Die gute alte Papier-Pinnwand hat an der Uni Bielefeld überlebt

Bielefeld. In Zeiten von Facebook und Ebay-Kleinanzeigen werden Papier-Notizen und Inserate immer häufiger durch digitale Varianten ersetzt. Doch es gibt Ausnahmen, die sich standhaft zeigen. Die große Halle in der Uni Bielefeld ist so ein Fall. Smartphones und Laptops sind auch hier an der Tagesordnung – aber wer etwas sucht, etwas braucht oder etwas anbietet, der bringt es zu Papier und heftet es an die Wand. Rechts und links der Galerie erstrecken sich quer durch die Haupthalle die Pinnwände. Der Bedarf, sich hier zu äußern scheint groß. Lücken gibt es selten – hier wird übergeklebt statt abgehängt. Ab und an würden die Wände auch entzettelt, sagt Norma Langohr, Pressesprecherin der Uni. &bdquo;Aber wer nicht mehr kontaktiert werden will, ist grundsätzlich selbst dafür zuständig, sein Inserat wieder abzuhängen." Formale Vorgaben für Aushänge gibt es nicht: Sie werden geklebt und gepinnt, erreichen Plakatgröße oder sind so klein, dass der Betrachter fast hineinkriechen muss, um sie lesen zu können. Inhaltlich reichen sie von der einfachen Nachhilfe über Freizeitgesuche bis zum humorvollen Angebot"Philosophie to go". PINNWAND-POET Unser Alltag verträgt mehr Poesie. Diese These vertritt ein Bielefelder, der seine Dienste als Poet an der Pinnwand anbietet. Bei ihm melden sich Menschen, die für Familienfeiern noch ein persönliches Gedicht benötigen oder jemandem ihre Liebe gestehen wollen. Der Pinnwand-Poet möchte anonym bleiben, verrät aber, dass er Erziehungswissenschaften studiert hat und nun bei Ikea arbeitet. Statt seines Namens hat er der Lokalredaktion einen kleinen Vorgeschmack auf seine lyrischen Leistungen gegeben: WOHNPROJEKT Nicole Makowka möchte mit ihrer Tochter Leni (2 Jahre) nach Bielefeld ziehen und sucht Gleichgesinnte für ein gemeinsames Wohnprojekt. Direkt in der Uni rechnet sich die Lehrerin die größten Erfolgschancen aus. Sie habe in Bielefeld studiert und die Erfahrung gemacht, dass die Pinnwand als Kommunikationskanal funktioniere. &bdquo;Wenn ich hier niemanden finde, wo denn sonst", sagt sie und lacht. Bislang lebt die Alleinerziehende in Delbrück im Kreis Paderborn. Großeltern würden nicht in ihrer Nähe leben, deshalb sei die Organisation des Alltags manchmal schwierig. Sie wünscht sich eine Art Wohngemeinschaft, bei der sich die Beteiligten gegenseitig unterstützen würden. Wie alt die Menschen sein sollen? &bdquo;Nicht so wichtig", sagt Makowka. Sie wünsche sich nur, bald nicht mehr alleine zu sein. TRAINER GESUCHT Sabine Neumann weiß nicht, was sie noch tun soll: Seit einem halben Jahr ist die stellvertretende Abteilungsleiterin der Turner des VfL Ummeln auf der Suche nach einem Trainer für ihre Badminton-Jugend. Die Anforderungen seien gering, aber bislang habe sich niemand auf ihr Gesuch gemeldet. Deshalb versucht Neumann es jetzt an der Pinnwand in der Uni. &bdquo;Es ist eine bunt gemischte Truppe im Alter von 8 bis 15 Jahren, die einfach nur spielen will", erklärt sie. Von einem neuen Trainer erwarte sie, dass er die sportlichen Grundbegriffe kenne, einen Draht zu Kindern habe und die Regeln vermitteln könne. KLETTER-AKTION Chantal Höller-Holtrichter ist Mutter einer fünfjährigen Tochter. Als die zuletzt den Wunsch äußerte, klettern zu wollen, hängte Höller-Holtricht einen Zettel an die Pinnwand in der Uni und bekam noch am selben Tag einen Anruf: Eine Studentin, die im Bielefelder Verein &bdquo;Hoch hinaus" aktiv ist, erklärte sich bereit, das Mädchen zu begleiten und anzulernen. &bdquo;Als Kommunikationsplattform ist die Wand in der Uni nur schwer zu ersetzen", sagt Höller-Holtrichter. Nur hier könne sie so viele junge Leute ansprechen und ihre Zielgruppe lokal eingrenzen.

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