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Mysteriöser Piratensender: Hier lebt der Musikkanal VIVA weiter

VIVA-Fans haben den ehemaligen Musiksender bis ins kleinste Detail nachgebaut. Im Netz streamt er ein 24-Stunden-Liveprogramm. Legal ist das alles nicht - und der ehemalige Betreiber findet das gar nicht witzig.

Mola Adebisi ist beim "neuen" VIVA nicht zu sehen. Der Piratensender spielt ausschließlich Musik. | © picture alliance/KEYSTONE

Matthias Schwarzer
27.02.2019 | 27.02.2019, 11:50

Berlin. Es ist fast zu schön um wahr zu sein: Auf dem Bildschirm spielt das Intro von "VIVA Club Rotation". Dann folgt ein Auftritt von Faithless. Die britische Dance-Band performt ihren größten Hit "Insomnia" in einer Diskothek. Es folgen Musik-Clips von Ace of Base und Mr. President. Zwischendurch: Eine Werbe-Animation mit buntem VIVA-Logo. VIVA liebt dich.

Was klingt wie ein Fernseh-Nachmittag in den Neunzigern, ist ganz real - und eine Momentaufnahme aus dem Februar 2019. Und das ist eigentlich kaum zu glauben: Der Musiksender VIVA wurde nämlich am 31. Dezember eingestellt. Das Unternehmen Viacom beendete das Programm nach mehr als 25 Jahren zugunsten des Comedy-Senders "Comedy Central".

Doch was wäre das Internet, ohne ein paar verrückte Fans, die einfach nicht loslassen können. Einige von ihnen haben nun ihren Lieblingssender VIVA bis ins allerkleinste Detail nachgebaut. Seit ein paar Monaten streamt der mysteriöse "Piratensender" rund um die Uhr ein Liveprogramm ins Netz - fast so wie in den Neunzigern.

Kein Mola, keine Heike

All das passiert in dem russischen sozialen Netzwerk "VK". Unter dem Namen "VIVA RUSSIA Music Channel" läuft dort ein 24-Stunden-Musikprogramm mit den besten VIVA-Clips der letzten 20 Jahre. Und da ist alles dabei, was den Sender auch damals schon ausmachte: Das markante Dreieck-Logo, VIVA-Animationen zwischen den Clips, Trailer und Einblendungen, die die Titel der Musikclips anzeigen. Und natürlich Faithless und Mr. President.

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Das alles ist total illegal. Doch die Fans des Senders haben offenbar viel Liebe ins Detail gesteckt: Die Einblendungen ähneln dem echten VIVA von früher ganz erstaunlich. Oben links in der Ecke ist ein gespiegeltes Logo zu sehen, wie es so ähnlich seit 2011 auch beim echten VIVA im Einsatz war. Unten links in der Ecke werden Nachrichten von Zuschauern eingeblendet, die über eine fragwürdige "Spenden"-Funktion kostenpflichtig an den Sender geschickt werden können. Fast so wie seinerzeit beim SMS-Format "Get the clip". Viele Trailer und "Werbetrenner" wurden gänzlich vom Original übernommen.

Und auch die Community des Piratensenders ist überaus aktiv: Im VK-Forum diskutieren die Fans auf russisch die VIVA-Sendungen bis ins kleinste Detail. Viele kennen noch exakt den Aufbau der legendären VIVA-Formate und machen Vorschläge zur Verbesserung des Fanprojektes. Einer beispielsweise schlägt vor, statt des spitzen VIVA-Logos doch bitte das alte Logo mit abgerundeten Ecken wieder einzuführen. Gesagt getan.

Doch eins fehlt: Die Moderatoren. Weder Heike Makatsch noch Mola Adebisi tauchen jemals im Livestream auf. Und auch Daisy Dee sucht man vergeblich bei "Club Rotation". Das "neue" VIVA spielt ausschließlich Musik - sonst nichts.

Wer steckt dahinter?

Doch was hat es mit diesem mysteriösen VIVA-Comeback auf sich? Und wer steckt dahinter?

Das herauszufinden, ist praktisch unmöglich. Der oder die Betreiber des Fan-Projektes bleiben anonym. Weder auf der Website noch in den sozialen Netzwerken ist ein Impressum oder eine Kontaktmöglichkeit von "VIVA Russia" angegeben. Mit Hilfe einer Muttersprachlerin versuchen wir über VK Kontakt zu den russischen Machern aufzunehmen - doch eine Antwort bleibt aus.

Und das hat vermutlich auch seinen Grund. Denn das Unternehmen Viacom, der ehemalige Betreiber von VIVA, ist ganz und gar nicht erfreut über dieses "Fan-Projekt".

Viacom droht mit rechtlichen Schritten

"Dieses Angebot ist kein Angebot der Viacom International Media Networks, es handelt sich hier um einen Anbieter, der widerrechtlich unsere Markenzeichen verwendet", erklärt Unternehmenssprecher Claas Paletta auf Anfrage von nw.de. Und: "Wir prüfen entsprechende rechtliche Schritte."

Es dürfte also nur eine Frage der Zeit sein, bis das neue alte VIVA wieder von der Bildfläche verschwinden wird. Den Fans des Senders, die inzwischen den Livestream für sich entdeckt haben, dürfte das sicher nicht gefallen. Für sie stirbt VIVA dann ein zweites Mal.