
Noch bis Mittwoch ließen sich Dutzende Nachrichten aus aller Welt an die russische Bevölkerung in Rezensionen für Lokalitäten bei Google Maps lesen. Am Donnerstag sind sie plötzlich gelöscht. Stichprobenhafte Kontrollen im ganzen Land zeigen, dass keine Rezension innerhalb der letzten Woche geschrieben wurde. Eine Suche nach dem Hintergrund.
Worum geht es?
Angefangen hat es mit einem Aufruf von Anonymus am Montag: "Gehen Sie zu Google Maps. Gehen Sie nach Russland. Finden Sie ein Restaurant oder Geschäft und schreiben Sie eine Bewertung. In dieser erklären Sie, was in der Ukraine passiert", schrieb das Hackerkollektiv auf Englisch bei Twitter. Die Idee stammt von einem anderen Nutzer aus Polen. Erklärt wurde die Aktion mit der Information der russischen Bevölkerung über Putins Lügen. Unter dem Tweet finden sich Dutzende Kommentare von Menschen, die in diversen Sprachen berichten, dass sie an der Aktion teilnehmen und die weitere Beispieltexte vorschlagen.
Warum ist so eine Aktion nötig?
Die russischen Staatsmedien verbreiten Putins Sicht auf den Krieg in der Ukraine. So verbreiteten sich etwa Propaganda-Videos, in denen der Krieg als notwendig bezeichnet wurde im Kampf gegen Nazis. In der EU ist daher seit vergangenem Mittwoch die Verbreitung der russischen Staatsmedien Russia Today (RT) und Sputnik verboten.
Warum kann man die Rezensionen jetzt nicht mehr lesen?
Anonymus Aufruf folgten Menschen aus der ganzen Welt. So waren noch am Mittwoch Nachrichten zu lesen wie "Stoppt den Krieg in der Ukraine! Ihr Schweigen ist ein Zeichen der Zustimmung zu Aggression! Friedliche Menschen sterben bereits!", was eine Nutzerin als Rezension zu einem Restaurant in Moskau schrieb.

Bei Twitter berichten Nutzer, die an der Aktion teilgenommen haben, jetzt, dass ihre Rezensionen gelöscht worden sind. Stichprobenhafte Kontrollen bei Lokalitäten im ganzen Land ergeben, dass keine Rezension innerhalb der vergangenen Woche geschrieben wurde. Gleiches in der Ukraine, dort hatten Menschen auf gleiche Weise ihr Mitgefühl mitgeteilt. Die Nutzer vermuten, dass jemand bei Google von der Aktion gehört hat und die Beiträge nun gelöscht werden. Ein Nutzer rät darum dazu, Screenshots statt Texte in die Reviews zu packen, damit sie nicht nach Schlagworten durchsucht werden können.
Was sagt Google?
Laut einem Bericht des "Wall Street Journal" kann aber auch diese Aktion zu nichts führen. Denn, so berichtet die Zeitung mit Sitz in New York, Google Maps-Betreiber Alphabet Inc. habe mitgeteilt, dass Besucher vorübergehend daran gehindert würden, neue Bewertungen zu einigen Einträgen in Russland, der Ukraine und Weißrussland zu veröffentlichen. Die Tageszeitung "Die Presse" mit Sitz in Wien vermutet, dass Google die Kommentare entfernt, weil die Nutzungsbedingungen von Maps vorgeben, dass die Bewertungen mit den jeweiligen Institutionen direkt in Verbindung stehen müssen. Und der Konzern sie löschen kann, wenn nicht. Auf Nachfrage von nw.de bei der Pressestelle von Google in Deutschland äußerte sich der Konzern nicht.
Die Reisebuchungsplattform Tripadvisor handelt derzeit genau wie Google. Auch die Reaktion ist den Twitter-Nutzern aufgefallen. So teilen viele Screenshots von der Antwort, die sie erhielten, nachdem sie eine Bewertung abgegeben hatten. Darin ist zu lesen, dass vorübergehend keine Bewertungen veröffentlich würden, weil man festgestellt habe, dass diese keine persönlichen Erlebnisse spiegeln.
Wie reagiert das Netz?

Hauptsache weitermachen, schreibt ein Twitter-Nutzer. Da es in den betroffenen Ländern nun nicht mehr geht, schreiben Nutzer inzwischen in die Rezensionen russischer Restaurants in Deutschland ihre Appelle. So ist etwa bei einem Restaurant in Berlin zu lesen "Liebe Russische Freunde, halten Sie Putin von seinem schrecklichen Krieg gegen die ganze Welt ab."