Legionellen: Harsche Kritik an der Bielefelder AWO

Bielefeld. Der Brief kam am Montag per Post. Seit Monaten war es das erste Schreiben überhaupt, das die Chefin einer Bielefelder Therapie-Praxis zugeschickt bekam vom Seniorenzentrum Baumheide der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Vor einer Woche hatte die Therapeutin in einer E-Mail der Heimleitung mitgeteilt, dass sie ihre Mitarbeiter nicht länger in das Haus schicken werde. Grund des Boykotts: Nicht die Legionellen, die seit April das Heim beschäftigen, an denen drei Menschen erkrankten, und von denen zwei starben. Wobei die Infektionswege weiter als ungeklärt gelten. Mitarbeiter hätten von nichts gewusst &bdquo;Wir können professionell mit solchen Hygiene-Problemen umgehen – aber dazu müssen wir auch wissen, was los ist", erklärte die Unternehmerin ihre Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern. Erst aus der Presse habe sie erfahren, dass das Altenheim bereits seit April mit einem dramatischen Legionellen-Problem befasst sei. Die Mitarbeiter ihrer Firma aber, die dort ein und aus gingen, um Bewohner zu betreuen, die hätten von nichts gewusst. Denselben Vorwurf erheben auch Mitarbeiter und Angehörige von Bewohnern, mit denen die NW in Kontakt steht: Demnach soll es keine Aushänge gegeben haben mit dem wichtigen Hinweis auf Legionellen, keine E-Mails entsprechenden Inhalts und keine Briefe – bis zum 8. Juli. An jenem Montag entschloss sich die AWO, im gesamten Seniorenzentrum ein Duschverbot zu erlassen und Sterilfilter in den Duschen als Infektionsschutz zu installieren. Denn am Freitag zuvor hatte das Gesundheitsamt den ersten Legionellen-Erkrankten des Heims gemeldet. Vorschriften des Umweltbundesamts sind eindeutig Das Umweltbundesamt schreibt für den Fall eines erhöhten Legionellen-Befundes nach einer solchen Routine-Untersuchung, wie sie das Gesundheitsamt beschrieben hatte, eindeutige Maßnahmen vor. Zu denen gehört auch die Informationspflicht: Wonach dem Inhaber, in diesem Fall die AWO, &bdquo;ihr zugegangene Informationen über die Qualität des bereitgestellten Trinkwassers – umfassend auch Ergebnisse nach Trinkwasseruntersuchungen und systemische Untersuchung auf Legionellen – unverzüglich allen betroffenen Verbrauchern schriftlich oder durch Aushang bekannt zu machen sind." Warum der Gesetzgeber die Informationspflicht so betont, erklären die Fachleute aus dem sächsischen Bad Elster im folgenden Passus: &bdquo;Da dem Inhaber nicht zwingend alle individuell risikoerhöhenden Faktoren oder Erkrankungen der betroffenen Verbraucher bekannt sein dürften, hat er die Verbraucher bereits sehr früh so zu informieren, dass sie die Möglichkeit des individuellen Selbstschutzes (z.B. Duschverbot) rechtzeitig wahrnehmen können. Bei Unterlassung der Information und dadurch gegebenenfalls eintretenden Gesundheitsschäden von Verbrauchern hätte der Inhaber die rechtlichen Konsequenzen zu tragen." Unternehmerin sieht Verletzung der Informationspflicht Weil sie diese Informationspflicht verletzt sah, kündigte die Praxis-Chefin ihre Geschäfts-Beziehung mit dem Seniorenzentrum in Baumheide. Denn tatsächlich bestand bei einem ihrer Mitarbeiter ein erhöhtes Infektionsrisiko, bedingt durch eine Diabetes-Erkrankung. Überrascht habe sie reagiert, als sie dann den Brief von der AWO in den Händen hielt: &bdquo;Anzeige zur Arbeitssicherheit im Seniorenzentrum Baumheide" stand dort . Keine persönliche Anrede, aber immerhin die Aussage zu &bdquo;stark erhöhten Legionellen-Werten an einzelnen Zapfstellen". Trotzdem sei der Brief in ihren Augen leider viel zu spät gekommen. Die Antwort der AWO Auf die Frage, wann die AWO die eigenen Mitarbeiter, die Bewohner sowie deren Angehörige und externe Dienstleister erstmals über die Legionellen informierte, antwortete das Unternehmen folgendermaßen: &bdquo;Wir bitten um Verständnis, dass wir Ihre Fragen zu zurückliegenden Ereignissen auch weiterhin nicht beantworten." Hintergrund sind die staatsanwaltlichen Ermittlungen.

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