
Vergessen Sie Ihre wasserabweisenden Gamaschen, packen Sie gleich eine Regenhose ein! Irland zu Fuß zu erkunden, ist mit der richtigen Ausrüstung ein Traum für jeden Wanderer. Wem Wind von allen Seiten und Regen in allen Variationen nichts ausmachen, erlebt eine sattgrüne Landschaft voll Schafen, Mythen und Meeresduft.
Kenner sagen, der Norden Irlands sei schroffer als der Süden. Felsiger, rauer, ein wenig karger und mit höheren Hügeln. Die nordirische Causewayküste bildet mit ihren Steilhängen die ideale Kulisse für Spaziergänge und Erkundungstouren – und nicht nur für die. Entlang der Küstenlinie zwischen Belfast und dem Giants Causeway, der steinigen UNESCO-Welterbestätte, fährt der Besucher an vielen Drehorten der Fernsehserie Game of Thrones vorbei.
Obacht, es herrscht Linksverkehr. Wer im Mietwagen unterwegs ist und am Kreisverkehr ins Stocken kommt, ist daher gut beraten, einheimische Autofahrer freundlicherweise vorbeizulassen. Entfernungen und Geschwindigkeitsbeschränkungen sind übrigens nur in Nordirland in Meilen angegeben (gemäß dem Standard in Großbritannien). In der Republik Irland wird dagegen in Kilometer gemessen.

Sämtliche Schauplätze von Game of Thrones sind mit Schildern markiert und listen auf, welche Filmfigur in welcher Staffel was getan hat an eben diesem Ort. In Kleinbussen oder Kleinwagen reisen Filmfans aus dem Ausland an. Angebotene Rundtouren beschäftigen sich nur mit diesem einen Thema. Da ist es egal, ob es sich um eine Höhle, eine Bucht oder einen beliebigen grünen Hügel handelt. Alles scheint spannend zu sein.
Erfreulicherweise ist Nordirland trotzdem nicht überlaufen von Touristen. Das ist ein Grund, warum es wenige Verbotsschilder gibt und wenig wilden Müll. Wege führen häufig nahe der Küstenlinie entlang, ohne störende Zäune zur schroff abfallenden Küste hin.

Überwinden müssen Wanderer dagegen Weidezäune und flache Steinmauern, die die Grundstücke der Schafzüchter voneinander trennen. Das ist leicht, dafür gibt es Holzleitern und Metalltore, die nur Zweibeinern den Weg freimachen. Schilder weisen darauf hin, dass die Weideflächen bewirtschaftet und Hunde auf den Viehweiden verboten sind.
Auf weitläufigen Flächen geben hölzerne Wegweiser die Richtung vor, auch im Hochmoor auf dem Antrim Hills Way. Für den Fall der Fälle ist es sinnvoll, einen GPS-Empfänger mitzunehmen und die Routen von der Webseite www.walkni.com zu speichern. Denn nicht jedes Holzschild hält dauerhaft den sich kratzenden Schafen stand. Manche fallen mit der Zeit einfach um.

Andere Ziele kann der Wanderer gar nicht übersehen. Mehr als 400 Meter hoch ist der Slemish Mountain. Dort soll der heilige Patrick, der populäre Nationalheilige Irlands, Vieh gehütet haben. Heute kann jeder den Gipfel erklimmen und auf unbefestigten, steinigen Wegen den dunklen Berg erklimmen. Nach einem sportlichen Zick-Zack-Kurs entlohnt ein atemberaubender Blick über das Land.
Abgesehen vom dunklen Slemish-Gestein schweift der Blick über grüne Flächen aller Nuancen – dunkelgrün die Hecken, hellgrün die gemähten Wiesen. Die Farbpalette breitet ein weites Spektrum aus und doch ist das Wandern in Nordirland nie langweilig. An der Küste entlang finden sich immer wieder Sehenswürdigkeiten, die es lohnt, zu erkunden.
Im Glenariff Forest Park steht, wie der Name sagt, eine der seltenen Waldflächen der Region. Dort durchwandert man eines der neun Glens of Antrim, also ein Tal, und ist nach wenigen Minuten allein unterwegs im Mischwald mit seinen rauschenden Bächen und Wasserfällen. Deutlich touristischer geht es an der Carrick-a-rede-Seilbrücke und dem Giantss Causeway zu. Die Brücke ist mittlerweile in vielen Reiseführern erwähnt und führt über eine 30 Meter tiefe Schlucht. Tief geht es hinab, doch ist die Brücke mehr Pflichtprogramm denn Kür für Touristen. Tickets werden für bestimmte Zeitfenster verkauft, damit nicht zu viele Personen zeitgleich vor Ort sind.
Kostenfrei ist ein Gang entlang der Dark Hedges, einer Buchenallee mit weit ausladenden, bizarren Ästen. Zwischen den sich biegenden Bäumen tummeln sich unzählige Spaziergänger. Als das meistfotografierte Naturphänomen hebt die örtliche Tourismusbehörde die Allee hervor. Auch dort fanden Dreharbeiten für Game of Thrones statt. Auch dort gibt es noch keine Verbotsschilder. Noch wird das wilde Parken entlang der nahen Ballinlea Road geduldet.
Ähnlich lebendig geht es am Giants Causeway zu. Mit seinen vier-, fünf- und vor allem sechseckigen Steinformationen ist das Gebiet weltbekannt. Das Vulkangestein ragt bis ins Meer und eignet sich wunderbar zum Klettern und Fotografieren. Bis zum Strand gibt es einen Busshuttle. Der Andrang ist groß, der Zutritt ist kostenfrei, der Eintritt in das Besucherzentrum mit 11,50 Pfund nicht günstig.
Die steinernen Säulen sind ein Besuchermagnet. Der Sage nach baute ein Riese damit einen Überweg nach Schottland, um seinen Widersacher zum Duell zu fordern. Der kam schließlich aus Schottland herüber nach Irland, wo er auf die Frau des Riesen stieß und dessen vermeintliches Baby. Als er sah, wie riesig das Baby war, fürchtete er sich vor der Größe des Vaters, flüchtete zurück nach Schottland und zerstörte den Steinweg dabei hinter sich.
In Wahrheit haben sich die Säulen gebildet durch Spannungsrisse in der erkaltenden Lava. Dieselben Steinformationen finden sich auch an der schottischen Küste. Doch die fabelhafte Geschichte klingt viel wunderlicher. Mythen und Sagen haben eben Tradition in Irland. Auf angebliche Leprechauns, Fabelwesen, die am Ende des Regenbogens ihr Gold horten, weisen an manchen Stellen sogar Schilder hin.
Wer von Regenschauern und anderen Reisenden eine Pause braucht, setzt sich am besten für eine Verschnaufpause in einen gemütlichen Tea Room. Bei Scones mit Sahnecreme und Marmelade oder Kuchen mit einer dicken Schicht Karamell lässt es sich gut aushalten und auf dem GPS-Gerät die nächste Wanderroute planen über die grüne Insel.
INFORMATION
Gut zu wissen
Anreise
Wer Nordirland erkunden möchte, muss nicht ins nördlichere Belfast fliegen, um später Fahrzeit auf der Straße zu sparen. Die Fahrt vom Süden in den Norden, vom Flughafen Dublin bis beispielsweise in die Grafschaft Antrim, dauert nur drei Stunden. Alternativ zum Flugzeug gibt es Fährverbindungen, etwa zwischen dem französischen Cherbourg und dem irischen Ross-
lare.
Trend-Ziel
Game of Thrones hat die irische Tourismusbranche beflügelt und lockt jüngere Gäste an. Das bestätigt eine Sprecherin von Wikinger-Reisen. Der nach eigenen Angaben europäische Marktführer für Wanderreisen verzeichnet aktuell mehr Buchungen für die Region hoch im Norden. Und ein weiterer Trend sei zu beobachten: Die meisten Gäste besuchten erst die Republik Irland und dann Nordirland, während eines zweiten Urlaubs.
Währung
Im Süden Irlands ist der Euro das offizielle Zahlungsmittel. Im Norden zahlt man mit Pfund. Dort am Geldautomaten erhält man Banknoten der Bank of Ireland und anderer irischer Banken. Diese für einen Großbritannien-Urlaub aufzusparen, ist keine gute Idee, denn die nordirischen Scheine werden dort oft nicht angenommen.