
"Du hattest keine andere Wahl!" Treffender als mit diesem Zitat aus einer Storysequenz von "Days Gone" kann man das Spielprinzip des neuesten Sony-Exklusivtitels kaum umschreiben, denn was hier an fiesen Zombies unterwegs ist, lässt einem oft nur zwei Möglichkeiten: sich dem Kampf zu stellen oder die Flucht zu ergreifen.
Worum geht's?
Wir befinden uns in den USA, genauer im Bundesstaat Oregon, was schon deshalb interessant ist, weil die noch relativ unbekannten Entwickler (Bend Studios) selbst ihren Sitz in Oregon haben. Fast die gesamte Menschheit ist in diesem Szenario von einer Pandemie dahingerafft worden. Die wenigen noch Überlebenden haben sich in Camps zusammengeschlossen und bewachen die Tore und Zugänge mit Argwohn. Denn draußen lauern allerlei Gefahren, allen voran die sogenannten "Freaker", zombieähnliche Gestalten, die beim Anblick von Fleisch, manche auch nur beim Anflug eines Geruchs, fuchsteufelswild werden und versuchen, ihre Zähne in die Hälse der Menschen zu hauen.
Einer der Überlebenden ist Deacon St. John und dessen Kumpan Boozer, die in besseren Zeiten Mitglieder eines Motorradclubs waren. Geblieben sind ihnen ihre Motorräder, ihre Kutten und die tiefe Männerfreundschaft. Deacon, so erklärt es die Vorgeschichte, hat durch die Pandemie seine geliebte Frau Sarah verloren – und das Rätsel um ihr Verschwinden ist ein Teil der mäßig gelungenen Story, das es zu lösen gilt.
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Deacon und Boozer verdingen sich als Kopfgeldjäger und machen nicht nur Untoten den Garaus, sondern heben auch Banditenlager aus, beseitigen Scharfschützen und Wegelagerer und manche renitente Einzelgänger. Diverse Hauptmissionen und zahlreiche Nebenquests sorgen dafür, dass wir langsam die Hintergründe begreifen und unseren Protagonisten nach und nach hochleveln können.
Wie bei fast allen anderen Zombiespielen geht's hier auch um knappe Ressourcen und die Möglichkeit, aus mehreren Einzelteilen nützliche Dinge zu basteln. Uns hat das einigen Spaß gemacht – wir haben allerdings auch an "Far Cry 5" unsere Freude gehabt, das für viele Fans einfach nur ein neuer Aufguss eines alten Spielprinzip-Teebeutels war. Ähnlich kann man das bei "Days Gone" natürlich auch sehen.
Um von A nach B zu kommen, steigt Deacon natürlich fast immer auf sein Bike – alles andere wäre auch lebensmüde. Und das ist tatsächlich ein Aspekt von "Days Gone", der wirklich Laune macht: das Fahren der Maschinen, der Sound, die Drive-by-Shootings, aber auch die Nerven, die es kostet, seine Maschine immer ausreichend aufzutanken und zu reparieren oder darauf zu achten, dass der Blubbersound des Choppers nicht die Untoten aufmerken lässt. Wer da zu unbedarft rangeht, macht schnell Bekanntschaft mit dem Tod.
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Was uns gefallen hat

Ganz klar: die Gestaltung und Stimmung der offenen Spielwelt. Den Entwicklern ist es außerordentlich gut gelungen, die beklemmende Leere der verlassenen Orte für sich wirken zu lassen. Oft ist es sehr still, und als Spieler spitzt man schon bald beide Ohren, ob sich Gefahr nähert. Die Freaker und Untoten machen sich durch Schreie, Grunzlaute und Schnüffeln bemerkbar, andere Motorradfahrer hört man schon von weitem (und sitzt man selbst auf dem Bock, weiß man, dass das Motorengeräusch weithin hörbar ist, so dass man jederzeit mit einem Angriff rechnen muss). Der Spieler wird durch die Szenerie förmlich gezwungen, sich zu konzentrieren, Missionen nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und vor allem Gegner eher mit Hinterlist zu bezwingen.
Und wer zum allerersten Mal einer Horde mit Dutzenden Freakern begegnet, die sich quer durch die Landschaft wälzt oder in Höhlen verbirgt, kann einen gehörigen Schrecken bekommen. Zu Beginn ist es sehr, sehr ratsam, einer Horde nicht zu nah zu kommen, zu gefährlich sind die Freaker in dieser schieren Masse. Piranhas sind nichts dagegen.
Gefallen hat uns auch, dass Sony in rascher Abfolge neue Patches breitgestellt hat, um diverse Bugs zu fixen. Mittlerweile steht das Spiel bei Version 1.09, und Sony hat jetzt angekündigt, weniger, dafür aber vollgepacktere Patches zu liefern.
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Was uns nicht gefallen hat

Die Art, wie Missionen und Nebenquests erfüllt werden müssen, hebt sich nicht allzu sehr von anderen Spielen aus dem Genre ab. Auch bei Far Cry, Metro oder Assassin's Creed kennen wir das Prozedere, dass wir eine Mission nach der nächsten absolvieren, Crafting-Dinge sammeln, hochleveln, und natürlich Zwischensequenzen angucken. Never change a running system, kann man natürlich einwenden, aber wir hätten uns hier ein wenig mehr Raffinesse gewünscht.
Auch bei "Days Gone" sind die KI-Gegner leider oft nicht die hellsten Kerzen auf der Zombie-Torte. Manche Freaker bewegen sich wie aufgezogene Roboter, ungelenk und zäh. Das hätte man besser lösen können, aber auch andere Open-World-Spiele kranken ja immer wieder daran.
Die Menüsteuerung ist sehr gewöhnungsbedürftig, und selbst nach vier Wochen Testzeit geraten wir immer noch in Bereiche, in die wir gar nicht wollten. Und leider gibt es bei den Grafikeinstellungen keine Option, eine bessere Farbvariante einzustellen, damit Menschen mit Farbschwächen im grünen Dickicht auf der Landkarte auch wirklich alle möglichen roten Ziele ausmachen können (beim Finden der rettenden Camps wäre das ungemein hilfreich).
Ein letzter Punkt: die Ladezeiten. Wer das Spiel beginnen will, braucht Geduld. Immer. Bis der letzte Spielstand geladen ist, dauert es einfach. Immerhin zeigt ein Ladebalken an, wie weit die Konsole schon gekommen ist, und daneben dreht sich dezent einer von Deacons Fingerringen im Kreis, so dass sich wenigstens ein bisschen was tut auf dem Bildschirm. Positiv: Im Spiel sind die Ladezeiten völlig im Rahmen.
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Unser Fazit zu "Days Gone"
Insgesamt ist "Days Gone" vor allem aufgrund der Atmosphäre ein gelungenes Spiel geworden; die Biker-Idee ist originell, wenngleich das Pandemie- und Weltuntergangssetting natürlich überhaupt nicht innovativ ist. Die Hintergrundstory ist, soviel darf verraten werden, leider nur recht dünn und trägt kaum durch das Spiel. Fans des Zombie-Genres oder von Serien wie "Sons of Anarchy" können dennoch getrost zugreifen. Auch wir werden uns heute Abend wieder auf die Maschine schwingen. Es gilt, noch ein paar Zombienester auszuräumen!
"Days Gone" ist seit dem 26. April 2019 exklusiv erhältlich für PS4 und PS4 Pro.