Schlüpfen Sie in Ihren Raumanzug, setzen Sie sich bestenfalls auch einen Helm auf, denn niemand sollte ungeschützt durch die Galaxie reisen. Wir haben den Fehler nur einmal gemacht. Glücklicherweise hat man in Videospielen meist mehr als nur ein Leben. Aber beginnen wir am Anfang.
In einer dystopischen Zukunft erwachen wir auf dem Kolonistenschiff "Hope", nachdem wir rund 70 Jahre in einem Kälteschlaf verbracht haben. Wir hatten uns keinen Wecker gestellt, sondern ein verrückter Wissenschaftler namens Phineas Wells holt uns ins Jetzt. Er haut uns auch gleich unsere erste Mission um die Ohren, bei der es um nichts Geringeres als eine groß angelegte Verschwörung im Weltall geht.
Worum geht's genau?
        
                    Halcyon ist eine Kolonie am Rande der Galaxis, die dem Firmenvorstand von Halcyon Holdings gehört und von ihm betrieben wird. Sie kontrollieren alles und jeden. Nun, vielleicht nicht die außerirdischen Monster. Die führen ihr stumpfes Eigenleben. Aber ansonsten hat der Firmenvorstand alle unterjocht und dafür gesorgt, dass Lebensmittel, Vorräte und lebensnotwendige Güter knapp werden. Arzneimittel werden nur unter der Hand verkauft, Widersacher als Terroristen gebrandmarkt und steckbrieflich gesucht, tot oder lebendig. "Wir sterben", sagt Phineas Wells. "Verantwortlich dafür sind der Vorstandsvorsitzende, der Minister und alle ihre Lakaien im Vorstand." Kenne deine Feinde.
Die Hoffnung ist, dass wir auf einem Mond namens Monarch Chemikalien finden, mit denen wir die anderen Kolonisten auf der "Hope" aufwecken und eine Rebellion anzetteln können. Jetzt kann man aber natürlich nicht einfach so zum Mond reisen. Dafür brauchen wir ein wendigeres Schiff, als die "Hope" eines ist. Also springen wir in eine Landekapsel, die uns auf einen der Planeten bringt, wo ein Captain mit seinem Schiff wartet. Leider ist dieser Captain nicht die hellste Kerze in der Galaxie und gerät unserer Landekapsel in den Weg. Der Captain ist mausetot. Sein Schiff ist noch da, braucht aber eine Energiekapsel, um starten zu können. Die gibt's nur an ausgewählten Orten, für die wir natürlich erst mal Nebenquests erledigen müssen. Was nach dem mühsamen Abhaken von Aufgaben klingt, ist tatsächlich eines der lustigsten Galaxie-Abenteuer, die wir je erlebt haben. Auch im zweiten Aufguss.
Was uns gefallen hat
        
                    Tatsächlich ist schon der Charakter-Editor einer der besseren. Natürlich können wir hier allen möglichen Kram einstellen, der oberflächliche Betrachter unseres Äußeren sofort lang hinschlagen lässt, weil wir einfach so unglaublich gut aussehen mit unseren grünen Haaren, dem Pornobalken auf der Oberlippe und den roten Augen. Auch im All kommt es allerdings auf die inneren Werte an, und die können wir hier schon gleich zu Beginn verteilen. Wollen wir stark, aber dumm sein? Oder geschickt, intelligent, aber mit einem Mangel an Charisma? Und in welchen Fertigkeiten wollen wir gut sein? Schlau ist, wer sich gleich zu Beginn dafür entscheidet, gut Schlösser knacken zu können und einige Dialog-Fähigkeiten zu haben, die nicht gerade die feine Art sind: Überzeugen, lügen, einschüchtern. Hilft aber, wenn man das drauf hat. Im Verlauf des Spiels bekommen wir pro Levelaufstieg zehn weitere Punkte, die wir für die inneren Werte vergeben können. Dass sich das auch im Spiel deutlich bemerkbar macht, sorgt dafür, dass wir uns sehr intensiv mit der Punktevergabe beschäftigt haben.
Das All stellen wir uns ja immer riesig vor, dementsprechend groß müsste ja auch die Welt sein, die wir bereisen können. Dem ist glücklicherweise nicht so. Wir sind nicht bei Ubisoft, haben also keine riesige Open World, die mit Aufgaben zugepflastert ist. Zur Auswahl stehen zwar mehrere Planeten und Monde, und wir landen auch auf einer großen Raumbasis, die wirklich toll gestaltet ist, aber für ein Open-World-Spiel ist die Spielfläche zu begrenzt. Wir mögen das inzwischen sehr gerne. Auf der Raumstation ist Open World ja ohnehin schwierig, aber auch auf den Planeten gibt es deutlich sichtbare Begrenzungen, die wir nicht übertreten können. Trotzdem sind die Areale auf den Planeten immer noch so groß, dass es Schnellreisepunkte gibt, um nicht immer durch die Gegend latschen zu müssen. Fahrzeuge gibt's leider nicht.
Die unterschiedlichen Planeten sind auch recht abwechslungsreich gestaltet. Vor allem auf der Raumstation und bei Nacht in den Städten sieht man, wie gut die Nachbearbeitung der Lichteffekte in der neuen Edition wirkt. Das macht schon Laune. Dennoch lädt die Welt rund um unsere zentralen Missionsgebiete nicht gerade zum lustvollen Entdecken ein, denn da gibt es praktisch nichts. Manchmal fühlen wir uns wie auf einem bunten, ausrangierten Truppenübungsplatz, auf dem noch kleine Häuser stehen, in denen längst kein Leben mehr ist. Immerhin finden wir etwas Munition. Aber das kann nicht alles sein.
Was "Outer Worlds" 2019 schon ausgemacht hat und es auch 2023 noch ausmacht, sind nach wie vor das leicht antiquiert wirkende Science-Fiction-Setting und die wirklich gut geschriebenen, schwarzhumorigen Dialoge, die zudem alle vertont sind. Eine deutsche Sprachausgabe gibt es nicht, wohl aber deutsche Untertitel. Wir waren dadurch bald so tief in der Geschichte drin, dass uns vor allem einige Leute unserer Crew sehr ans Herz gewachsen sind, die nämlich ungefragt ihren Senf zu unseren Handlungen abgeben. So ist unsere Technikerin Parvati eher von der stilleren Sorte. Im Kampf hält sie uns den Rücken frei, aber im Gespräch ist sie sehr zögerlich. Wer da eher raubeinig spielt, könnte die zarte Liebesgeschichte verpassen, bei der wir Parvati helfen können. Und immer gilt es, die richtige Entscheidung zu treffen. Alkohol ist nicht die beste Lösung.
Was uns nicht gefallen hat
        
                    Natürlich haben wir auch was zu meckern. Wie kann es sein, dass in einem von Grund auf verbesserten Spiel von 2019 vier Jahre später immer noch einer der bekanntesten Bugs nicht gefixt worden ist. Auf Scylla, dem größten Asteroiden der Galaxie, müssen wir Captain Irion befragen, der aber von ein paar Gesetzlosen in Schach gehalten wird. Wer jetzt einfach das Feuer eröffnet, riskiert, dass der Captain auch eine Kugel abkriegt. Passiert das, mag der uns nicht mehr, spricht nicht mehr mit uns, reagiert nicht auf uns. Da hilft nur ein Neustart. Aber wenn man schlecht gespeichert hat, muss man den Captain ins Jenseits befördern. Dann geht die Story auch weiter. Fühlt sich allerdings schlecht an. Man kann "Outer Worlds" aber eben auch mit der schlechtesten Version von sich selbst spielen. Dann bringt man halt mal einen angeschossenen Captain um.
Enttäuscht bei der aktualisierten Version hat uns auch, dass die Missionsareale, vor allem die Städte, immer noch so furchtbar leer sind. Vielleicht sind einfach schon zu viele Leute verhungert, aber es muss doch möglich sein, in einem Update für die aktuelle Konsolengeneration mehr Leben ins Spiel zu bekommen. Gut gelungen ist das schon auf der Raumstation "Groundbreaker". Aber in den Städten und auf den weiten Flächen fühlt es sich eher so an, als habe man einfach ein paar Leute auf die Karte gebröselt. Hier noch einen hin, und hier noch zwei. Ach, und hier wären noch ein paar Monster doch sicher ganz vergnüglich.
Nach wie vor sind auch die Tutorials nicht besonders einleuchtend. Es gibt zwar zu Beginn ein paar Erklärungen, aber im Verlauf des Spiels muss man viele Dinge selbst herausfinden oder über die etwas umständlich geratene Menüstruktur in den dort abgelegten Tutorials nachlesen. Beim Menü ist zum Beispiel wenig einleuchtend, warum wir nach der Vergabe von zehn Persönlichkeitspunkten unsere Entscheidung noch mit einem "Annehmen" bestätigen müssen, bevor wir zurück ins Spiel können. Hier scheint die lähmende Bürokratie von Halcyon ins Spiel rübergewuchert zu sein.
Fazit
Alles in allem haben wir uns mit der "Spacer's Choice Edition" wieder prächtig unterhalten – und wir sind noch lange nicht durch. Laut Publisher kommt die "The Outer Worlds: Spacer's Choice Edition" mit einer höheren Auflösung, einem dynamischen Wettersystem, überarbeiteten Lichteffekten und Umgebungen, optimierter Leistung und Ladezeiten, verbesserten Details bei den Charakteren, einer höheren Levelgrenze und vielem mehr. Zudem sind alle DLCs enthalten. Und "The Outer Worlds" hat einfach den Vorteil, dass der Wiederspielwert hoch ist. Spielen wir es jetzt als das beste Ich, spielen wir es danach als die lausigste Version von uns. Und vielleicht wollen wir auch noch die anderen möglichen Enden dieser Geschichte sehen? Wir müssen schließlich noch etwas Zeit überbrücken, denn der Nachfolger von "The Outer Worlds" mit dem schlüssigen Titel "The Outer Worlds 2" ist schon 2021 angekündigt worden, mehr ist aber noch nicht bekannt. Angeblich soll das Spiel in diesem Jahr noch erscheinen.
"The Outer Worlds: Spacer's Choice Edition" ist seit dem 7. März 2023 für Xbox Series X|S, PlayStation 5 und PC erhältlich und kostet rund 60 Euro. Wer bereits das Grundspiel mit allen DLCs hat, braucht nur das Update für 9,99 Euro zu kaufen. Das Spiel ist freigegeben ab 16 Jahren.