Bielefeld. Das aktuelle Wetter: Dienstag Schnee, heute Sturmwarnung, Samstag sonnige 14 Grad – das Wetter zeigt, wozu es Anfang März in der Lage ist. Heute vor 30 Jahren ließ es aber besonders die Muskeln spielen: Am Rosenmontag, 2. März 1987, überzog eine Kaltfront alles in der Stadt mit einer dicken Eisschicht. Das öffentliche Leben erstarrte über mehrere Tage.
1987 – Die Ankündigung
Die Wettervorhersage für diesen Rosenmontag hatte prognostiziert, dass „ein Randtief im Tagesverlauf von England zur Rheinmündung" zieht. Es führte subtropische Meeresluft heran. Gleichzeitig strömte an der Südflanke eines Hochs über Skandinavien sehr kalte, nordsibirische Arktikluft nach Deutschland ein. An der Grenze beider Luftmassen bildete sich ergiebiger Schnee, aber auch Eisregen.
In der Nacht zum Rosenmontag fiel dieser Regen auch in Bielefeld. An Dachrinnen und Straßenlaternen bildeten sich lange Eiszapfen. Bäume und Sträucher wurden in einen zentimeterdicken Eismantel gehüllt. Die Straßen wurden innerhalb weniger Minuten spiegelglatt.
 
        
                    Der Zugverkehr von Bremen ins Ruhrgebiet musste umgeleitet werden, weil im Teutoburger Wald Bäume unter der schweren Eislast zusammengebrochen waren und die Oberleitungen beschädigt hatten. Der Öffentliche Personennahverkehr in Bielefeld hatte bis zu 90 Minuten Verspätung – und kam später erst teilweise und dann völlig zum Erliegen.
Der Ausnahmezustand
Das wirkliche Ausmaß des Eisregens wurde dann bei Tagesanbruch am folgenden Dienstag, 3. März 1987, deutlich. Die Neue Westfälische berichtete unter der Schlagzeile „Großeinsatz nach schwersten Winterschäden seit 20 Jahren" über die damaligen Zustände.
Die Straßenbahnen waren morgens noch ausgefahren, doch zogen die Stromabnehmer bereits riesige Funkenbälle an den Oberleitungen. Schließlich musste der gesamte Stadtbahnverkehr eingestellt werden.
 
        
                    Mitarbeiter der Stadtwerke versuchten in der folgenden Zeit, mit Hämmern und Stangen die Leitungen wieder frei zu bekommen. Einige Straßenbahnen waren auf dem Jahnplatz gestrandet. Sie wurden in den Beckhausstraßen-Tunnel gezogen, der zum Ersatzdepot umfunktioniert worden war. Alle verfügbaren Busse wurden eingesetzt, sogar weitere von Privatunternehmern gemietet.
In einigen Stadtteilen fuhren Lautsprecherwagen auf, die die Warnung vor dem Betreten der Wälder verbreiteten. Durch den schweren Eispanzer an den Ästen und Zweigen brachen die Bäume wie Streichhölzer.
Besonders die Weichhölzer wie Birken und Kiefern waren betroffen. Die Bodelschwingh-, Selhausen-, Lämershagener, Osning- und Bergstraße mussten wegen der Gefahr herabstürzender Äste gesperrt werden. Ein Mitarbeiter des Gartenamtes hoffte deshalb auch auf den baldigen Übergang des Eisregens in Schnee. Mit dem könne man besser umgehen.
Augenzeugenbericht
Ein Anwohner der Albert-Schweitzer-Straße erinnert sich: „Ich wollte eine Sendung zum Kölner Karneval sehen, als ich zufällig aus dem Fenster schaute und meinen Augen nicht mehr traute. Die Birken am Haus bogen sich stark unter ihrem Eispanzer und drohten auf mein Auto zu stürzen", so der Augenzeuge.
Er ging dann zu seinem Fahrzeug und wollte es wegfahren. „Die Fahrertür war mit bis zu zwei Zentimetern Eis überzogen und nur sehr schwer zu öffnen, die Frontscheibe konnte ich überhaupt nicht mehr freimachen", so der weitere Bericht. Nur mit der Einweisungshilfe eines Nachbarn – bei geöffneter Fahrertür – gelang es schließlich, den Wagen auf einen anderen Parkplatz zu fahren, wo keine Bäume mehr gefährlich werden konnten.
Es bleibt in Erinnerung
Nach einigen Tagen waren dann die Autos, die Gebäude und die Bäume wieder vom Eis befreit und aufgetaut. Längere Zeit dauerte die Beseitigung der Bruchschäden in den Wäldern. Sie waren gesperrt; betreten verboten. Die Wetterkapriolen vom Rosenmontag 1987 sind vielen bis heute unvergessen – auch, weil damals auf der Straße Schlittschuh gelaufen werden konnte.
