
Bielefeld. Eine politische Mehrheit im Rat hat beschlossen, dass der Vertrag von Kunsthallenchef Friedrich Meschede nicht verlängert werden soll. Die Reaktion der Leser auf diesen Vorgang ist groß. Wir haben einen Teil der Leserbriefe hier zusammengetragen:
Nur ein Känguru kann mit leerem Beutel große Sprünge machen. Es ist daher unredlich, dem Kunsthallen-Chef Friedrich Meschede die sinkenden Besucherzahlen vorzuwerfen. Während die Kosten für Leihgaben anderer Museen kräftig stiegen, muss Herr Meschede mit einem niedrigeren Etat als sein Vorgänger auskommen. Große Blockbuster-Ausstellungen mit Publikumslieblingen wie den französischen Impressionisten oder den deutschen Expressionisten können sie damit nicht finanzieren. Friedrich Meschede machte aus dieser finanziellen Not eine kulturelle Tugend und präsentierte weniger bekannte, aber dafür sehr originelle Künstler/innen. Der Stadtrat wäre schlecht beraten, wenn er diese Tatsachen ignoriert
Christopher Kopper
33617 Bielefeld
Dieser Tag ist ein schlimmer Tag für Bielefeld. Schlimm der Sache und der Art und Weise nach, mit der hier Person und Institution eines kulturellen Leuchtturms der Stadt ruiniert werden. Es geht mir ans Herz. Friedrich Meschede hat innovative und erstklassige Ausstellungen mit überregionaler Wirkung ins Leben gerufen. Schon sein Einstieg war genial. Die Linie hat er fortgesetzt. Dabei hat er Mut und Kante bewiesen. Wie Kunst es verlangt. Wie man ihn hier - zum Teil mit dilettantisch verfassten Leserbriefen garniert - heruntergeschrieben hat, ist unverzeihlich.
Gottfried Jäger
33602 Bielefeld
Die Artikelüberschrift erinnert an Bildzeitungsniveau; der Artikel und vor allem der Kommentar an eine Abrechnung. Friedrich Meschede wird persönlich in einer Weise "vorgeführt", die ich als respektlos und würdelos empfinde. Was ist passiert, dass ein Mensch öffentlich als unnahbar, ungelenk und als "kein Menschenfreund" bezeichnet werden kann? Hat die Redaktionssitzung nicht stattgefunden, damit diese Diffamierungen gedruckt werden konnten?
Annedore Hof
33602 Bielefeld
Wer wie Friedrich Meschede Ausstellungen zeigt, die in der überregionalen Presse Widerhall finden, so dass auch auswärtige Kunstfreunde animiert werden, nach Bielefeld zu reisen, öffnet seine Museumstore weit und wird damit zum Kunstbotschafter. Wer wie Friedrich Meschede diese große Aufgabe außerdem im denkbar knappsten finanziellen Rahmen meistert und immer bemüht ist, die in die Jahre gekommene Kunsthalle zu sanieren und zu erweitern, muss unterstützt und gehalten werden. Intellektuelles und nicht populäres Niveau ist dabei die entscheidende Ausrichtung. Friedrich Meschede - national und international - bestens vernetzt, ist ein leidenschaftlicher Vermittler moderner Kunst. Gute Leute hält man!
Dass Günter Küppers fordert, der Förderkreis solle endlich stimmberechtigtes Mitglied der Gesellschaftervertretung werden, ist seit langem überfällig.
Paul und Ute Grohs
33689 Bielefeld
Unterwegs erfahre ich von Freunden, was über den Kunsthallendirektor Dr. Friedrich Meschede in der NW steht - und ich bin über die kulturpolitische Instinkt- und Kompetenzlosigkeit der Verantwortlichen entsetzt: Es kann doch tatsächlich gar nicht möglich sein, dass die immer wieder verbreiteten üblen Nachreden gegen den äußerst kompetenten und kunsthistorisch versierten Kunsthallenleiter - auch die etwa von "Pro Bielefeld" und in dieser Sache ganz unverschämten Leserbriefschreiber - jetzt Erfolg haben! Wie ist es um die politische Kultur von SPD und Co. bestellt, wenn sie nichts mehr als "höhere Besucherzahlen" und "bessere Finanzen" einfordern, zugleich den Kunsthallenetat kontinuierlich kürzen und zudem die ausgezeichnete Qualität der Meschede-Ausstellungen nicht in die Waagschale werfen? Einer Stadt wie Bielefeld stünde es gut zu Gesicht, die Freiheit der qualitätsvollen zeitgenössischen Kunst zu fördern und einen konzeptuellen Querdenker wie Dr. Friedrich Meschede zu unterstützen, aber, wie man liest, ist das Gegenteil der Fall. Als Mitglied des Freundeskreises Kultur um Altoberbürgermeister Klaus Schwickert schäme ich mich für diese Schlappe der Bielefelder SPD und hoffe, dass die Entscheidung, Friedrich Meschedes Vertrag nicht zu verlängern, schnellstmöglich rückgängig gemacht wird.
Andreas Beaugrand
33602 Bielefeld
[...] Meschede soll mit einem jämmerlichen Etat den Standard unserer Kunsthalle aufrecht erhalten. Wie er das Unmögliche immer wieder geschafft hat, ist erstaunlich und wird von Fachleuten anerkannt. Sein peinlicher Etat wird dann noch mit einer Miete belastet, die vor Gericht als Wucher gelten würde. [...] Wenn dann noch nachlassende Besucherzahlen moniert werden, wird es zur Farce: Mit dem Auto kann man die Kunsthalle bestenfalls nach 16 Uhr erreichen. Tagsüber hat die Stadt dem Ratsgymnasium die Parkplätze zugewiesen. Entsprechenden Parkraum in einem nahe gelegenen Parkhaus anzumieten ist zu teuer, dann verzichtet man lieber auf Besucher der Kunsthalle. Angesichts eines unvermeidbaren Defizits ruft jetzt der überraschte Rat nach lückenloser Aufklärung und einem Schuldigen. [...] Die Grundrechenarten wären zur Erklärung des Defizits ausreichend. Wenn Herr Dr. Meschede lieber die Messstäbe der NZZ (Neue Zürcher Zeitung, Anm. der Redaktion) an seine Arbeit anlegt, anstatt sich auf den Sachverstand unseres Rates zu stützen, muss man naiv sein, daran etwas falsch zu finden. War ein dem Anliegen der Kunsthalle Nahestehender an der Entscheidung des Rates beteiligt? [...] Die Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Meschede habe ich zurückhaltend begonnen. Es fiel mir auf, dass der Ton der Mitarbeiter untereinander gut wurde. Beim Vorgänger musste Oberbürgermeister David einen bekannten Anwalt als Schlichter einsetzen. Der Gedankenaustausch wurde intensiver [...] Bevor ein Nachfolger entsprechendes Vertrauen aufgebaut hat, wird eine Fortsetzung schwierig sein. Will Bielefeld überhaupt diese Form von Kultur? Ich wiederhole meinen Vorschlag: Gebt das Museum an die Stifterfamilie zurück, sie wird genug Verbündete finden, das Werk von Rudolf August Oetker für alle Bielefelder fortzusetzen. Dem steht vermutlich entgegen, dass ein fürsorglicher Rat möglicherweise schon einen Nachfolger für geeignet hält. [...]
Jürgen Stockmeier
33739 Bielefeld
Wo ist in Ihrem Artikel das Niveau einer freien ,unabhängigen Presse? Sie prangern mit vielen Worten die "menschlichen Defizite" Friedrich Meschedes an. Sogar ein Menschenfeind sei er, wie ein "Herr in hoher Position" sagte. Kein Wort von Friedrich Meschedes hohem Fachwissen, seiner Begeisterung für die Arbeit ,seine internationale Vernetztheit, die es ihm ermöglichte, bei allem Geldmangel überhaupt noch qualitätvolle Ausstellungen zu machen. Dagegen wird "Popularität" gefordert, an der es ihm fehle. Ich will aber keinen netten populären Leiter; ich will einen, der seinen Bildungsauftrag erfüllt und uns Neues nahebringt. Böckstiegel und Stenner haben wir inzwischen verstanden. Allein die perfiden Über- oder Unterschriften sind entlarvend in Ihrem Artikel: "Ein Leuchtturm aber ist die Kunsthalle schon längst nicht mehr". Leuchten kann nur etwas, wenn ihm nicht der Strom (Geld) abgestellt wird. Dabei trotz aller Widerstände sehr qualitätvolle Arbeit zu leisten, ist fast übermenschlich. Wie ich von einigen erfuhr, die Meschede zugetan sind, sich aber nicht öffentlich positiv äußern möchten, um keine Nachteile zu haben, stehen hinter der seit langem diffamierenden Presse gegen Friedrich Meschede Interessierte, die ihn unbedingt nicht mehr als Kunsthallenleiter sehen wollten. Wahrscheinlich ist der junge, nette "populäre" regional und politisch gut vernetzte Nachfolgekandidat schon längst gefunden. Ich hoffe sehr, dass Sie die Fairness haben, die als Gegengewicht zu Ihren Artikeln unbedingt nötigen Kommentare auch zu Wort kommen lassen.
Marianne Weisner
33617 Bielefeld
Mit Unverständnis habe ich die Mitteilung wahrgenommen, den Vertrag des Kunsthallenleiters Friedrich Meschede nicht verlängern zu wollen. Für mich gleicht der Artikel einer öffentlichen Hinrichtung. Dieses ausgerechnet im Jubiläumsjahr zu verkünden, zeugt von mangelnder Sensibilität des entscheidenden Gremiums für die Stadt und das Museum. In diesem und in den folgenden Jahren braucht die Kunsthalle einen Chef, der mit Enthusiasmus das Jubiläum gestaltet, die Sanierung der Kunsthalle vorantreibt, die er mit Erfahrung begleiten muss. Dass Friedrich Meschede das kann, hat er bewiesen. Bei Amtseintritt hat er dem Johnson-Bau seine ursprüngliche Innengestaltung zurückgegeben, und hat mit einer außergewöhnlichen spektakulären Ausstellung "Partner?s in Design" der Kunsthalle einen würdigen Rahmen gegeben. Von den Ausstellungen ohne finanziellen Rahmen muss man nicht mehr reden. Die Befürchtung, dass die Kunsthalle mit diesen finanziellen Möglichkeiten zwischen Böckstiegel und Stenner hin und her pendelt, indem ein Nachfolger aus der Region installiert wird, ist groß. Dann hat uns die Provinz wieder eingeholt.
Ingrid Dörries-Höher
33619 Bielefeld
Für die Bielefelder FDP ist der Umgang mit dem Direktor der Kunsthalle "Personalpolitik zum Abgewöhnen". Die Entscheidung, Herrn Dr. Meschede kurz vor dem Ruhestand an Aufsichtsrat, Förderkreis und Stiftern vorbei lapidar durch Parteivertreter vor vollendete Tatsachen zu stellen, zeigt die Überheblichkeit mit der SPD, Grüne und CDU agierten. "Nach Gutsherrenart hat sich das Drei-Parteien-Kartell auch diesen Posten zur Verfügungsmasse gemacht. Wie mit Meschede umgesprungen wird, hat der Kunsthalle und Bielefeld schon jetzt Schaden zugefügt." [...] Wie sich CDU, SPD, Grüne, der Kulturdezernent und der OB den Übergang auf eine neue Leitung, die Umbauphase und die Sammlungsbetreuung während einer Sanierungszeit vorstellen, ist unklar. [...] So geht man mit einem kulturellen Leuchtturm und einem Geschenk einfach nicht um. Sollte die bislang nicht konsultierte Gesellschafterversammlung eine Verlängerung des Vertrages von Dr. Meschede tatsächlich ablehnen, muss die Stelle in einem transparenten Verfahren international neu ausgeschrieben werden. Unter allen Umständen muss Parteikungelei bei der Besetzung verhindert werden. Inwieweit die Kunsthalle nach diesen Vorgängen allerdings attraktiv für Bewerber mit Anspruch ist, muss bezweifelt werden.
Jan Maik Schlifter
Vorsitzender FDP Bielefeld
Zu dieser Schlagzeile hätte es nicht kommen müssen. Friedrich Meschede war und ist in der Funktion als Kunsthallenleiter umstritten. Er ist jedoch unzweifelhaft ein ausgezeichneter Kenner vor allem der zeitgenössischen nationalen und internationalen Kunst. Er hat mit bescheidenen Mitteln und viel Kreativität interessante und herausfordernde Ausstellungen realisiert. Er hat darüber hinaus großen Anteil an der Erweiterung der Sammlung der Kunsthalle.
Die in Aussicht genommene Art der Beendigung seiner Tätigkeit als Kunsthallenleiter zwei Jahre vor Erreichen seines Rentenalters ist unangemessen und wird seinen Verdiensten in keiner Weise gerecht. Diese Vorgehensweise wird es nicht leichter machen, eine/n qualifizierte/n Nachfolger/in mit internationaler Erfahrung zu gewinnen. Das kann nicht im Interesse der Stadt Bielefeld sein. Die Kulturstiftung ProBielefeld empfiehlt mit Nachdruck, den laufenden Vertrag um zwei Jahre zu verlängern.
Kulturstiftung ProBielefeld: Gunther Berg, Florian Böll hoff, Axel Brandi, Annette Mussinghoff-Siemens, Nicole Seidensticker-Delius