
Vor knapp zwei Jahren ging für manche Videospiel-Freunde schon einmal ein Kindheitstraum in Erfüllung, als der italienische Rennspiele-Entwickler "Milestone" das Arcade-Racing-Spiel "Hot Wheels Unleashed" auf den Markt brachte. Jetzt ist es der vor allem für die Entwicklung von Sportspielen im 2K-Franchise bekannte US-amerikanische Videospiele-Entwickler Visual Concepts ("WWE 2K23", NBA 2K23"), der das Herz von kleinen und großen Klemmbaustein-Fans höherschlagen lässt.
Seit Freitag, 19. Mai 2023, ist nämlich "LEGO 2K Drive" auf dem Markt, ein ultra-spaßiges Rennspiel im Lego-Universum, das mit einem Humor-Level glänzt, bei dem die Jüngsten ihre Freude haben, aber auch die Erwachsenen lachend vom Sofa rutschen. Also, sinngemäß.
Worum geht's?
"LEGO 2K Drive" ist ein Fun-Racer, der in insgesamt vier frei erkundbaren und völlig unterschiedlichen Welten spielt. Tatsächlich gibt es auch eine Story, die uns rund zehn Stunden beschäftigt, obwohl wir dabei die ganze Zeit im Auto sitzen. Unser Ziel ist es, den Schurken Shadow Z zu besiegen und den sagenumwobenen Sky-Cup zu gewinnen.
Bis wir überhaupt erst in die Verlegenheit geraten, gegen den Obermotz anzutreten, müssen wir erst mal alle anderen Rivalen der Rennbahn beseitigen. Pro Spielwelt gibt es mehrere, für die wir dann auch noch unterschiedlich hohe Spiellevel erreicht haben müssen. Der Anreiz ist also hoch, und geschickterweise sind alle vier Biome mit allerlei Nebenmissionen gespickt, sodass wir genügend Möglichkeiten haben, unser Level zu erhöhen und das nächste Rennen angehen zu können.
Das hat uns gut gefallen

Willkommen also im hübschen Bricklandia! Mit voll Karacho brettern wir zu Land und zu Wasser durch die Landschaft (und manchmal auch völlig verrückt durch die Luft). Was sich uns in den Weg stellt, zerbricht, ach was!, zersplittert und zerbirst augenblicklich in alle erdenklichen Lego-Einzelteile (im echten Leben ein Grauen für alle, die Lego nur nach Anleitung bauen können). Autos, Bäume, Zäune, alles können wir niedermähen, wenn uns die Laune danach steht oder wir einfach nur richtig schlecht Auto oder Boot fahren. Beides macht einen Heidenspaß – und niemand wird verletzt.
In bester Rennspiel-Manier haben wir beim ersten zerstörten Baum sofort geprüft, ob unser Wagen irgendeine Schadensanzeige hat. Nichts! Wird unser destruktives Fahrverhalten irgendwie bestraft? Gar nicht! Ziehen die Lego-Figuren grimmige Gesichter? Nein! Reagieren andere Autofahrer wie bei "Grid Legends" damit, dass sie auf Nemesis-Modus umschalten und unsere erbittertsten Gegner werden? Nichts davon! Wir können weiterfahren wie bisher. Nicht mal eine "Need for Speed"-Polizei hängt uns im Nacken.
Was uns allerdings in die Quere kommen kann: unser eigener Hochmut. Denn sind schon Bäume und Autos für uns keine Hindernisse, werden uns doch wohl Scheunen und kleine Häuser kaum aufhal... Oh. Doch. Es ist also nicht alles zerstörbar, aber 2K hat auch dafür eine Lösung: Wir hüpfen einfach drüber. Klug ist, wer das Springen professionalisiert, denn es wird Nebenmissionen geben, wo wir etwa... Delfine wieder einsammeln müssen, die wegen ein paar Windhosen durch die Luft wirbeln.
Ja, sprechen wir mal über die (Neben-)Missionen: Mal müssen wir als Cyrano de Klemmbausteinerac Blumen ausliefern und Liebende zusammenführen, mal blaue Schweine einsammeln und in den Stall zurückbringen, dann wiederum drei Funkantennen vor Außerirdischen retten oder gar die Bewohner einer von Zombies heimgesuchten Stadt in sichere Gebiete geleiten. Und natürlich müssen wir immer wieder Strecken in einer bestimmten Zeit schaffen. Die Missionen sind meist relativ einfach zu beherrschen, weil sie sich natürlich eher an das jüngere Publikum ab sechs Jahren richten. Dennoch haben auch die Erwachsenen einen Riesenspaß.
Wie alle Fun-Racer muss sich auch "LEGO 2K Drive" den Vergleich mit "Mario Kart" gefallen lassen. Tatsächlich steckt auch ein bisschen "Mario Kart" drin, denn zum einen lassen sich unsere fahrbaren Untersätze wie das große Vorbild ganz wunderbar steuern (wir können sogar driften), zum anderen sammeln wir unterwegs nützliche Gimmicks ein. Nitro haben wir sowieso immer an Bord, ansonsten sind da sehr lustige Kanonen zu finden oder Raketen oder eine Geist-Funktion oder auch ein Spinnennetz, das wir hinter uns aufspannen können. Spidy hätte seine Freude daran. Etwas Ähnliches wie den blauen Helm aus "Mario Kart" gibt es glücklicherweise nicht, dafür etwas Ähnliches wie den grimmigen Kugelwilli: Wir können uns schön weit nach vorne teleportieren lassen.
Und dann haben unsere Vehikel noch einen ganz besonderen Superhelden-Move drauf: Fahren wir mit unserem Quad über eine staubige Sandstraße und treffen plötzlich auf einen See, säuft unser Quad nicht etwa ab, sondern verwandelt sich schwuppdiwupp in ein Boot. Rauscht das wieder an Land, und zwar möglicherweise noch auf eine gut asphaltierte Uferstraße, verwandelt sich das Boot knallebumm in einen Rennwagen. Das vermittelt eine solche Geschwindigkeit, dass selbst Lord Helmchen daran Gefallen finden würde.

Richtig grandios finden wir, dass wir alle Spielanteile auch zu zweit im lokalen Splitscreen spielen können. Das heißt: nicht nur die (etwas dürftigen) vier Pokalserien, nicht nur die Einzelrennen und Minispiele, sondern auch die gesamte Story. Online kann man dann sogar zu sechst durch Bricklandia kacheln, wenn man fünf Freunde hat. Will man eher gegen wildfremde Lego-Frauen und -Männer antreten, kann man sich aber noch zwei Freunde zur Unterstützung ins eigene Team holen. Wir sind baff, wie offen dieses Spiel für freundschaftliche Interaktionen ist und vor allem: wie gut das auch tatsächlich klappt!
Und dann der Baumodus! Klar, wo "Lego" draufsteht, muss ja auch "Lego" drin sein. Deshalb können wir in den Werkstätten von Bricklandia nicht nur unsere Autos verbessern und modifizieren, wir können auch im freien Bauen völlig verrückte Dinge zusammenstecken und sie in unseren Rennen auf die Straße schicken. Das allein ist schon der Knaller!
Die Optik bei all dem ist erstklassig auf unserer Playstation 5. Echte Lego-Sets haben manchmal das Problem, dass sie nicht farbrein sind, manche Steine sind dunkler oder heller als andere derselben Farbe, aber in Bricklandia kennen die Menschen solche Probleme nicht. Hier ist noch Gold, was glänzt, und kein bloßer Aufkleber, der Gold imitieren soll (auch ein Problem im wahren Lego-Leben). Wir können nur sagen: An allen Ecken und Noppen ist das Lego-Thema bei "LEGO 2K Drive" hervorragend umgesetzt worden. Wir lieben es! Und haben trotzdem was zu meckern. Dazu kommen wir jetzt:
Das hat uns nicht gefallen

Es gibt in diesem Spiel einen Echtgeld-Shop, in dem wir neue Fahrer oder Autos kaufen können. Alles, was wir dort für echte Euros kaufen können, könnten wir auch irgendwann im Spiel mit unserem Spielgeld erstehen, aber es dauert natürlich etwas länger. Das ist das Prinzip von Echtgeld-Shops: Sie bieten gegen Geld einen Vorteil an, den wir im Spiel erst nach längerer Zeit erreichen. Im Grunde ist das alles überhaupt kein Problem, denn diese Echtgeld-Shops gibt es in vielen Spielen. Schwierig wird es aus unserer Sicht, wenn die jüngsten Gamerinnen und Gamer dazu verführt werden, echtes Geld auszugeben, um schneller ans Ziel zu kommen. Das gefällt uns nicht.
Weiter oben haben wir begeistert davon erzählt, wie wir selbst Bricklandia zerbröseln können, wenn wir querfeldein preschen. Wir selbst nehmen dabei noch keinen Schaden. In den Rennen aber teilen natürlich nicht nur wir heftig mit unseren Gimmicks aus, sondern auch die Gegner. Das ist auch nicht das, was wir bemängeln – das gehört zum Spiel. Uns fehlt hier aber die oben schon angesprochene Schadensanzeige. Wir zerfallen bei jedem Treffer so nach und nach in unsere Einzelteile, haben aber keine Richtschnur, die uns vermittelt, wie lange unser Bolide dem Ansturm noch standhält.
Außerdem wäre es toll gewesen, wenn "LEGO 2K Drive" ganz ohne Gummiband-Technik ausgekommen wäre, bei der die Gegner plötzlich von hinten fast uneinholbar und wie auf Schienen an einem vorbeischießen, um künstlich Dramatik aufzubauen. Wir haben es leider in unterschiedlichen Rennen der drei Renn-Lizenzen am eigenen Leib erfahren müssen. Hier müsste 2K noch etwas nachjustieren. Da aber auch in Zukunft noch (kostenpflichtige) DLCs zu erwarten sind, sollte eine stetige Weiterentwicklung auch ein Patchen von solchen Ungereimtheiten ermöglichen.
Ein bisschen gemein ist unser letzter Kritikpunkt, den nämlich viele Spieleentwickler einheimsen, die in einer großen Spielwelt möglichst viel bieten wollen: Die Aktivitäten fühlen sich auf Dauer austauschbar an. Es bleibt nicht viel im Gedächtnis haften. Wir erzählen unseren Freunden nicht: Bist Du schon die Regenbogen-Strecke gefahren? Wer sich gegenseitig von dem Spiel erzählt, weiß irgendwann nicht mehr, welche Mission man eigentlich wo schon erledigt hat, was man schon gefahren ist und wo man eigentlich steht. Das muss aber vielleicht auch nicht das Ziel sein, solange es Spaß macht und wir in Bricklandia eine gute Zeit haben.
Fazit
Es sind die Noppen, die die Welt bedeuten! Wer jemals als Kind aus Lego-Steinen Autos gebaut hat, hatte den Wunsch, dass die Spielzeugteppiche und Plastik-Noppen-Straßen dieser Kinderzimmer echte Straßen wären, auf denen man mit seinem Lego-Auto in die Kurven brettern kann. "LEGO 2K Drive" erfüllt genau diesen Wunsch und kippt nebenbei noch die Schublade mit den übrigen Lego-Steinen aus, bei denen niemand mehr weiß, zu welchem Set sie noch gehören. Aber irgendwas kann man damit sicher noch bauen. Wer den Echtgeld-Shop und die kleinen Mankos außer acht lassen kann, wird in Bricklandia einen wunderbaren Spielzeugteppich entdecken können. Für uns ist das Spiel ein Überraschungshit und ein Anwärter für unsere Top 10 dieses Jahres.
"LEGO 2K Drive" ist seit dem 19. Mai 2023 erhältlich für PS4, PS5, Xbox, Nintendo Switch und PC, ist freigegeben ab 6 Jahren. Das Spiel kostet rund 60 Euro.