. Choryan: "Man könnte vielleicht den alten Bunker unter dem Bahnhofsplatz nutzen." Daniela Becker, Planungsreferentin bei der IHK, sieht im Ausbau der Kapazitäten am Bahnhof einen "wichtigen Baustein". "Aber man muss auch fragen, wie viele Menschen von Zuhause mit dem Rad zu P&R-Plätzen fahren würden. Auch dort müsste man Abstellplätze bauen." Solche P&R-Plätze sind Teil des neuen Nahverkehrplans für Bielefeld. Über sieben neue Anlagen an den Stadträndern wird nachgedacht. MoBiel möchte dort Mobilitätsstationen bauen. Fahrradfahren könnte mit Stadtbahnen, Bussen und Schnellbussen verknüpft werden - solche Ideen gibt es nicht nur in Holland.

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