Games

"The Last Worker" im Test: Wenn der Mensch ersetzbar wird

Der letzte Mensch auf Erden zu sein ist schon schlimm. Aber wie ist die Vorstufe, wenn Arbeiter nach und nach durch Roboter verdrängt werden? Ein Adventure will diese Geschichte erzählen – wir haben getestet, wie gut das klappt. Und ob es trotzdem auch noch Spaß macht.

Bei "Jüngle" sind wir eine große Familie. Also: die Roboter und wir. | © Wired Productions

06.04.2023 | 06.04.2023, 13:41

Wie ist das eigentlich, im Lager des größten Onlinehändlers der Welt zu schuften? Und dann noch als letzter menschlicher Arbeiter in einer durchweg automatisierten Welt? Mit dem Videospiel “The Last Worker” finden wir es heraus – und werden dazu noch Teil einer großen Verschwörung.

Worum geht’s?

Kurt arbeitet seit 25 Jahren bei “Jüngle”, dem größten Onlinehändler der Welt. Anfangs war er noch einer von vielen, er hatte sogar seine große Liebe bei der Arbeit gefunden. Aber nach und nach wurden seine Kollegen durch Roboter und Drohnen ersetzt, nur Kurt scheint vergessen worden zu sein. Und nun sitzt Kurt Tag für Tag auf seinem JünglePod (einer Art fliegendem Gabelstapler) und nutzt sein Multi-Werkzeug JüngleGun zum Scannen, Etikettieren und Verschieben von Paketen aller Art und Größe.

Begleitet und beobachtet wird Kurt bei seiner Arbeit von Skew, einer frechen Drohne, die wohl leicht defekt ist. Also bewegen wir Pakete von A nach B, prüfen ob Größe und Gewicht dem Paketaufkleber entsprechen, sortieren Saisonartikel aus und so weiter. Während der Arbeit säuselt die Stimme von Josef Jüngle (der CEO von "Jüngle", der zufälligerweise wie eine Mischung aus Jeff Bezos und Steve Jobs wirkt), durch die Hallen, ums uns mit den üblichen Motivationssprüchen zu nerven. Am Ende einer Schicht werden wir bewertet. Haben wir zu schlecht abgeschnitten, müssen wir den Arbeitstag wiederholen.

Wie spielt es sich?

Eines der Produkte, die wir entdecken konnten: Donald Trump als lustige Trollfigur. - © Wired Productions
Eines der Produkte, die wir entdecken konnten: Donald Trump als lustige Trollfigur. | © Wired Productions

Das klingt auf Dauer sehr langweilig. Nach einiger Zeit bekommen wir aber das Angebot, ein Rennen gegen einen Roboter zu fahren. Wer als erstes drei Pakete abliefert, behält seinen Job. Es ist ziemlich offensichtlich, dass bei diesem Rennen geschummelt wird, und wir haben keine Chance gegen unseren Gegner. Bis uns plötzlich ein kleiner Kolibri hilft und wir mitten in einer Verschwörung stecken: Eine Aktivistengruppe möchte herausfinden, was bei "Jüngle" vor sich geht, und da sind wir als letzter menschlicher Arbeiter der perfekte Partner. Also schleichen wir uns nachts an Wachrobotern vorbei, lösen Rätsel und versuchen hinter das Geheimnis von "Jüngle" zu kommen. Mehr wollen wir aber an dieser Stelle nicht über die Story verraten.

Irgendwie fühlt sich “The Last Worker” seltsam an. Manchmal macht das tägliche Bearbeiten der Pakete mehr Spaß als die nächtlichen Stealth-Missionen. Diese sind zu seicht, und die verschiedenen Missionen auf Dauer zu eintönig. Das Spiel verpasst die Chance, kritischer mit den Missständen in den auch heute schon existierenden Megakonzernen umzugehen. Wenn vor unseren Augen Tausende von “JPhones” in der Verbrennungsanlage landen und das nur lapidar mit “Ah, ist schon wieder ein Jahr rum, die neuen Modelle sind da” kommentiert wird, verstehen wir zwar, was damit gemeint ist. Aber Kurt klingt dabei so gelangweilt, dass es uns auch schon wieder egal ist. Ihn interessiert der Konsum der Kunden nicht (die so dämliche Artikel wie ein “Steakboard” – also ein Steak auf Rädern – oder essbares Toilettenpapier bestellen).

Wir verstehen auch nicht, wie Kurt seit 25 Jahren in diesem Laden arbeiten kann, ohne das alles zu hinterfragen. Da muss erst eine mysteriöse Frau in einer Kolibridrohne kommen – und selbst dann führt Kurt nur Befehle aus. Da fehlt uns der innere Kampf eines Mannes, der sich zwischen 25 Jahre treuer Arbeit und der Rebellion entscheiden muss.

Schöne Präsentation, maue Technik

Grafisch erinnert das Spiel an eine Mischung aus "Portal" und "Borderlands", das Design basiert auf Konzepten des Comiczeichners Mick McMahon ("Judge Dredd"). Es gibt deutsche Untertitel, aber leider keine deutsche Sprachausgabe. Dafür sind die englischen Sprecher allesamt sehr gut, handelt es sich doch um so bekannte wie Jason Isaacs ("Harry Potter"), David Hewlett ("Stargate Atlantis") und Zelda Williams ("Teenage Mutant Ninja Turtles"). Die Hardwareanforderungen sind eher moderat, es gibt sogar eine Version für Nintendo Switch, die nicht viel schlechter aussieht.

Leider ist die Steuerung nicht sehr gut gelungen. Mit Maus und Tastatur spielt sich “The Last Worker” zwar ganz okay, fühlt sich aber nicht flüssig an. Wir haben auch versucht, mit dem Gamepad zu spielen, und die reine Bewegungssteuerung funktioniert hier besser. Leider ist die restliche Bedienung aber teilweise unlogisch, sodass wir zum Spielen eine Mischung aus allen 3 Eingabegeräten genutzt haben.

Einige kleinere Bugs störten außerdem den Spielfluss. So funktionierte der Boost des JünglePods in einer wichtigen Story-Mission nicht. Nach einem Neustart des Spiels war das aber erledigt.

Wer mag, kann “The Last Worker” auch in VR spielen. Die Level wirken hier aber etwas zu eng, die Steuerung ist ähnlich kompliziert wie mit dem Gamepad.

Unser Fazit

“The Last Worker” möchte ein interessantes Adventure sein, das uns einen Spiegel über unser Konsumverhalten vor Augen hält. Dafür verpasst es aber die Chance, dieses Thema interessanter zu verpacken. Die Passivität von Kurt bremst eine eigentlich interessante Idee aus, weil es keine Entwicklung des Charakters gibt.

Wahrscheinlich werden viele Spieler gelangweilt vorzeitig abbrechen und die verschiedenen Enden (davon gibt es tatsächlich mehrere) nicht zu Gesicht bekommen. Glücklicherweise ist “The Last Worker” aber auch nicht zu lang, nach knapp fünf bis sechs Stunden läuft der Abspann. Wer sich für Adventures interessiert, kann hier zugreifen, wenn man außer Acht lässt, dass das Spiel mehr sein möchte, als es am Ende ist.

"The Last Worker" ist seit dem 30. März erhältlich für Meta Quest 2, PSVR2, PS5, Nintendo Switch, Xbox Series X|S und PCVR sowie für den PC, kostet rund 30 Euro und ist ab 16 Jahren freigegeben.