Der Spindelbrunnen an der Bielefelder Bahnhofstraße ist abgeholt worden

Bielefeld. Zuerst ist der Zimmermann gefragt. Ehe Peter Niesen mit dem Kran den 1,2 Tonnen schweren Spindelbrunnen anheben kann, muss der mit einem Stützkorsett aus Holz gesichert werden. Projektleiter Jürgen Liethen schiebt eine Palette als Schutz nach. Doch es dauert Stunden, bis die 1,2 Tonnen schwere Bronzeskulptur vorsichtig auf den Lastzug geladen werden kann - für die Fahrt nach Düsseldorf. Denn dort wird die bekannte, als Treffpunkt beliebte Bronzeskulptur vorübergehend zurück an ihren Ursprung kommen. 1970, als die Bahnhofstraße als Fußgängerzone neu eröffnet wurde, spendete die Familie Leffers, deren Modegeschäft daneben liegt, die Skulptur. Entworfen hat sie der Kölner Künstler Kurt-Wolf von Borries. Und gebaut und gegossen wurde sie in den Werkstätten der Kunstgießerei von Professor Schmäke in Düsseldorf. Dort werde sie jetzt aufgearbeitet, renoviert, von Rissen befreit und neu fixiert, erklärt Frank Otterbach vom Immobilienservicebetrieb (ISB) der Stadt. Denn das hat der Brunnen bitter nötig. Schon länger war er trocken, abgesperrt, notdürftig gesichert. Er war mehrfach beschädigt worden, vor allem durch den täglichen Lade- und Lieferverkehr in der Einkaufszone, in der er ungeschützt neben der großen Platane stand. Zuletzt war sogar die tragende Struktur so marode, dass er eine Gefahr darstellte. Hinzu kam, dass Wasseraufbereitung und Brunnenstube unter der Erde mangelhaft waren. Das Pflaster wölbte sich teils auf. Das bedeutete auch, dass die Unterhaltung Kosten verursachte. Die Stadtverwaltung kam schließlich zu dem Schluss, dass man die Skulptur aufgeben sollte. Dem habe sogar die Spender-Familie zugestimmt. Doch das stieß bei Bürgern, aber auch der Mehrzahl der Politiker auf Kritik. Bielefeld ist nicht gerade mit Wasser und Brunnen gesegnet. Und der Spindelbrunnen hat sich als als Orientierungspunkt etabliert. Poller oder Bänke sollen ihn vor Schäden schützen Nach längeren Diskussionen beschlossen schließlich Bezirksvertretung Mitte und Stadtentwicklungsausschuss des Rates, dass der Brunnen am Standort erhalten und wiederhergestellt werden soll - auch wenn es einen sechsstelligen Betrag koste. Damit er nicht gleich wieder beschädigt wird, sei zudem ein Konzept für einen "Anfahrschutz" nötig. Das könnten Poller oder Bänke sein, sagt Otterbach. Noch werde das geprüft. Liethen und seine Kollegen arbeiten weiter am Stützkonzept. Noch pendelt der Brunnen zu stark am Haken. Weitere Leisten werden mit langen Schrauben ans Korsett gebracht. Doch das darf nicht zu breit werden. Drei Meter ist das Maximum - sonst wäre es ein Sondertransport. Niesen ist aber zuversichtlich, dass der Spindelbrunnen auf dem Hänger des Lastzugs so unter Brücken und über die Autobahn zu transportieren ist. Decken und Spanngurte sichern ihn. Für die Firma Niesen, die auf die Demontage und Montage von Großskulpturen spezialisiert ist, eher Routine. Die aber viel Augenmaß und Genauigkeit verlangt. Was ist das Komplizierteste? "Meist die Abwicklung mit den Behörden", sagt Liethen: "In Bielefeld ging es allerdings eher problemlos." Die Politiker wollen die Skulptur. Und sie sind bereit, dafür Steuergeld auszugeben. Jürgen Bültmann vom ISB schätzt die Kosten auf rund 215.000 Euro. Denn nicht nur die mehrteilige Bronzeskulptur muss zerlegt, saniert und wieder zusammengeschweißt werden. Auch die Technik darunter muss erneuert werden. Die Brunnenstube etwa ist zu klein. Daneben sind neues Pflaster zu verlegen und der Anprallschutz zu bauen. Wasser- und Strom-Anschlüsse, die bisher im Leffers-Gebäude sind, werden in die Straße verlegt. Für Niesen heißt es jetzt höchste Konzentration, er muss die Tonnenlast behutsam absetzen. Dicke Gurte halten sie für die fast 200 Kilometer lange Reise. Heute morgen wird die Skulptur abgeladen. Erst 2019 rechnet Bültmann mit der Rückkehr. Dann soll der Brunnen wieder fließen. Bis dahin blicken Passanten auf den Bauzaun.

Meistgelesen