Bielefeld/Steinhagen

Das richten Borkenkäfer an

Notfällungen: Borkenkäferschäden sind nur eine der lokalen Folgen des Klimawandels

09.01.2019 | 09.01.2019, 09:10
Typisches Schadensbild: Gärtnermeister Sascha Wiedemann vom Bauhof zeigt an einem Stamm, wie die Borkenkäfer das Kambium - also das Versorgungsgewebe - fressen und die Fichten damit töten. Der Baum wird in den nächsten Tagen fallen. - © Jonas Damme
Typisches Schadensbild: Gärtnermeister Sascha Wiedemann vom Bauhof zeigt an einem Stamm, wie die Borkenkäfer das Kambium - also das Versorgungsgewebe - fressen und die Fichten damit töten. Der Baum wird in den nächsten Tagen fallen. | © Jonas Damme

Bielefeld/Steinhagen. Mehr und mehr entwickelt sich der Klimawandel vom abstrakten Nachrichtenthema zum konkreten, lokalen Problem. Die Forstarbeiter im Teutoburger Wald müssen sich schon seit Jahren mit vermehrten Schädlingen und Extremwetterereignissen herumschlagen.

Dieser Tage muss die Gemeinde Steinhagen erstmals selbst eine große Notfällung vornehmen. Im Bereich Niederwahrenbrock (zwischen Rathaus und A 33) werden noch bis voraussichtlich Ende kommender Woche rund 50 Fichten gefällt. Der Großteil davon ist vom Borkenkäfer (auch Buchdrucker) befallen und dem Tode geweiht. Und selbst die Fichten, die noch nicht befallen sind, werden entnommen, weil bereits jetzt klar ist, dass die Käfer auch sie zerstören werden. "Eigentlich würden wir sonst nie gesunde Bäume fällen", erklärte der stellvertretende Bauhofleiter Sascha Wiedemann gestern vor Ort. Borkenkäfer sind an sich kein neues Phänomen. Sie gehören schon immer zum Ökosystem Wald und sorgen dafür, dass geschwächte Bäume schnell verschwinden. Gesunde Bäume, auch Fichten, sind eigentlich in der Lage, sich durch ihr Harz gegen den Befall zu wehren. Problematisch wird es, wenn die Bäume angegriffen sind und viele der selben anfälligen Art - wir hier die Fichten - nah beieinander stehen. Dann können Käfer-Populationen binnen Jahren ganzen Wäldern den Garaus machen.

Aufforstung: Zwischen der Siedlung bei Niederwahrenbrock (hinter dem Rathaus) und der A 33 hat der Bauhof 180 Bäume angepflanzt. Dabei sollen resistente Sorten gefunden werden. - © Jonas Damme
Aufforstung: Zwischen der Siedlung bei Niederwahrenbrock (hinter dem Rathaus) und der A 33 hat der Bauhof 180 Bäume angepflanzt. Dabei sollen resistente Sorten gefunden werden. | © Jonas Damme

Auch das Wäldchen bei Niederwahrenbrock ist nur befallen, weil es bereits angegriffen war. "Das Problem ist, dass wir vom Januar 2018 bereits Sturmschäden hatten", erklärte Wiedemann. Orkantief Friederike hatte auch dort eine Schneise geschlagen und Bäume geschädigt. "Dann kamen der heiße Sommer und der Wassermangel." Danach seien die Fichten ein gefundenes Fressen für die Borkenkäfer gewesen. Bereits vor Monaten begannen die ersten Fichten die Rinde zu verlieren - das typische Anzeichen für Borkenkäferbefall. Dann ging alles schnell: "In nur sechs Monaten haben sie es geschafft, das Waldstück zu richten", so der Gärtnermeister. Ein Borkenkäfer kann bis zu 1.000 Nachkommen haben. Bei idealen Bedingungen können in einem Jahr bis zu drei Populationen ausfliegen.

Glück im Unglück für die Gemeinde ist, dass auf ihren Flächen nicht viele Fichten angepflanzt wurden. Allerdings waren zuletzt an der Brockhagener Ampelkreuzung 2017 auf privatem Grund Rodungen nötig geworden. Und auch in den Privatwäldern der Patthorst stehen viele Fichten.

"Wenn sie zu lange kein Wasser bekommen, können Eichen ganze Äste abfallen lassen"

Auch deshalb müssen die Bauhofmitarbeiter die befallenen Bäume schnellstmöglich abtransportieren. "Die Käfer könnten sonst weiterwandern."

Da abzusehen ist, dass auch weiterhin Dürreperioden, Stürme und andere Extremwetterereignisse stattfinden werden, machen sich die Zuständigen bereits Gedanken, wie man auf das veränderte Klima reagieren kann. "Die Brachflächen werden wieder aufgeforstet, zum Beispiel mit Buchen und Eichen, vielleicht auch Wildkirschen", so Wiedemann. Die Laubbäume seien weniger anfällig für den Käferbefall.

Schweres Gerät: Zum Vorteil des Bauhofes können die Arbeiter im Waldstück bei Niederwahrenbrock mit dem Radlader arbeiten. - © Jonas Damme
Schweres Gerät: Zum Vorteil des Bauhofes können die Arbeiter im Waldstück bei Niederwahrenbrock mit dem Radlader arbeiten. | © Jonas Damme

Auch Eichen hätten aber so ihre Probleme mit Dürreperioden. "Wenn sie zu lange kein Wasser bekommen, können Eichen ganze Äste abfallen lassen, um sich zu schützen", so Wiedemann. Das sei nicht ungefährlich und auch im Kreis Gütersloh im vergangenen Jahr bereits vorgekommen. Auch Stürme zu Zeiten, in denen die Bäume noch im Laub stehen, richteten viel Schaden an.

Um herauszufinden, welche Bäume mit dem Klimawandel besonders gut klarkommen, experimentiert der Bauhof gegenwärtig bei den Neuanpflanzungen. Beispielsweise wurden an der A 33 180 Bäume als Ausgleichsmaßnahme angepflanzt. "Es ist wichtig, dass wir jetzt die richtigen Pflanzen finden", beschreibt Bauhof-Leiter Norbert Kuznik das Projekt. "Da war es ein Glück, dass wir auf der Fläche testen konnten."

Neben trockenheitsresistenten heimischen Arten, wie der Hainbuche, der Schwarz-Erle oder der Linde, wurden auch exotische Bäume wie die Amerikanische Gleditschie gesetzt. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten wird sich dann zeigen, welche Bäume hier eine Zukunft haben.