Bielefeld. Die NW hat in Gaststätten der Innenstadt nachgehakt. Wie viel Trinkgeld wird in Bielefeld noch gegeben? Gibt jeder Gast die empfohlenen 10 Prozent? Landet es am Ende wirklich bei den Mitarbeitern?
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat in den vergangenen Tagen in Bielefeld vor Trinkgeld-Tricksereien gewarnt. Es komme immer wieder vor, dass der Chef einen Teil behalte oder sogar vom Personal zurückfordere. Manche in der Gastronimie arbeitenen Menschen gehen somit leer aus.
Das sagt die Bielefelder Gastronomie
So erzählen uns Kellner aus dem Alex, Mellow Gold, Moccaklatsch, Hans im Glück und der Bar 383 Grad, dass die Menge des Trinkgeldes variiert. Dabei komme es auf verschiedene Faktoren an: Tageszeit, Wochentag, Alter des Gastes, Freundlichkeit der Bedienung. Manche greifen besonders tief in die Tasche, während andere in den Tiefen ihrer Taschen nach den letzten Cents kramen. Bei kleinen Preisen sitze das Geld lockerer, sodass die 10 Prozent überschritten werden.
"Unangenehm, nur aufzurunden"
Bei höheren Preisen sei das nicht so, erklärt uns ein Kellner aus dem Mellow Gold. Diesen Eindruck bestätigt uns Gerlinde S. Sie sitzt in der Altstadt und erzählt von ihren Besuchen in verschiedenen Gaststätten. Bestelle sie nur etwas für wenig Geld, sei es ihr unangenehm, nur aufzurunden. Müsse sie eh schon recht viel zahlen, sehe sie es jedoch nicht ein die 10 – Prozent – Empfehlung einzuhalten. „Insgesamt ist es für mich ein Mittel, um Anerkennung zu zeigen. Je besser die Bedienung und das Essen, desto höher ist auch das Trinkgeld", betont sie. Doch wie sehen das die Kellner?
10 Prozent wären toll
„Es wäre natürlich super, wenn die 10 – Prozent – Empfehlung immer eingehalten wird. Ich freue mich aber auch über ein dankbares Lächeln", erklärt uns ein Kellner aus dem Alex lachend, während er den nächsten Cocktail mixt. „Wie viel ein Gast zusätzlich bereit ist zu zahlen, hängt ganz von der Person ab, und ob er sich wohlfühlt." Den Wohlfühl-Faktor bestätigt auch Martin Rieker gegenüber der NW. Dennoch ist er der Meinung, dass 10 Prozent immer gegeben werden müssten. „Die Kellner können ja nichts dafür, wenn das Essen mal nicht schmeckt", schmunzelt er.
Verwaltet der Chef das Trinkgeld?
Unabhängig davon, wie viel Trinkgeld heute noch in Eiscafés, Bars und Restaurants gelassen wird – es kommt ein Betrag zustande, der unter allen Mitarbeitern aufgeteilt werden muss. Über die Art der Aufteilung entscheidet jedoch jede Gaststätte selbst. „Bei uns gehen 2 Prozent der Tageseinnahmen an die Küche und die Theken. Der Rest wird unter den Leuten im Service aufgeteilt", so ein Kellner aus dem Alex.
Eine Kellnerin, die bereits in mehreren Betrieben gearbeitet hat, erklärt: „Entscheidend ist die Größe und ob der Kellner einen eigenen Bereich mit eigenem Portemonnaie hat. Wird auf einem Geldbeutel abgerechnet, teilt man das Geld mit der gesamten Belegschaft. Manchmal ist es aber auch so, dass der Chef das Trinkgeld verwaltet und aufteilt."
Hohe Dunkelziffer
Gaby Böhm, Geschäftsführerin der NGG der Region Bielefeld-Herford, findet genau diesen Fall problematisch: „Verwaltet der Chef das Trinkgeld, kann man nur darauf vertrauen, dass das Personal auch etwas davon sieht. Nicht jeder traut sich uns bei möglichen Tricksereien zu informieren." Dabei sei die Dunkelziffer vor allem in Großstädten besonders hoch.