XXL-Livestream: 20.000 Studierende fordern Karliczek zum Umdenken auf

Zu spät, zu schlecht, zu sehr am Bedarf vorbei - darauf lässt sich die Kritik des fsz (Freier Zusammenschluss von Student*innenschaften) an den von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) angekündigten Corona-Hilfen für Studentinnen und Studenten zusammenfassen. Aber es muss ja nicht immer alles auf Schlagzeilengröße zusammengekürzt werden. Dachte sich wohl auch der Verband und startete einen Twitter-Livestream im XXL-Format, in dem diejenigen zu Wort kommen sollen, für die Karliczeks Programm gemacht ist: Studis, die nun "vor dem Nichts" stehen. "Ich weiß nicht, wie ich die nächsten Monate überstehen soll und ob ich mein Studium weiterführen kann." - "Bis Mai kann ich meine Miete noch bezahlen, danach sehe ich schwarz." - "Ich weiß nicht, wie ich die Fixkosten des nächsten Monats bezahlen soll." Und so weiter. 68 Stunden lang. Existenzängste, Sorgen, Perspektivlosigkeit. Die Kommentare und in Teilen detaillierten Berichte, die eine weibliche Computerstimme ohne Punkt und Komma, aber mit schlecht sitzenden Atempausen und Englischschwierigkeiten vorträgt, stammen aus einer Online-Petition, die Studierende bereits Mitte März gestartet haben. Unterschrieben haben hauptsächlich Hochschüler. Aber auch Eltern und Großeltern kommen zu Wort, die sich um ihre Kinder und Enkel sorgen, oder Menschen, die sich schon lange darüber ärgern, welche Möglichkeiten junge Menschen haben, ihr Studium zu finanzieren. "Es ist eh schon unfassbar, dass Studenten arbeiten müssen oder sich verschulden und das ein Leben lang abzahlen", kommentiert jemand, "die Jugend ist unsere Zukunft, sie ist zu fördern und nicht zu drangsalieren". Soforthilfe Petition – Hören Sie den Studierenden zu! https://t.co/zcu6I8zvo7 fzs e.V. (@fzs_ev) May 5, 2020Die Coronavirus-Krise und der darauffolgende Lockdown haben vielen Studentinnen und Studenten den Nebenjob genommen. "Ich arbeite nebenbei in einer Kneipe, bislang habe ich den Job nicht verloren, aber ich kann ihn auch nicht ausüben", berichtet beispielsweise eine Unterstützerin der Petition. Kellnern - eine typische Studi-Tätigkeit. Weil die gastronomischen Betriebe aber zur Zeit maximal auf Sparflamme laufen, werden die Aushilfen kaum gebraucht. Die jungen Menschen, die mit ihren Jobs zuvor ihr Studium finanzierten, verdienen in der Folge gerade gar nichts. Manche können BaföG beantragen, bei manchen springt die Verwandtschaft ein. "Meine Familie gibt mir immer wieder ein bisschen Geld, obwohl sie selbst nur wenig hat und mein Freund bezahlt meine Miete", kommentiert eine andere Unterzeichnerin. Wer aber die Eltern nicht anpumpen kann oder möchte, der hat ein Problem. KfW-Kredit auch für internationale Studierende Besonders für diese Gruppe von Studierenden ist die Überbrückungshilfe des Bildungsministeriums gedacht. Apropos - wie sieht das Programm überhaupt aus? Laut einer Pressemitteilung erklärt Karliczek die Hilfen wie folgt: "Diesen Studierenden steht nun die Möglichkeit offen, ein in der Startphase zinsloses Darlehen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu beantragen." Konkret geht es dabei um den handelsüblichen Studienkredit der KfW, der allerdings "mit Blick auf die voraussichtlich noch länger dauernde Krisenzeit bis zum 31. März 2021 zinslos gestellt wird", so Karliczek. Die Regelung gelte für neue Antragssteller genauso wie für laufende Kredite. "Für die aktuell besonders betroffene Gruppe der ausländischen Studierenden werden wir von Juli 2020 bis März 2021 den Studienkredit öffnen." "Frau Karliczek hat eine schlechte Lösung präsentiert" Beim fzs sorgen diese Aussichten nicht gerade für Begeisterungsstürme. "Wir erhalten E-Mails und Anrufe von Studierenden, die nicht wissen, wie sie ihre Lebensmittel bezahlen sollen. Worauf können wir diese Menschen verweisen? Frau Karliczek hat ihre schlechte Lösung erst nach wochenlangem Druck präsentiert und versteht noch immer nicht die Dringlichkeit der Lage", kritisiert Vorstandsmitglied Jacob Bühler. Die Studierenden fühlten sich sitzengelassen, heißt es vom fzs. Sie hätten die Wahl zwischen Studienabbruch und Verschuldung. Außerdem würden Kinder aus Nicht-Akademiker-Haushalten so schlechter gestellt. Der Livestream mit seinen vielen Kommentaren und Berichten soll die Ministerin zum Umdenken bewegen - deshalb trägt er auch den Titel "Anja Karliczek - hören Sie den Studierenden zu".

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