Bielefeld

Pokémon-Jagd auf dem Friedhof spaltet die Gemüter

Pokémon Go"-Spieler verabreden sich auf dem Sennefriedhof, um die virtuellen Taschenmonster zu fangen

Nora Pfützenreuter
16.07.2016 | 17.07.2016, 16:50
Realer Schauplatz: Diese beiden Pokémon-Spielerinnen versuchen, die virtuelle Arena am Krematorium auf dem Sennefriedhof einzunehmen. Dafür haben sie zuvor Pokémons mit bestimmten Fähigkeiten gefangen, die nun gegeneinander antreten können. - © Andreas Frücht
Realer Schauplatz: Diese beiden Pokémon-Spielerinnen versuchen, die virtuelle Arena am Krematorium auf dem Sennefriedhof einzunehmen. Dafür haben sie zuvor Pokémons mit bestimmten Fähigkeiten gefangen, die nun gegeneinander antreten können. | © Andreas Frücht

Bielefeld. Friedhöfe sind Orte des stillen Gedenkens. Als "Oasen der Ruhe" bezeichnet die Verwaltung auf ihrer Webseite die Friedhöfe der Stadt. Das scheint einige Fans des Handyspiels "Pokémon Go" nicht abzuhalten, in Gruppen den Sennefriedhof, den größten der Stadt, zu besuchen. Unterhalb des Krematoriums und neben Grabstätten flanieren dieser Tage öfter junge Leute, die ihren Blick fest auf die Displays ihrer Smartphones gerichtet haben.

Den Hinweis auf den ungewöhnlichen Spielort hat ein Video im Netz gegeben, in dem ein Bielefelder Student auf besagtem Friedhof unterwegs ist. Den Zuschauern erklärt er, wie man erfolgreich Pokémon sammelt und "ein starker Pokémontrainer wird". Er steht zu Beginn des Videos vor dem Krematorium. "Da hinten an der Alten Kapelle ist eine Arena", erklärt der "Pokémon"-Fan. Die Spieler tragen in Arenen Kämpfe mit ihren unterschiedlich starken Pokémon aus. Wer den Kampf gewinnt, darf die Arena einnehmen. Jeder Spieler gehört einem Team an, Rot, Gelb oder Blau.

»Spiel hin oder her - die Totenruhe sollte bewahrt werden«

Mitglieder der Facebook-Gruppe "Pokémon Go Bielefeld" haben sich über das soziale Netzwerk verabredet, am gestrigen Freitagabend von der Brackweder Kirche zum Sennefriedhof zu ziehen. In der Gruppe, die mittlerweile mehr als 1.000 Mitglieder hat, laden sie weitere Interessierte zu der Wanderung ein.

Das Spiel ist erst seit wenigen Tagen offiziell in Deutschland erhältlich. Ziel des Spiels ist es, möglichst viele und starke Pokémon zu fangen. Dafür müssen sich die Spieler draußen von Ort zu Ort bewegen und reale Sehenswürdigkeiten und Plätze wie die Sparrenburg oder den Jahnplatz aufsuchen. Mit Hilfe des GPS-Signals ihres Smartphones wird ihr jeweiliger Standort bestimmt. An einigen Orten ist es möglich, über sogenannte Lockmodule eine größere Zahl Pokémon anzulocken und zu fangen. 50 solcher Lockmodule sollten am Freitag auch auf dem Sennefriedhof eingesetzt werden, heißt es bei Facebook.

"Spiel hin oder her - die Totenruhe sollte bewahrt werden", teilt ein Anwohner aus Sennestadt mit, der anonym bleiben möchte. Als "total pietätlos und rücksichtlos" bezeichnet der 37-Jährige das Verhalten der Spieler auf dem Friedhof. "Dort liegen alle meine Vorfahren begraben, wir haben eine Familiengrabstätte", mahnt der Sennestädter an. Es müsse Besuchern möglich sein, ungestört zu trauern. Zudem sei es moralisch verwerflich, ein Video dieser Art auf dem Friedhof zu drehen. Es reicht ein Blick in die Friedhofssatzung, denn da heißt es: "Jeder hat sich auf den Friedhöfen der Würde des Ortes entsprechend zu verhalten."

Die NW hat bei den Autoren des Videos nachgefragt, die beide aus Sennestadt stammen. "Wir spielen das Spiel die ganze Zeit und dachten, wir drehen eine Anleitung", sagt Kameramann Sascha Kunhart. Auf dem Friedhof seien in dem Spiel viele Pokémon anzutreffen. Dort gebe es bisher nur wenige Spieler, die einem zuvorkommen könnten. "Wir haben versucht, keine Gräber zu filmen", räumt er ein. Dennoch hätte sie von Besuchern Kritik gehört. "Wir haben betont, dass wir Rücksicht nehmen. Das ist das erste und letzte Video, das wir dort gedreht haben."

Beim Umweltbetrieb sind bislang keine Beschwerden eingegangen. Es gab noch keine Reaktion auf den Vorfall.