Bielefelds Oberhistoriker Johannes Altenberend tritt ab

Bielefeld. Ohne den "Historischen Verein für die Grafschaft Ravensburg" würde es wohl kein Bauernhausmuseum mehr geben; ohne ihn hätte es kaum archäologische Ausgrabungen an der Sparrenburg und an der Welle gegeben. Der Verein hat an zahlreichen Stellen der Stadt das historische Bewusstsein der Bielefelder geschärft. Einen großen Anteil daran hat der Vorsitzende Johannes Altenberend. Nach fast 15 Jahren an der Spitze tritt er nun von seinem Posten ab. Dass Altenberend einmal eine so wichtige Rolle für das Geschichtsgedächtnis der Stadt spielen sollte, zeichnete sich in der Rückschau früh ab. Der Lehrer für Geschichte, Politik und Religion am Gymnasium Am Waldhof - und vorher als es Bavink-Gymnasium hieß - sowie anschließend am Ratsgymnasium trat dem Historischen Verein vor gut 40 Jahren bei. Fast 35 Jahre saß er für die heute mehr als 600 Mitglieder starke Vereinigung im Vorstand, bevor er 2004 ihr Vorsitzender wurde. Altenberend entdeckte bereits als Siebtklässler in seiner Heimatstadt Steinheim seine Liebe für die Historie. "Ich habe da eine Arbeit über die mittelalterliche Stadt Steinheim geschrieben, seitdem war mir klar: Das ist mein Ding", sagt der 66-Jährige. Er studierte als einer der ersten Studenten Geschichte an der Uni Bielefeld Nach dem Abitur studierte er als einer der ersten Studenten Geschichte an der Universität Bielefeld - 1973 war das. Es herrschten "paradiesische Bedingungen", wie er sich erinnert. Gerade mal 50 Studenten waren eingeschrieben, "auf drei Professoren kamen drei Assistenten und drei Studenten." Und die Professoren bildeten auch noch die Top-Liga der deutschen Historiker mit Ulrich Wehler, Rainhard Koselleck, Jürgen Kocka, Ernst-Wolfgang Böckenförde, Casper Elm und weitere Größen ihres Fachs. "Ich habe sie alle gekannt." Seine Hochschullehrer führten ihn in die Forschung ein, Johannes Altenberend aber fühlte sich noch stärker von der Didaktik angezogen und wurde Studienrat und später Oberstudienrat an den Bielefelder Gymnasien - mit fünfjähriger Unterbrechung als Fachdidaktiker an der Uni Bielefeld. Neben seinem Lehrerberuf promovierte er schließlich doch noch. Schon in seiner Anfangszeit im Historischen Verein begann Entscheidendes. Mitte der 1980er Jahre stand die Stadt vor der Frage, was aus der Ravensberger Spinnerei und ihren Gebäuden wird. Stadthistoriker Reinhard Vogelsang organisierte eine Ausstellung zur Industriegeschichte, die später zur Gründung des Historischen Museums im Jahr 1994 führte. Neuer Vorsitzender wird am kommenden Samstag gewählt Der Historische Verein mit dem Vorstand Altenberend war später maßgeblich am Erhalt des Bauernhausmuseums nach dem Brand Mitte der 1990er Jahre, an den Ausgrabungen an der Welle von 2000 bis 2002 und an der Sparrenburg von 2007 bis 2013 beteiligt. "Ohne uns hätte es sie nie gegeben", sagt Altenberend. Zuletzt machte sich der Verein einen Namen bei der Wiederentdeckung einer der ersten Kirchen in Westfalen - dem Gotteshaus aus dem späten 8. Jahrhundert auf dem Areal des Hofes Müdehorst. Heute ist der Gebäudegrundriss wieder zu erkennen, zudem gibt es eine Infotafel zu dem Bau aus der Zeit des Adeligen Waltger von Dornberg. Die Kirche verweise auf die historischen Schätze der Stadt, sagt Altenberend. Bielefeld habe einiges zu bieten auf dem Gebiet der Geschichte, auch wenn das allen Einheimischen sowie Politik und Verwaltung nicht immer bewusst sei. Johannes Altenberend macht nun Platz "für einen neuen Vorsitzenden mit neuen Ideen". Am kommenden Samstag wird gewählt. Ab dann will sich der verheiratete Vater von drei Kindern und Opa von zwei Enkelkindern "in aller Ruhe" um die Familie und seine wissenschaftlichen Interessen kümmern - die natürlich auch etwas mit der Historie der Stadt zu tun haben. Er erforscht das Leben und das Werk des in Bielefeld einst ansässigen Hans-Werner Henzes, "einer der bedeutendsten deutschen Komponisten des 20. Jahrhunderts", wie er sagt.

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