Wer an der Küste bleibt, kann keine neuen Ozeane entdecken", stellte bereits der portugiesische Weltumsegler Ferdinand Magellan (1480 bis 1521) fest. Und machte sich auf, um unbekannte Orte zu entdecken.
Zugegeben: Einer Portion Abenteuerlust bedarf es auch, um sich zu einem Besuch der nigerianischen Millionenstadt Lagos zu entscheiden. Doch Abenteuer sind bekanntlich erstrebenswert (Aristoteles). Und an ihnen wird es dem Reisenden in der mit rund 22 Millionen Menschen bevölkerten, zweitgrößten Stadt Afrikas, auf keinen Fall mangeln.
Einmal unterwegs, gilt es zunächst tapfer zu sein. Und man darf sich streiten, ob das Lesen der Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes oder das nervenaufreibende Einreiseprozedere am „Murtala Mohammed International Airport", einem Flughafen mit dem Charme eines schlecht klimatisierten Verwaltungsgebäudes aus den 70er Jahren, als anstrengender empfunden wird.
Fest steht: Nigeria ist kein Reiseland für Rucksacktouristen. Während der Nordosten des Landes, welches von der Fläche her in etwa dreimal so groß wie Deutschland ist, unbedingt gemieden werden sollte, kann eine Stadt wie Lagos im Südwesten des Landes mit ein wenig Vorsicht sehr wohl besucht werden.
Täglich erreicht man die Riesen-Metropole am Golf von Guinea über die Drehkreuze aller renommierten Airlines von Europa aus in etwa sechs Stunden Flugzeit. In den Fliegern tummeln sich Einheimische mit viel Gepäck, Transitreisende, Arbeiter, Studenten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und sozialen Projekten. Sowie natürlich jede Menge Geschäftsleute, die in dem ölreichen demokratischen Staat ihrer Arbeit nachgehen.
Letztgenannte kommen meist in den Geschäftsvierteln in Lagos Island unter, wo bekannte Hotelketten zu exorbitanten Preisen westlichen Standard und hohe Mauern bieten. „So wird man Lagos aber natürlich nicht kennenlernen", sagt Chemie-Ingenieur Austin Kenechukwu (30), der nach dem betriebsbedingten Verlust seiner Arbeitsstelle seit rund einem Jahr als Fahrer des Unternehmens Uber sein Geld verdient. Und von Touristen auch schon mal gleich tage- oder wochenweise gebucht wird. Und diese Art des Entdeckens der Stadt auch empfiehlt.
Denn: Zu moderaten Kosten in einen Fahrer zu investieren, der Stadt, Land und Leute kennt und letztlich wie ein Guide fungiert, macht so einiges leichter. Und schafft nicht zuletzt dank heutiger Buchungsmöglichkeiten über Hotels und Internetportale sowohl für Fahrer als auch Reisende eine Win-Win-Situation, quasi einen „Fair-Trade".
Eine andere Möglichkeit gibt es wohl kaum, um die Mega-Stadt in Äquatornähe bei durchschnittlichen 30 Grad zeitnah und zielorientiert zu erkunden. Es sei denn, man möchte im Tuk-Tuk, einer massenhaft aus Indien importierten Taxi-Rikscha, oder mindestens zu zehnt in über 30 Jahre alten, knallgelb lackierten Bullis von A nach B gelangen.
„Ich liebe Lagos. Aber ich hasse den Verkehr", gibt Kenechukwu unumwunden zu, während er seinen Toyota Corolla sicher und entspannt an Schlaglöchern, stockendem Verkehr und fliegenden Händlern vorbeimanövriert. Was den Verkehr betrifft, scheint es so, als habe die Infrastruktur den Kampf gegen das Bevölkerungswachstum schon lange verloren. Wer meint, in südeuropäischen Metropolen beim Auto fahren schon viel erlebt zu haben, muss erst einmal nach Lagos kommen. Mehr geht nicht!
Hat man sich dann durchgekämpft, warten lange Atlantik-Strände im Karibikstil, Beachcafés und gehobene Restaurants, darunter auch ein Hard-Rock-Café, im gehobenen Geschäftsviertel Victora Islands auf Besucher. Genauso wie der bekannte Lekki Beach nahe der von Ko- kosplamen und Regenwald umgebenen Lekki-Lagune. Sie liegt in Sichtweite zu „Eko Atlantic City", einer künstlich aufgeschütteten Halbinsel, die als „Dubai Afrikas" deklariert wurde, doch noch ein lange nicht fertiggestelltes Mammut-Projekt ist.
Freunde von Märkten werden dagegen eigentlich überall in der City fündig. Denn verkauft wird alles. Überall. In Shops genau wie zwischen den Fahrzeugschlangen auf den Straßen und Autobahnen. Präsentiert werden die Güter, ob Weingläser, Uhren, Bananenchips oder Kopfhörer, nicht nur in den Auslagen. Sondern auch auf den Köpfen balanciert sowie in durch die Gassen geschobenen Handkarren.
So richtig kunterbunt und wuselig wird es jedoch im Zentrum der Stadt. Zum Beispiel rund um die Abibu Oki Street. Wo Lederwaren, Schmuck und Stoffe von guter Qualität locken. Natürlich kann man sich auch in den vielen Nähstuben Maßgefertigtes bestellen. Wie bei Goodluck Ibhaze (35), die mit ihrem Mann Fred (40) einen kleinen Näh- und Wäscheservice fast rund um die Uhr im Stadtteil Surulere betreibt. Wenn nicht gerade mal wieder der Strom ausfällt. Und der Benzin-Generator anspringt, der monatlich gleich bis zu 25 Prozent des Umsatzes auffrisst.
„Leider sind Solaranlagen für uns zu teuer. Sonst wäre das eine Option", sagen die Geschäftsleute.
Wer gerne erlebnisorientiert reist und Neues entdecken möchte, dürfte in Lagos jede Menge Abwechslung und viele neue Horizonte finden. Und zu der Erkenntnis gelangen, dass es durchaus möglich ist, eine Reise in das „Nicht-Reiseland" Nigeria zu wagen.
INFORMATION
Für die Einreise nach Nigeria benötigen deutsche Staatsbürger ein Visum, welches bei der Botschaft der „Federal Republic of Nigeria" in Berlin (nigeriaembassygermany.org) beantragt werden kann. Die Gebühren hierfür betragen etwa 100 Euro. Um das Visum zu erhalten, sind auch auch spezielle Impfungen (unter anderem gegen Gelbfieber und Typhus) zwingend erforderlich. Der Hausarzt berät zur Malaria-Vorsorge.
Übernachten
Hotels gibt es in vielen Preiskategorien, buchbar auch auch in vielen bekannten Reiseportalen. Um einen gewissen Sicherheitsstandard zu gewährleisten, sollten bei der Hotelauswahl keine Herbergen unter 50 Euro pro Nacht gewählt werden.
Wichtig
Vor Reisen nach Nigeria sollten die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes aufmerksam studiert werden.