Und ganz plötzlich ist es wieder da, dieses schwer zu stillende Fernweh. Ausgelöst durch zwei Fernsehserien, die auf Amazon Prime und Netflix laufen. Die heißen „Bosch" und „Goliath". Hieronymus „Harry" Bosch ist Detective der Mordkommission von Los Angeles, gespielt von Titus Welliver nach der Romanvorlage von Michael Connelly. In dem Anwaltsdrama „Goliath" mimt Billy Bob Thornton („Bad Santa") den Anwalt Billy McBride, der sich mit Reichen, Mächtigen und mit einem hasserfüllten Anwaltskollegen anlegt. Beide TV-Serien spielen in Los Angeles, der kalifornischen Metropole am Pazifik. Wer LA besucht, den nimmt die Millionenstadt schnell für sich ein.
Da ist zum einen das besondere Licht in der Stadt der Engel, diese durchdringende Helligkeit am Tage. Das magische Glitzern der ruhelosen Stadt in der Nacht zeigt sich am besten von den Terrassen des wie eine Moschee anmutenden Griffith Observatoriums im gleichnamigen Park. Los Angeles ist eine relativ flach bebaute Stadt. Wohl auch, weil gelegentlich die Erde bebt. Nur in Downtown ragen Wolkenkratzer in den meist blauen Himmel. Mittendrin steht das 1928 im Art-Déco-Stil fertiggestellte Rathaus, die City Hall. Nur wenige Besucher wissen, dass man die umlaufende Außengalerie im 27. Stockwerk besuchen kann. Eine kurze Registrierung am Empfang, zum Beispiel mit dem Führerschein, reicht aus. Mit einem „Visitor"-Schild an der Brust genießt man dann nach einer Aufzugfahrt (einmal umsteigen) kostenlos eine der besten Aussichten auf LA. Zum Beispiel auf die von Frank Gehry in seinem unverwechselbaren Stil erbaute Walt Disney Concert Hall. Wie ein avantgardistisches Schmuckstück glitzert der Bau silbern unter kalifornischer Sonne.
Wer einige Tage durch Los Angeles streift, sieht fast zwangsläufig irgendwo Dreharbeiten. Das durchweg gute Wetter, großartige Kulissen und die Verfügbarkeit von Technik und Schauspielern tragen dazu bei. Für Erstbesucher gehört ein Spaziergang über den Walk of Fame zum Standardprogramm. Dabei fällt neben den ganz Großen des Hollywood-Films ein Stern mit dem Namen „Una Merkel" (1903-1986) auf. Die ist in Deutschland so gut wie unbekannt und weder verwandt noch verschwägert mit Angela. Vielmehr begann die aus Kentucky stammende Schauspielerin beim Stummfilm, wurde 1962 sogar für einen Oscar nominiert und spielte ihre letzte Rolle 1966 in einem Streifen mit Elvis Presley. Wer sich zu Fuß Appetit erarbeitet hat, kehrt vielleicht im Musso and Frank Grill ein, dem ältesten Lokal am Hollywood Boulevard. Seit 1919 geht hier Filmprominenz ein und aus. Tipp von der Karte: Fettucini Alfredo.
Es gibt eben viel Ungewöhnliches zu entdecken in Los Angeles. Dazu gehört die nur zehn Minuten zu Fuß vom Rathaus entfernte Standseilbahn Angels Flight in Downtown. In ihr wird in einer der „Bosch"-Folgen ein Anwalt ermordet, der gegen Polizeigewalt an Schwarzen kämpft. Ganz in der Nähe lohnt ein Besuch der von Palmen umstandenen Union Station. Die Art-Déco-Hallen des Bahnhofs von 1939 dienten im April der Oscar-Verleihung als Kulisse.
In Santa Monica, das nicht zur Stadt Los Angeles, aber zum LA County gehört, kann man im Ocean Lodge Hotel übernachten, sofern nicht gerade für die angekündigte vierte Staffel von „Goliath" gedreht wird. Billy Bob Thornton hat dort als alkoholkranker Anwalt Billy McBride sein Lotterbett in einer Ecke der improvisierten Kanzlei stehen. Seine Tränke Chez Jay ist nur ein paar Schritte entfernt. Das Traditionslokal existiert seit 1959. Einer der ersten Männer auf dem Mond, Alan Shepard, nahm der Legende zufolge eine der an der Bar seines Stammlokals servierten Erdnüsse mit auf die Rundreise zum Erdtrabanten. Die „Astro-Nut" liegt heute angeblich im Tresor von Chez Jay. Von hier sind es nur wenige Meter zum Santa Monica Pier, westliche Endstation der Route 66. Muscle Beach, wo der spätere Gouverneur von Kalifornien, Arnold Schwarzenegger, in den 1970er Jahren seine Muskeln spielen ließ, und die Kanäle des bezaubernden Little Venice, ebenfalls Drehort für „Goliath", sind nach einem etwa dreiviertelstündigen Strandspaziergang zu erreichen. Auch morbiden Charme hat LA zu bieten. Auf dem Friedhof Hollywood Forever am Santa Monica Boulevard ruhen neben anderen Stars Judy Garland, Mickey Rooney und Burt Reynolds.

Los Angeles abseits schnurgerader Straßen erschließt sich in Beverly Hills, in den Hollywood Hills und in Bel Air. Prachtvolle Villen stehen dort neben schlichten Bungalows aus den 1960er Jahren. Von Bel Air aus ist es nicht weit zum Getty Center in Brentwood. Der Eintritt ist kostenlos, das Parken kostet 20 Dollar. Die Sammlung des Ölmagnaten J. Paul Getty reicht von den Etruskern bis zur Moderne. Vom Museum erreicht man in fünf Minuten über Highway 405 den Abzweig zum Mulholland Drive. Die kurvige Panoramastraße führt zu schönen Aussichtspunkten. Sie endet unweit der Hollywood Bowl, einem Veranstaltungsort für Freiluft- Konzerte, an dem schon die Beatles und die Stones gespielt haben. Es lohnt sich, vor einer Reise nach LA das Internet nach Events in der Stadt zu durchforsten. Karten sind schnell bestellt und können vor Ort abgeholt werden.
Was wäre Kalifornien ohne Straßenkreuzer? Billy McBride besitzt in „Goliath" ein 1965er Ford Mustang Cabrio in Candy Apple Red. Wer mehr schicke Autos sehen will, fährt am Freitagabend zu Bobs Big Boy Diner in Burbank. Dort gibt es nicht nur die berühmten Double Decker Hamburger, es trifft sich auch immer freitags zwischen 16 und 22 Uhr die südkalifornische Oldtimerszene. Manchmal taucht sogar Jay Leno für ein Benzingespräch auf. Die amerikanische Talkshow-Legende mit dem markanten Kinn ist leidenschaftlicher Klassiker-Fan und besitzt nach jüngster Zählung etwa 180 Autos und 160 Motorräder. Nur von „Oldtimern" sollten deutsche Fans bei Big Boy nicht sprechen. Das sind nämlich im amerikanischen Sprachgebrauch alte Männer. Die alten Autos heißen hier Classic oder Vintage Cars.
INFORMATION
Trip-Tipps
Anreise:
Mit dem Flugzeug ist man von Frankfurt nach LA nonstop knapp zwölf Stunden unterwegs.
Einreise:
Für die Einreise in die USA ist außer dem Reisepass eine elektronische Genehmigung (ESTA) erforderlich. Sie kostet 14 Dollar (per Kreditkarte). Das Formular kann nur im Internet ausgefüllt werden. Vorsicht: Dienstleister im Netz helfen bei der ESTA, berechnen aber ein Vielfaches. Offizielle Website:
Corona-Lage:
Aktuell ist die Einreise in die USA für Touristen aus Deutschland nicht möglich. Der Impffortschritt in weiten Teilen der USA ist gut, die Infektionslage jedoch je nach Bundesstaat unterschiedlich. Reisefachleute erwarten, dass Präsident Biden im Juni eine Entscheidung über die Aufhebung der Reisebeschränkungen trifft.
Infos:
www.discoverlosangeles.com