Bielefeld

In Bielefeld stehen 30 Spielhallen vor dem Aus

Glücksspielstaatsvertrag: Neue Regelung soll Spieler vor dem Abrutschen in die Sucht schützen. Das Problem verlagert sich aber schon lange zunehmend ins Internet. Dort sind kaum Kontrollen möglich

Klare Regeln: Schon jetzt achten die Betreiber auf die Umsetzung von Schutzmaßnahmen. Pro Spielhalle dürfen zum Beispiel nur 12 Automaten aufgestellt sein. | © Andreas Frücht

Thomas Klüter
17.02.2017 | 17.02.2017, 06:38

Bielefeld. Blickdichte Scheiben, bunte Symbole und Schilder, die den Zugang erst ab 18 Jahren erlauben. Spielhallen gehören in Bielefeld seit Jahren zum gewohnten Straßenbild. Insgesamt 61 sind es im Stadtgebiet, Sport-Wettbüros nicht mit gezählt. Für etwa die Hälfte der Spielhallen könnte Anfang Dezember Schluss sein.

Grund dafür ist der 2012 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag. Das Ministerium für Inneres und Kommunales NRW (MIK) hat darin festgelegt, dass Spielhallen zukünftig mindestens 350 Meter voneinander entfernt sein müssen, um Spieler vor dem Abrutschen in die Sucht zu schützen.

Außerdem schreibt das Regelwerk vor, dass Spielhallen nicht in der Nähe von Einrichtungen für Kinder und Jugendliche erlaubt sind. Am 30. November 2017 läuft die Übergangsfrist aus.

Bielefeld verdient gut an den Spielhallen

„Für die Umsetzung und Einhaltung des Glücksspielstaatsvertrags sind die Kommunen zuständig", sagt MIK-Sprecher Oliver Moritz. Wie konsequent die Bielefelder Verwaltung das umsetzen wird, bleibt abzuwarten. Schließlich hat die Stadt 2015 rund 5,4 Millionen Euro Vergnügungssteuer eingenommen. 2016 waren es sogar 5,7 Millionen Euro, zuzüglich Gewerbe- und Umsatzsteuer.

„Die Entwicklung der Anzahl von Spielhallen hängt davon ab, wie viele Erlaubnisse wir aufgrund von Härtefallregelungen erteilen werden", sagt Uwe Borgstädt, Sprecher der Stadt.

Die Vorgaben für solche Ausnahmen sind schwammig und unkonkret. Die 350 Meter Entfernung scheinen willkürlich, andere Bundesländer haben kleinere und größere Abstände vorgegeben. „Wir bewegen uns da im Ungefähren und das ist nicht schön", sagt Mario Hoffmeister, Sprecher der Gauselmann AG. Das Espelkamper Unternehmen betreibt vier Spielhallen in Bielefeld.

"Ein Drittel der Umsätze wird schon längst im Internet gemacht"

„Wir halten die neue Regelung für kontraproduktiv", sagt Hoffmeister. Entstanden sei die unter der Prämisse der Eindämmung von Spielsucht, „aber sie bringt nichts". Die Branche habe sich schon lange auf Maßnahmen gegen die Spielsucht verständigt.

Mitarbeiter würden geschult, Spielsüchtige zu erkennen und anzusprechen, der TÜV prüfe Vorgaben, wie Abstand und Anzahl von Spielautomaten, und ein neues biometrisches System verwehre zu jungen Kunden den Zutritt. „Ein Drittel der Umsätze im Glücksspiel werden schon heute im Internet gemacht", sagt Hoffmeister. „Und da gibt es praktisch keine Kontrollen."

Fielen Ende des Jahres die Hälfte der Spielhallen weg, würden noch mehr Spieler zu Online-Glücksspielen wechseln. Die Schutzmaßnahmen der Spielhallen hätten dann kaum noch Wirkung.

Unklar findet Hoffmeister auch den Sinn der neuen Abstandsregelung: „Wenn jemand eine Spielhalle verlässt, ist doch die Gefahr nicht groß, dass er direkt nebenan in die nächste Spielhalle geht." Wahrscheinlicher sei doch, dass er nach mehreren Kilometern auf dem Weg nach Hause noch mal Halt macht.

INFORMATION


Staatsvertrag

  • Der neue Glücksspielstaatsvertrag trat 2012 in Kraft.
  • In NRW endet die Übergangsfrist am 30. November 2017.
  • Ab dann müssen Spielhallen mehr als 350 Meter Abstand voneinander haben.
  • Für die Umsetzung sind die Kommunen zuständig.
  • Betreiber können eine Erlaubnis aufgrund einer Härtefallregelung beantragen.