 
                        Bielefeld. Gratis-Spiele-Apps: Wer hat sie nicht auf seinem Smartphone? Schnell und kostenlos installiert bieten sie eine Menge Spielspaß. Doch dann das: Um zusätzliche Funktionen nutzen zu können, muss erst ein spezieller Schlüssel gekauft werden. Oder ein Schwert würde mir als Spieler mehr Kraft verleihen - kostet aber. Und mit virtuellen Münzen könnten für den Spielverlauf hilfreiche Gegenstände gekauft oder die Wartezeit verkürzt werden - sie können aber nur gegen echtes Geld eingetauscht werden.
Durch solche sogenannten In-App-Käufe kann der eigentlich kostenlose Spielspaß noch gesteigert, aber auch ziemlich teuer werden - wenn man nicht aufpasst. Nicht vorgeschrieben ist nämlich, dass Spiele-Anbieter im Vorfeld angeben müssen, wieviel ein Spieler verspielen kann.
Mal taucht ein zentral platzierter "Kaufen"-Button auf, mal öffnen sich während des Spiels zusätzliche Fenster, die auf Kaufoptionen hinweisen. Viele Käufe zu kleinen Beträgen können sich am Ende zu einer großen Summe addieren. Hat der Verbraucher Zahlungsmethoden auf seinem Smartphone hinterlegt, sind In-App-Käufe besonders schnell und einfach möglich - und man verliert schnell den Überblick über die Höhe der Rechnungssumme. Worauf Sie und Ihre Kinder achten sollten:
Was sind In-App-Käufe?
Bei kostenlosen Apps und Free-to-Play-Spielen ist die Einstiegshürde für neue Spieler oft sehr niedrig. Die ersten Erfolge treten schnell ein. Doch je weiter der Spieler vorankommt, desto schwierig wird es. Erfolge bleiben aus, der Spieler benötigt mehr Zeit um diese zu erreichen. Wer im Spiel also weiterhin möglichst schnell weiterkommen möchte, kann sich freiwillig und legal seinen ganz persönlichen Fortschritt erkaufen. "Meist werden die Nutzer schlicht mit extrem langsamen Fortschritt oder generell schwachen Entfaltungsmöglichkeiten in einer App vom Entwickler bereits unter Kaufzwang gestellt", sagt Andre Wolf von Mimikama, ein Verein zur Aufklärung über Internetmissbrauch. Verlockend auch für Kinder.
Im Spiel "Pou" von Zakeh zum Beispiel müssen die jungen Spieler sich um ein Wesen mit großen Kulleraugen kümmern. Pou will gefüttert, gewaschen und bei Laune gehalten werden. Geht es Pou gut, lacht er, ist er müde oder dreckig, zeigen seine Mundwinkel nach unten. Kommen die Kinder bei der Pflege nicht nach, wird das Knuddeltier krank. Pou zittert und seine Augen fallen immer wieder zu. Selbst während einer Spielpause erinnert das Handy daran, dass Pou Hunger hat oder schlafen möchte. Natürlich braucht es für Essen, Kleidung und Medikamente virtuelles Geld, das man sich langfristig erspielen - oder kaufen muss.
Von den Einnahmen aus solchen In-App-Käufen leben die Entwickler. Gaming-Fans kritisieren in Foren immer wieder, das ein Teil der „Freemium"-Apps ohne eine Vielzahl von In-App-Käufen quasi unspielbar ist, dass Supersonderangebote eigentlich keine sind. Sie fordern eine Regulierung.
Laut Andre Wolf stellt auch Malvertising in Apps durchaus ein Problem dar. Also schädliche Online-Werbung. "Erst jüngst gab es Probleme in der Spotify App mit schädlichen Werbeeinblendungen", sagt er. Malvertising sei generell ein unschönes Problem, "da diese wie Werbeeinblendungen aussehen, eventuell auch In-App-Käufen gleichen, jedoch unauthorisierte und schädliche Einblendungen sind".
"Ferner besteht bei unseriösen Apps auch die Gefahr der versteckten Abos oder der spontane Verlust gekaufter Gegenstände bzw. des eingewechselten Geldes, wenn das Spiel vom Netz genommen wird", warnt Wolf.
Eines der weltweit erfolgreichsten Smartphone-Spiele der Welt
Bei"Clash of Clans", besteht der Fortschritt zum Beispiel aus virtuellen Juwelen, die der Spieler mit realem Geld erwerben muss. Mindestens kosten diese grünen Steinchen 4,99 Euro, für eine ganze Kiste voll mit den virtuellen Juwelen muss der Spieler schon 99,90 Euro hinlegen. Natürlich ist der Einsatz des Spielgeldes - und damit auch die Entscheidung, ob man dafür echtes Geld ausgibt - freiwillig. Aber auf dem Weg, ein eigenes Bataillon und ein Dorf aufzubauen und dieses gegen andere Klans zu verteidigen, verschaffen die Juwelen dem Spieler Überlegenheit. Ohne In-App-Käufe dauert der Bau mancher Spieleinheiten bis zu 14 Tage. Mit den grünen Juwelen wird alles beschleunigt.
Hinzu kommt der Gruppendruck. "Clash of Clans" ist ein Gruppenspiel, in dem mehrere Spieler gemeinsam in einem Clan spielen können - und ein Spieler unter Druck gerät, wenn er im Spiel zurückfällt.
Entwickler von "Clash of Clans" ist das finnische Start- up-Unternehmen Supercell - und das verdient mit diesem Spiel aus dem Jahr 2013, dem Ableger "Clash Royale" und den Spielen "Hay Day" und "Boom Beach" richtig gut. 2015 erwirtschafteten die 180 Mitarbeiter weltweit rund 2,3 Milliarden Dollar Umsatz und generierten 900 Millionen Dollar Gewinn. Denn Supercell hat neben den Personalkosten nur Marketingkosten. Im Jahr 2014 hat das Unternehmen 400 Millionen Euro in Werbung gesteckt und sogar mit einem TV-Spot beim Superbowl geworben.
Doch insgesamt ist "Clash of Clans" bei den In-App-Umsätzen mittlerweile hinter vergleichbare Konkurrenten wie "Mobile Strike" vom Entwickler Epic War zurückgefallen. Spiele-Hypes haben bei der jugendlichen Zielgruppe nur eine begrenzte Lebensdauer. Statistisch betrachtet verliert die durchschnittliche App in den ersten drei Tagen nach dem Download fast 80 Prozent ihrer Nutzer.
Ebenfalls erfolgreich: Candy Crush
Bekannt geworden für seinen finanziellen Erfolg durch In-App-Käufe ist auch Candy Crush. Das Puzzle-Spiel war im Jahr 2013 das finanziell erfolgreichste mobile Spiel. Entwickler King Digital Entertainment erwirtschaftete 2013 einen Gewinn von 568 Millionen Dollar, bei einem Umsatz von 1,9 Millionen Dollar. Ein Großteil des Umsatzes ist "Candy Crush" zu verdanken.
Das Spiel funktioniert ganz einfach: Der Spieler sortiert Süßigkeiten nach dem Drei-Gewinnt-Prinzip auf einem Spielfeld, bis ein bestimmtes Spielfeld erreicht wird. Oder eben nicht. Denn das ist das Geschäftsmodell. Die Level von "Candy Crush" sind mit der Zeit immer schwieriger zu lösen. Hinzu kommt: Hat der Spieler seine verfügbaren Leben aufgebraucht, muss er stundenlang pausieren, um weiterspielen zu können. Oder er investiert reales Geld in neue virtuelle Leben, um höhere Level erreichen zu können.
Wie wird der In-App-Kauf abgewickelt?
In-App-Käufe erfolgen über den jeweiligen App-Store des Smartphone-Besitzers oder über Benutzerkonten. Bei iOS wird der Betrag also vom iTunes-Guthaben abgebucht. Android-Nutzer zahlen mit der im Play Store hinterlegten Zahlungsmethode. Insbesondere Kreditkarten-, Konto- oder Handynummern sind dabei die Schlüssel für die Transaktion. Wer seine Daten gespeichert hat, kann die In-App-Käufe schnell abwickeln.
Alternativ lassen sich Guthaben auch mit Prepaid-Karten auffüllen. Das bremst die Kosten, weil die Rechnung nicht so schnell unübersichtlich werden kann. Allerdings sind solche Karten auch für Kinder relativ einfach an der Supermarktkasse oder in der Tankstelle erhältlich.
Daten als Währung
Die Verbraucherzentrale NRW weist darauf hin, dass Nutzer bei kostenlosen Spielen auch mit allerhand persönlichen Daten bezahlen. So habe sich das Unternehmen hinter Pokémon Go, Niantic Labs (USA), den Zugriff auf viele Daten der Nutzer vorbehalten und in seiner Datenschutzerklärung festgeschrieben, dass alle gesammelten und gespeicherten Daten der Firma gehören. Diese können dann für Werbezwecke gewinnbringend beliebig weiterverkauft werden. Der Hinweis der Verbraucherschützer: "Nur wenn der Anbieter seinen Sitz in der EU hat, gelten für ihn die europäischen Datenschutzstandards - und dann ist die Weitergabe personenbezogener Daten ohne Einwilligung nicht erlaubt."
Wie deaktiviere ich In-App-Käufe bei iOS?
Wenn Sie In-App-Käufe komplett sperren möchten, ist das laut Andre Wolf technisch problemlos möglich. Sie müssen folgende Schritte befolgen:
- Öffnen Sie die Einstellungen Ihres Gerätes
- Wählen Sie Allgemein
- Wählen Sie Einschränkungen
- Wählen Sie Einschränkungen aktivieren
- Jetzt werden Sie aufgefordert, einen vierstelligen Einschränkungs-Code zu vergeben. Dieser sollte sich von dem Code unterscheiden, mit dem Sie das Gerät entsperren. Und natürlich müssen Sie sich die Zahl merken können.
- Bestätigen Sie den Code, um die Einschränkungen zu aktivieren.
- Deaktivieren Sie nun die In-App-Käufe per Schieberegler
Wenn Sie In-App-Käufe oder Downloads allgemein nicht vollständig deaktivieren wollen, aber verhindern möchten, dass etwa die Kinder unerlaubt einkaufen, können Sie unter "Kennwort erforderlich" (ebenfalls unter dem Menüpunkt "Einschränkungen") festlegen, dass für Downloads ein Passwort verlangt wird. Dabei haben Sie zwei Möglichkeiten:
- Bei der Option "Sofort" müssen Sie vor jedem Kauf das Passwort Ihrer Apple-ID eingeben.
- Bei "15 Minuten" bleibt das Passwort nach der ersten Eingabe 15 Minuten lang für weitere Käufe gültig.
Wie deaktiviere ich In-App-Käufe bei Android?
"Android funktioniert da ein wenig anders", sagt Andre Wolf. "Man kann zwar In-App-Käufe nicht gänzlich sperren, jedoch zumindest eine Hürde einbauen." Durch die Aktivierung der Authentifizierung können versehentliche Käufe verhindert werden. "Damit macht man sich selbst zumindest das Leben schwer."
- Öffnen Sie den Google-Play-Store
- Unter „Nutzersteuerung" wählen Sie Authentifizierung für Käufe erforderlich und Für alle Käufe bei Google Play auf diesem Gerät.
- Nach Eingabe Ihres Google Kennworts und einem Tipper auf OK sind Einkäufe nur noch nach Eingabe Ihres Google-Kennworts möglich.
Was Eltern tun können?
Grundsätzlich müssen Eltern den In-App-Käufen zustimmen, damit diese rechtlich wirksam werden. Hat ein Kind Geld für In-App-Käufe ausgegeben, kann geprüft werden, ob dieser Kauf widerrufen werden kann. Die Beratungsstellen der Verbraucherzentrale NRW helfen dabei weiter.
 
                 
                                 
                                 
                                