Mitte. 13 Jahre lang leitet Dorothea Bratvogel das Ceciliengymnasium. Nun verabschiedet sich die 67-Jährige zwar in den Ruhestand, ihre Reise durch die bunte Bildungslandschaft jedoch geht weiter - als Studentin.
Eigentlich hat Dorothea Bratvogel nie eine echte Wahl gehabt: Der Urgroßvater ist Lehrer und Schulleiter in Steinhagen, der Großvater in Höxter, der Vater in Halle, sogar die Mutter unterrichtet als junge Frau. Schule, sagt Bratvogel, war bei uns zu Hause immer ein Thema.
Mit dem Abitur in der Tasche führt Bratvogels Weg im Jahr 1967 von der Sarepta-Schule Bethel in Bielefeld an die Universität Münster. Sie folgt ihrer Leidenschaft für die Fremdsprachen und studiert Spanisch, Französisch und Deutsch auf Lehramt. Eine aufregende Zeit, erinnert sich Bratvogel. Seminare werden von Studentengruppen gestürmt, um gemeinsam über Sinn und Unsinn zu diskutieren. Eine Zeit lang ist Bratvogel selbst politisch aktiv, lässt sich sogar für das Studentenparlament aufstellen; unter anderem, um sich für eine BAföG-Erhöhung einzusetzen. Doch schon nach kurzer Zeit konzentriert sich Bratvogel wieder auf ihr Studium, macht zwei Auslandssemester in Lussan und Madrid.
Nach dem Staatsexamen 1972 führt der Weg zurück in die Heimat Bielefeld, um am Gymnasium am Waldhof ihr eineinhalbjähriges Referendariat anzutreten, bevor sie 1974 für ihre erste Anstellung als Lehrerin an das Kreisgymnasium in Halle wechselt - und dort 20 Jahre bleibt. Erst 1994, als Bratvogel von ihrem Bruder, damals Lehrer am Helmholtz-Gymnasium, erfährt, dass am Ceciliengymnasium Spanisch als Hauptfach und als Leistungskurs angeboten wird, kehrt sie zurück. Ihre Zeit am Ceciliengymnasium unterbricht sie in den Jahren 2001 bis 2003, um am Helmholtz-Gymnasium Erfahrungen als stellvertretende Schulleiterin zu sammeln. Doch sie kommt wieder - diesmal als Schulleiterin. Mittlerweile ist sie sogar Sprecherin der Bielefelder Gymnasien.
Die Entscheidung, Lehrerin zu werden, bereut Bratvogel nicht eine Sekunde. Sie liebt den Beruf, will Schüler auf dem Weg ins Erwachsenenleben unterstützen. Das Motto für das Schulprogramm hat sie selbst vorgeschlagen, ein Zitat von François Rabelais: "Ein Kind ist kein Gefäß, das gefüllt, sondern ein Feuer, das entzündet werden will." Unterricht und Schule, sagt Bratvogel, hat sich verändert. Heutzutage werden Schüler stärker mit einbezogen, ernstgenommen und wertgeschätzt. In einer perfekten Unterrichtsstunde in der Oberstufe, sagt sie, machen sich Lehrer und Schüler gemeinsam auf die Suche nach Lösungen. Während ihrer Karriere stößt Bratvogel immer wieder auf Herausforderungen. Die Größte sei der Wechsel von G9 auf G8 gewesen. Die Idee dahinter findet Bratvogel in Ordnung; nach den schlechten PISA-Ergebnissen sei klar gewesen, dass sich etwas ändern muss. Nur bei der Umsetzung hätte sich Bratvogel mehr Unterstützung vom Land gewünscht. In der Inklusion und Integration sieht sie die nächsten großen Themen der Schullandschaft.
Ihrer Verabschiedung am 1. Juli schaut die 67-Jährige gelassen entgegen. Immerhin warten neue Herausforderungen. So liebäugelt Bratvogel zum Beispiel mit dem Studiengang Neurolinguistik an der Uni Bielefeld. Außerdem will sie reisen, nach Japan, Prag, Wien, Hamburg und Berlin.