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"Fernbus-Simulator" im Test: Könnten Sie mal das WC freischalten?

Das Gepäck ist verstaut, alle Fahrgäste sind da, die Türen geschlossen – jetzt kann die Reise beginnen. Wir haben die neue Konsolenversion getestet und haben allerlei Stress zwischen Stau und Fahrgast-Unterhaltung erlebt. Was taugt diese Simulation?

Alle wollen nach Berlin, aber mit unserem Bus können wir rund 100 Städte in ganz Europa ansteuern. Was bisher nur auf dem PC möglich war, kann jetzt auch an den Konsolen erlebt werden. | © Aerosoft

03.03.2023 | 06.03.2023, 17:26

Wir haben in der Vergangenheit schon so manche Strecke mit dem Fernbus zurückgelegt: von Dresden nach Berlin, von Köln nach Hamburg. Uns ist also die preiswerte Alternative zu Bahn oder Flugzeug wohlbekannt, und wir könnten so manche Geschichte erzählen. Aber was für ein abenteuerliches Leben führt man erst recht als Fahrer eines solchen Fernbusses? Das wollten wir mit dem "Fernbus-Simulator" in der frisch erschienenen Konsolen-Edition herausfinden.

Der "Fernbus-Simulator" gibt es für den PC bereits seiz 2016, seitdem wurde er um viele DLCs in Form von neuen Ländern und Bussen erweitert. In der Konsolen-Edition, die seit dem 28. Februar für XBOX Series X/S und PS5 erhältlich ist, sind viele dieser DLCs bereits vorhanden. So können wir nun 50.000 Kilometer Streckennetz erkunden und einige Busse – wie den bekannten Neoplan-Skyliner – kostenlos fahren. Weitere Busse sollen später als DLC folgen.

Die Spielweise

Das ist unser Blick vom Fahrersitz hinaus auf die Straße. Und: Keine Sorge, wir sind hier nicht als Geisterfahrer unterwegs. - © Aerosoft
Das ist unser Blick vom Fahrersitz hinaus auf die Straße. Und: Keine Sorge, wir sind hier nicht als Geisterfahrer unterwegs. | © Aerosoft

Am Anfang entscheiden wir uns zwischen dem freien Spiel und dem Karrieremodus. Im freien Spiel können wir die Welt frei erkunden, ohne von Passagieren oder Fahrplänen belästigt zu werden. Interessanter wird es mit dem Karrieremodus, der seinem Namen trotzdem leider nicht gerecht wird. Wir stellen uns bloß auf einer Landkarte eine beliebige Strecke aus über 100 Zielen zusammen. Bevor wir die eigentliche Fahrt beginnen, entscheiden wir uns zwischen einer einfachen und einer realistischen Simulation – dazu gleich mehr. Dann stehen wir vor unserem Bus an der Bushaltestelle und kontrollieren die Fahrgäste. Nur mit dem richtigen Ticket dürfen sie einsteigen.

Haben wir uns für die einfache Fahrt entschieden, setzen wir uns in den Bus und müssen nur noch Gas geben und lenken, das Ziel und die Richtung wird per Navi angezeigt. Eine Fahrt dauert nicht so lange wie in echt – von Bielefeld nach Hamburg brauchten wir etwa 30 Minuten. Im realistischen Modus kümmern wir uns aber um alle Belange des Busses. Bremsen und Gangschaltung, Türen oder Gepäckaufbewahrung, die Klimaanlage auf die gewünschte Temperatur einstellen oder – ganz wichtig – das WC öffnen. Die Passagiere werden es danken. Selbst den eigenen Sitz kann man mit allen möglichen Parametern modifizieren. Alles kann und muss hier von Hand gesteuert und eingestellt werden, was mit dem Controller überraschend gut funktioniert.

Wenn wir die Haltestelle Bielefeld anfahren, können wir dieses Gebäude sehen. Wo in Bielefeld könnte das sein? - © Aerosoft
Wenn wir die Haltestelle Bielefeld anfahren, können wir dieses Gebäude sehen. Wo in Bielefeld könnte das sein? | © Aerosoft

Wir sind selber noch nicht Bus gefahren, haben aber das Gefühl, dass das Fahrgefühl halbwegs realistisch ist. Der Bus reagiert träge und neigt sich in den Kurven gefährlich zur Seite. Die Straßen sind voll mit anderen Autos, Lastwagen und Bussen, und auch wenn die nicht immer intelligent reagieren, hat man doch halbwegs ein Gefühl von einer lebendigen Spielwelt. Auch die Passagiere reagieren auf uns. Sind wir zu ruppig in den Kurven, beschweren sie sich. Dem einen ist die Klimaanlage zu heiß eingestellt, dem anderen zu kalt. Ansonsten sitzen sie aber sehr steif auf ihren Plätzen und regen sich nicht.

Leider fehlt ein Tutorial, das einem die verschiedenen Funktionen erklärt. Mit ein bisschen Ausprobieren klappt das alles aber ganz gut. Busfahren ist offenbar keine Raketenwissenschaft.

Die Grafik

"Darum soll man sich also anschnallen." Ja, deshalb! Weil wir einfach mal den Bus beim Lenken auf der Autobahn umgekippt haben. - © Aerosoft
"Darum soll man sich also anschnallen." Ja, deshalb! Weil wir einfach mal den Bus beim Lenken auf der Autobahn umgekippt haben. | © Aerosoft

Die Grafik bei diesem Simulator ist ein zweischneidiges Schwert. Landstraßen und Autobahnen sehen wirklich nett und realistisch aus. Sobald man aber in eine Stadt kommt, hört das gute Gefühl auf. Es wird nur ein rudimentäres Straßennetz in einer Stadt abgebildet, mit der Wirklichkeit hat das nichts zu tun. Das kennt man aber von ähnlichen Simulationen wie etwa dem "Euro-Truck-Simulator". In das Straßennetz werden ein paar Landmarken gesetzt, die diese Stadt charakterisieren. In Berlin sieht man die Siegessäule und das Brandenburger Tor, in Köln den Dom, in München die Frauenkirche. Teilweise sehen diese Landmarken sogar richtig gut aus, manchmal aber auch nur mit gutem Willen zu erkennen. Man kann die Städte mit dem Bus und sogar zu Fuß erkunden, aber das macht leider keinen Spaß. Die Texturen sind verwaschen, es flackert an allen Ecken und Kanten, Schilder und Ampeln hüpfen auf und ab.

Auch die Benutzeroberfläche gefiel uns nicht. Sie ist unübersichtlich und hat mit einigen Bugs zu kämpfen, so verschwinden zum Beispiel Buttonhinweise plötzlich. Auch gibt es noch den ein oder anderen Hinweis auf die PC-Herkunft: Hin und wieder wurden wir darauf hingewiesen, eine Pfeiltaste zu drücken.

Fazit

Wir sind keine Simulationsexperten, hatten aber kurzzeitig Spaß mit dem "Fernbus-Simulator". Wir fühlten uns in den Alltag eines Fernbusfahrers hineinversetzt und haben sogar angefangen, die Passagiere anzumotzen, wenn sie sich mal wieder über etwas beschwert haben – wie ein richtiger Busfahrer eben.

Empfehlen können wir das Spiel aber nur eingefleischten Simulationsfans, die wissen, worauf sie sich einlassen. Und dann auch nur, wenn sie über die vielen kleinen und großen Bugs und Ungereimtheiten hinwegsehen können. Langzeitspielspaß will bei uns nicht eintreten, auf Dauer ist der "Fernbus-Simulator", bei dem man nur Passagiere von A nach B fährt, doch leider sehr langweilig. In einem richtigen Karrieremodus hätten wir uns eine kleine Story gewünscht, bei der wir als angestellter Busfahrer starten und dann unser eigenes Bus-Imperium mit vielen Bussen und Fahrern aufbauen. Mit zufälligen Ereignissen (Verspätungen, Unfälle, ausgefallene Fahrten, Finanzen, etc.) wäre hier ein wesentlich besseres Spiel entstanden.

Der "Fernbus-Simulator" ist zum Preis von 39,99 Euro für PS5 und Xbox Series X|S erhältlich.