
Bielefeld/Aachen. Wenn am Donnerstag im Aachener Eurogress die Mitglieder des nordrhein-westfälischen Städtetages zusammentreten, bedeutet dies für das Bielefelder Stadtoberhaupt einen Karrieresprung. Oberbürgermeister Pit Clausen (53), wird aller Wahrscheinlichkeit nach von der Mitgliederversammlung zum neuen Vorsitzenden gewählt. Clausen ist jedenfalls einziger Kandidat, seine Wahl gilt also als sicher.
Dem NRW-Städtetag gehören die wichtigsten Städte im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland an, insgesamt 39 an der Zahl (23 kreisfreie und 16 kreisangehörige Städte). Aus Ostwestfalen-Lippe gehören Bielefeld und Herford dem Städtetag an. Insgesamt vertritt der Städtetag „nur" 39 Städte, doch wohnen hier mit mehr als neun Millionen mehr als die Hälfte aller Einwohner von NRW.
Der Städtetag ist also der Verband der Großstädte, während die Kreise und kleineren Kommunen im Städte- und Gemeindebund zusammengeschlossen sind.
Alle zwei Jahre wechselt der Vorsitz
Seit 2014 bereits stellvertretender Vorsitzender
Mit Clausen tritt erstmals ein Bielefelder Oberbürgermeister an die Spitze des Großstadtbundes. Clausen, der seit 2009 OB in Bielefeld ist. Schon kurz nach seiner ersten Direktwahl zum OB wurde der aus Düsseldorf stammende Sozialdemokrat, der vorher als Richter am Bielefelder Arbeitsgericht tätig war, Mitglied im Vorstand des Städtebundes, ein Amt das auch sein langjähriger Vorgänger Eberhard David (CDU) innehatte. Seit 2014 ist Clausen nun stellvertretender Vorsitzender des NRW-Städtebundes.
Beim NRW-Städtetag ist es Usus, dass der Vorsitz alle zwei Jahre neu vergeben wird. Dabei wechseln sich die beiden großen Parteien CDU und SPD ab. Auch deshalb folgt auf den Christdemokraten Thomas Hunsteger-Petermann (OB Hamm) nun der Sozialdemokrat Pit Clausen. Hunsteger-Petermann war allerdings nur wenige Monate im Amt, weil er nur noch die Amtszeit des CDU-Oberbürgermeisters von Wuppertal, Peter Jung, beendet. Jung war im September 2015 ausgeschieden, weil er bei der Oberbürgermeisterwahl in Wuppertal dem Sozialdemokraten Andreas Mucke (59,7 Prozent) unterlegen war.
Der Bielefelder Oberbürgermeister jedenfalls wird jetzt öfters nicht nur in seiner Stadt, sondern im ganzen Land dienstlich unterwegs sein. Vier- bis fünfmal trifft sich der Vorstand des Städtebundes, ebenso häufig kommt das Präsidium des Deutschen Städtetages, dem Clausen nun ebenfalls angehört, zusammen. Dazu kommen noch Anhörungen und Beratungen bei der Landesregierung.
Clausen erläutert seine Schwerpunkte im neuen Amt
Bereits am Mittwoch weilte Clausen in Aachen, wo der Vorstand des NRW-Städtetages die Mitgliederversammlung vorbereitete. In einem Telefoninterview während der Autofahrt nach Aachen erläuterte Clausen die Schwerpunkte seiner Arbeit im neuen Amt.
In harten Gesprächen mit der Landesregierung möchte er durchsetzen, dass die Kostenerstattung für die Kommunen bei der Flüchtlingsunterbringung fairer geregelt wird. Dabei geht es nicht nur darum, dass für das Jahr 2017 die längst fällige Umstellung auf eine Kostenerstattung pro Kopf erfolge. Es gehe auch um die Höhe des Pro-Kopf-Betrages. Clausen: „Die zuletzt besprochenen 10.000 Euro pro Flüchtling reichen nicht mehr. Der Betrag muss erhöht werden." Der künftige NRW-Städtetags-Chef geht davon aus, dass im Spätsommer darüber mit dem Land verhandelt werden müsse.
Außerdem will Clausen sich dafür einsetzen, dass die Kommunen bei den Kosten für die Unterkunft von Sozialhilfeempfängern entlastet werden. Bislang beteilige sich der Bund mit 32 Prozent an den milliardenschweren Kosten, die Kommunen möchten, dass der Bund künftig die gesamten Unterkunftskosten übernimmt.
Clausen erläuterte die Situation: Seit 2005 sei der Aufwand der Kommunen bei den Unterhaltskosten um 20 Prozent auf jetzt 3,8 Milliarden Euro gestiegen. Es sei zu erwarten, dass die Zahl der Berechtigten und damit auch der Gesamtaufwand durch die Flüchtlingszuwanderung in den nächsten Jahren weiter deutlich steige. Das aber seien Entwicklungen, die von den Kommunen selbst nicht gesteuert werden könnten. Deshalb sei dies eine Bundesaufgabe, so Clausen.