
Bielefeld. Seinen überraschenden Abgang beim Bankhaus Lampe teilte die zur Oetker-Gruppe gehörende Privatbank lediglich in einem Brief an die Mitarbeiter mit. Carl Ferdinand Oetker (42), Generalbevollmächtigter und Mitgesellschafter von Lampe, verlässt das Bankhaus bereits zum Monatsende. Damit erhalten Spekulationen über den monatelangen Familienzwist im Hause Oetker neue Nahrung.
Angesichts des erbitterten Machtkampfes zwischen den Halbgeschwistern um die künftige Führung der Unternehmensgruppe hatte Carl Ferdinands 80-jährige Mutter Maja Oetker erst kürzlich dieser Zeitung gesagt: "Ich kann nichts bewirken." Und die Witwe des verstorbenen Firmenpatriarchen Rudolf-August, Vater von acht Kindern aus drei Ehen, ergänzte noch: Falls es ihr ältester Sohn Alfred nicht werden sollte, stehe ja Ferdinand (42), ihr Zweitältester, bereit.
Doch dass der Banker noch berufliche Ambitionen im Oetker-Konzern hegt, dürfte inzwischen eher unwahrscheinlich sein. "Künftig möchte er sich verstärkt seinen eigenen unternehmerischen Interessen und Aufgaben widmen", schrieb der Vorstand des Bankhauses Lampe. Der 42-jährige Oetker-Spross bleibe der Bank aber als Gesellschafter verbunden - neben seinen sieben (Halb-)Geschwistern und der August Oetker KG halten alle gleich viele Lampe-Anteile. In Bankenkreisen vermutet mancher, Ferdinand habe keine beruflichen Perspektive bei der Bank gesehen. Fakt ist: Als Nicolas Blanchard (46) im vergangenen Mai seine Aufgabe als neuer dritter persönlich haftender Gesellschafter des Bankhauses antrat, hielt sich Carl Ferdinand Oetker mit seiner Ehefrau Narcisa, Tochter des Bielefelder Radiologen Agron Lumiani, und seinen Kindern bereits im fernen sonnigen Australien auf, wo er immerhin ein Dreivierteljahr lang eine Auszeit nahm und ein sogenanntes "Sabbatical" einlegte, wie es im Bankerjargon heißt. Auf der beruflichen Lampe-Karriereleiter konnte der charmante Banker nicht weiter aufsteigen. Vermutlich als Aushängeschild der Familie beriet er äußerst reiche, ausgewählte Kunden. Nach seinem Weggang wird seine Stelle in Düsseldorf nicht neu besetzt. Auch aus den Beiräten zweier Lampe-Töchter (Lampe Asset Management GmbH, Lampe Privatinvest Management GmbH) zieht sich Ferdinand zurück.
Chefkontrolleur des Bankhauses ist ohnehin der langjährige Ex-Finanzchef der Oetker-Gruppe, Ernst Schröder, der viele Jahre eng mit dem Patriarchen Rudolf-August Oetker und auch dessen ältesten Sohn August Oetker (70), heutiger Beiratschef der Oetker-Gruppe, zusammengearbeitet hat. Einzig für seinen Sohn August hat der Patriarch testamentarisch verfügt, dass er ausnahmsweise bis zum 75. statt bis zum 70. Lebensjahr als Chef die Oetker-Gruppe kontrollieren soll. Für keinen anderen Sohn, auch nicht für Augusts Halbbrüder Alfred und Ferdinand, hat der Patriarch eine testamentarische Verfügung über künftige Posten hinterlassen.
Carl Ferdinand Oetker, der wie sein älterer Bruder Alfred (46) als ehrgeizig gilt und aus der dritten Ehe des Patriarchen stammt, hatte 2004 beim Bankhaus Lampe zunächst als Direktor in Düsseldorf (Zentrale Kreditabteilung) begonnen. 2005 übernahm er die Leitung der Region Nord, leitete die Niederlassung Hamburg - bis 2009. Dann wurde er Generalbevollmächtigter und trat vermehrt auch als Gastredner in Erscheinung, etwa bei der Katag-Cheftagung in Bielefeld.
Nun will sich der Banker auf andere Aufgaben konzentrieren. Er ist nicht nur stellvertretender Aufsichtsratschef der börsennotierten Stada Arzneimittel AG (Bad Vilbel) und sitzt in Beiräten mehrerer Unternehmen wie der Hela Gewürzwerk Hermann Laue GmbH. Er hält auch Anteile an familienfremden Firmen. So stockte er als Kommanditist der Wink Stanzwerkzeuge GmbH & Co. KG (Neuenhaus) 2014 seine Anteile auf fast 5 Millionen Euro auf, kaufte Alfreds Anteile (1,5 Mio. Euro) und hält den Löwenanteil. Die Verwaltungsgesellschaft sitzt in Bielefeld.