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"Warhammer 40.000: Darktide" im Test: Die Lizenz zum Töten ist nicht alles

Seit Jahren warten nicht nur Fans auf einen gelungenen Shooter im Universum von "Warhammer 40.000". Warum den Entwicklern von Fatshark der große Wurf (noch) nicht gelungen ist.

In den dunklen Gängen von "Warhammer 40,000: Darktide" lauert so manche unangenehme Überraschung - wie diese bizarren Ungeheuer. Das Bild zeigt eine frühere Version des Spiels. | © Fatshark

Sebastian Beeg
03.12.2022 | 03.12.2022, 18:00

Düster geht es zu in der fernen Zukunft. Die Luft ist schlecht, die Städte sind in einem miserablen Zustand - ach ja, und hinter jeder Ecke lauern Feinde, die uns ans Leder wollen. Da trifft es sich gut, dass wir mit Lasergewehren und kettensägenähnlichen Schwertern ausgerüstet sind. Nicht nur, um uns der Angriffe auf unsere Haut zu erwehren. Vielmehr erfüllen wir den Willen des Gott-Imperators, tragen sein Licht in die Dunkelheit. Denn der Einzelne zählt nichts im Imperium. Der Gott-Imperator ist alles.

Die Welt von "Warhammer 40.000" ist eine reine Dystopie: Das Imperium der Menschen hat sich im 40. Jahrtausend in der gesamten Milchstraße ausgebreitet und steht in einem ständigen Überlebenskampf gegen allerlei außerirdische Fraktionen - die vollständige Auslöschung steht jederzeit unmittelbar bevor. Nach außen bietet das Imperium Milliarden von Soldaten auf, die die Grenzen verteidigen. Nach innen sorgt die Inquisition dafür, dass die Bevölkerung auf Linie bleibt, verfolgt und bestraft (vermeintliche) Verräter oder unterdrückt Sezessionsbewegungen.

Die Welt dient nicht nur als Rahmen für ein ziemlich erfolgreiches Tabletop-Strategiespiel - auch eine ganze Reihe verschiedener Computerspiele hat das Franchise mittlerweile hervorgebracht. Etwa das sehr erfolgreiche Strategiespiel "Dawn of War". Das schwedische Entwicklerteam von Fatshark präsentiert nun mit dem Titel "Warhammer 40.000: Darktide" den aktuellsten Titel aus diesem Universum.

Alleine, das Game hat eine schwere Hypothek. Denn seit über zehn Jahren, seit dem 2011 erschienen "Warhammer: Space Marine", warten nicht nur Fans auf einen gelungenen Shooter im "Warhammer"-Universum. Doch, kann "Warhammer 40.000: Darktide" hier wirklich liefern?

Worum geht's?

Fatshark ist kein Neuling, wenn es um "WarhammerNeuling, wenn es um "" geht. Die Schweden haben bereits die Actionspiele "Warhammer: End Times – Vermintide" und "Warhammer: Vermintide II" produziert - Koop-Shooter, die in der "Warhammer"-Fantasywelt angesiedelt sind. Und auch ihr neuestes Werk "Warhammer 40.000: Darktide" ist ein Koop-Shooter. Wir bestreiten die etwa zwanzigminütigen Missionen jeweils in vierköpfigen Teams. Während der Missionen erfüllen wir diverse Ziele und bekommen dafür Erfahrungspunkte, Geld und Belohnungen wie etwa Waffen oder Ausrüstungsgegenstände. Im Laufe des Spiels steigt unser Charakter in seiner Stufe auf und kann nach und nach, wenn auch nur rudimentär, Vorteile freischalten.

Der Ladebildschirm vor dem Beginn einer Mission zeigt die Beteiligten Charaktere und simuliert den Transport in einem Shuttle an die Oberfläche des Planeten. - © Screenshot: Sebastian Beeg
Der Ladebildschirm vor dem Beginn einer Mission zeigt die Beteiligten Charaktere und simuliert den Transport in einem Shuttle an die Oberfläche des Planeten. | © Screenshot: Sebastian Beeg

Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt. Wir sind ein Häftling an Bord eines Gefangenentransports des Imperiums, der von gegnerischen Truppen angegriffen wird. Wie es der Zufall natürlich will, wird auch in unsere Zelle ein Loch gesprengt, sodass wir frei kommen und uns unseren Weg durch Monsterhorden kämpfen. Die ersten Minuten des Spiels dienen als Prolog, in dem wir die grundlegende Steuerung erlernen. Im Anschluss daran kommen wir an Bord der Mourningstar, einem imperialen Weltraumkreuzer, von dem aus wir zu Missionen auf dem nahe gelegenen Planeten Karit Tertium aufbrechen und unsere Reputation steigern.

Vor Beginn des Spiels wählen wir eine der vier Charakterklassen. Der Ogryn Schädelbrecher, ein riesenhaftes Fantasiegeschöpf, ist aufgrund seiner Größe und Schlagkraft bestens als klassischer Tank geeignet, während der Veteran als Scharfschütze anstürmende Gegner eher mit Fernkampfwaffen aus der zweiten Reihe bekämpft. Der Psioniker ist eine Art Magier, der mit seinen Fähigkeiten auch mehrere Gegner aufs Korn nehmen kann. Der Prediger zuletzt ist auf den Nahkampf spezialisiert, kann sich mit seiner Hauptfähigkeit schnell in gegnerische Gegnermassen hinein- aber auch schnell wieder herausbewegen. Im Anschluss an die Auswahl der Klasse bestimmen wir noch Herkunft, Motivation und persönlichen Hintergrund unseres Charakters, bestimmen sein Aussehen, und dann geht es los.

Was uns gefallen hat

Von Anfang an sind wir mitten drin. Egal ob im Prolog, auf der Mourningstar oder in den Missionen: Das Spiel schafft die richtige Atomsphäre. Das fängt bei den Dialogfetzen der wirklich guten englischen Sprecher an, die das Geschehen stimmungsvoll kommentieren. Zudem sind die Level gut gestaltet. Wir erkunden düstere Marktplätze und kathedralenähnliche Bahnhöfe, schleichen durch klaustrophobisch enge Gänge und reaktivieren einen gigantischen Schmelzofen - immer auf der Hut vor etwaigen Gegner, die wie aus dem Nichts auftauchen können.

Nicht nur die Charaktere sind detailliert designed - auch die Umgebung trägt maßgeblich zur Atmosphäre bei. - © Screenshot: Sebastian Beeg
Nicht nur die Charaktere sind detailliert designed - auch die Umgebung trägt maßgeblich zur Atmosphäre bei. | © Screenshot: Sebastian Beeg

Und die Musik erst! Besonders beeindruckt haben uns die Orgelklänge, die zu einem Staccato anwachsen, wenn wir mitten im Gefecht stehen. Doch generell arbeitet das Spiel ganz bewusst mit dem Sound. Nähert sich etwa eine Monsterhorde oder ein besonderer Bossgegner, dann gibt es dafür einen bestimmten Signalton. Wir werden also im Vorfeld gewarnt und können uns dementsprechend organisieren. Dazu die Umgebung, die eine Mischung aus Cyberpunk und Gotik darstellt und grafisch auf ganz hohem Niveau präsentiert wird. Das alles gibt uns das Gefühl, mitten im Universum und nur eine kleine Seele im Dienste des Gott-Imperators zu sein.

Zudem ergänzen sich die vier Klassen sehr gut in den Missionen, die Aufgabenverteilung ist klar geregelt. Das erleichtert den Einstieg. Obgleich es die oberen der insgesamt fünf Schwierigkeitsgrade in sich haben. Hier kommt es auf Teamwork an und darauf, sich Munition und Verbandsmaterial gut einzuteilen, um den Hauch einer Chance zu wahren. Allerdings, und das ist ein weiterer Vorteil des Spiels, sind die Missionen in jeder möglichen Besetzung spielbar - es ändert sich dadurch eben die Vorgehensweise der Gruppe.

Was uns nicht gefallen hat

Dem Spiel fehlt eindeutig eine Story. Was haben wir uns gefreut, als wir bei der Charaktererstellung einen Heimatplaneten und einen persönlichen Hintergrund auswählen durften. Bislang spielt das aber überhaupt keine Rolle. Weder werden wir darauf angesprochen, noch hat die Auswahl einen Effekt auf die Missionen oder Ausrüstung. Derzeit arbeiten wir stumpf Aufträge ab - und fragen uns so manches Mal, warum wir das überhaupt tun.

Denn auch wenn wir immer in einer Gruppe unterwegs sind - das Teamwork, auf das das Spiel eigentlich ausgelegt ist, hat auch seine Schwächen. Dann nämlich, wenn man eben keine feste Gruppe hat und als Einzelspieler unterwegs ist. Zwar gibt es ein Matchmakingsystem, aber das schenkt den Erfahrungsstufen wenig Beachtung. Es kann also passieren, dass ein Charakter der Stufe 22 mit einem Charakter der Stufe 10 eine Mission bestreitet. Das kann sich aufgrund fehlender Erfahrung und Vorteile negativ auswirken.

Zum Finale einer Mission warten oft mächtige Endgegner. Hier versucht unsere Gruppe einen abtrünnigen Hauptmann zur Strecke zu bringen. - © Screenshot: Sebastian Beeg
Zum Finale einer Mission warten oft mächtige Endgegner. Hier versucht unsere Gruppe einen abtrünnigen Hauptmann zur Strecke zu bringen. | © Screenshot: Sebastian Beeg

Hinzu kommt ein recht eintöniges Missionsdesign. Denn bislang gilt es, die immer gleichen Aufträge in den immer gleichen Leveln zu bestreiten. Auch wenn die zugegeben schön modelliert sind, ist nach ungefähr drei Durchläufen klar, wo Monsterhorden lauern könnten oder wo welches Zwischenziel zu erreichen ist. Denn bei den Missionen geht es eigentlich immer darum, eine Zielperson zu bezwingen, Daten zu beschaffen oder Dinge zu reparieren. Das fühlt sich schnell eintönig an. Daran ändern auch die fünf Schwierigkeitsgrade oder Zusatzmissionen nicht viel. Denn letztere beschränken sich darauf, Gegenstände zu finden, die willkürlich auf der Karte verteilt sind.

Diese zu finden, gleicht manchmal der berühmten Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Bisweilen muss man in entlegenen Nischen und Räumen der Level suchen. Dass das so ist, lernt man durch reines Ausprobieren. Wie so manches in "Warhammer 40.000: Darktide". So wird etwa die wichtige Funktion, dass man Waffen oder Gegenstände durch das Drücken der X-Taste verkaufen kann, nirgendwo erklärt. Auch, dass das Spiel über eine Push-to-Talk-Funktion verfügt, ist uns erst nach einem Blick in die Steuerungsoptionen aufgefallen. Viel schwerer wiegt aber, dass grundsätzliche Begriffe, beispielsweise in Bezug auf Waffen oder Ausrüstungsgegenstände, nicht erläutert werden.

Fazit

Hat das Warten auf einen gelungenen Shooter im "Warhammer"-Universum ein Ende? Jein. In knapp 20 Stunden Spielzeit der Pre-Launch-Beta und weiteren sechs Stunden nach dem Release haben wir einen guten Eindruck von der umkämpften Welt Karit Tertium bekommen. Wenn sich unsere Predigerin mit ihrem Kriegshammer in das Schlachtgetümmel stürzt, dann spüren wir den Eifer und gleichzeitig die Beklemmung ob der Monsterhorden zugleich. Grafik, Musik und Leveldesign tragen zur Immersion sehr gut bei.

Aber zwischen den Missionen, zwischen der Action, entsteht dann doch eine große Leere. Die wird auch nicht durch das rudimentäre Craftingsystem oder den Echt-Geld-Shop gefüllt. Die Welt von "Warhammer 40.000" bietet aufgrund ihrer Größe, ihrer vielfältigen Charaktere und Fraktionen viel mehr als "Töte Zielperson X und finde drei alte Schriften". Da müssen die Entwickler, wie angekündigt, nachbessern. Ein Lichtblick ist, dass in der Pre-Launch-Beta noch nicht alle Maps, Gegenstände und Funktionen des Spiels freigeschaltet waren. Das lässt hoffen, dass einige Features nachgeliefert werden. Für ein abschließendes Urteil ist es also noch zu früh. Bleibt es allerdings beim derzeitigen Stand, dann reiht sich "Warhammer 40.000: Darktide" in die lange Liste der mittelmäßigen "Warhammer"-Spiele ein. Und das dürfte dem Gott-Imperator nicht gefallen.

"Warhammer 40,000: Darktide" ist seit dem 30. November 2022 erhältlich für Xbox Series X/S und PC und kostet rund 40 Euro. Wir haben die PC-Version auf Steam getestet.