

Ach, Mirror's Edge Catalyst. Ich will dich so sehr gern haben. Und ich hab dich gern. Ich hatte auch deinen Vorgänger gern. Seine glänzende, sterile, abstoßende und doch faszinierend anziehende Welt, die du geerbt hast. Und trotzdem will es mit uns nicht so richtig funktionieren. Denn du hast ein großes Problem mit dir selbst: du weißt nicht, was du sein willst.
Du willst eine Welt präsentieren, die so gleichgeschaltet und uniform wie nur irgendwas ist, wo Abweichler inklusive der Spielheldin Faith auf die Dächer der klinisch weißen Hochhäuser gezwungen sind, um überhaupt so etwas wie Freiheit zu empfinden. Und doch konterkariert deine Spielmechanik diesen Ansatz auf geradezu kuriose Weise.
Denn deine Open World kopiert an so vielen Stellen andere Spiele, dass genauso gut Ezio Auditore aus Assassin's Creed oder Talion aus Mittelerde: Mordor's Schatten an den futuristischen Häuserfassaden entlanglaufen könnten. Haufenweise Sammelbares, noch mehr zeitlimitierte Lieferaufträge (die dauernd respawnen) und ein Charaktersystem, das meine eh schon kaum bezwingbare Spielfigur vollends zum sprintenden Panzer werden lässt.

Kurz: Alles Dinge, die wir ausgefeilter und besser ausbalanciert schon anderswo gesehen haben. Du scheinst trotz deines spannenden Settings, in dem es um die Unterdrückung alles Individuellen gehen soll, nicht den Mut gehabt zu haben, etwas wirklich Eigenes zu sein.
Vielleicht ist daran dein Vorgänger nicht unschuldig. Der als visuelle und spielerische Offenbarung gehandelt wurde, weil man sich in ihm in Ego-Perspektive abrollen konnte - und es dann aber weitestgehend dabei blieb, als jeder das Spiel ausprobieren konnte.
Vielleicht hat das deine Entwickler vorsichtig werden lassen. Lieber nichts riskieren, lieber das bauen, was alle mögen, mit Spielelementen, die jeder kennt. Und das bei einem Spiel, dessen Spielheldin Faith heißt, also Zuversicht. Hättest du ein bisschen Faith gehabt, was hätte aus dir für ein fantastisches, eigenes Spiel werden können.
Denn du hast doch so großartige Momente. Zum Beispiel als mich der Stadtteil "Shimmering Heights", den ich wie die ganze Stadt nach und nach frei erkunden kann, schon fast mit seinem ganzen Geschimmere zu Tode genervt hat, machst du das einzig Richtige: Du beginnst mit der Zerstörung der schimmernden Fassade. Denn natürlich muss alles Schöne, auch das nur vordergründig Schöne, irgendwann sterben.
Allein dieser Moment reicht mir als Spieler schon, um mir klar zu machen, dass da intelligente Menschen an diesem Spiel gearbeitet haben. Die ein richtig gutes Spiel machen wollten, das aber aus Gründen nicht geschafft haben. So bleibst du nur ein überdurchschnittlich schönes Durchschnittsspiel.
Denn obwohl du das Geschwindigkeitsgefühl bei jedem Lauf durch die Spielwelt wie kaum ein zweites Spiel durch die Ego-Perspektive erlebbar machst, hast du an allen anderen Baustellen deines Vorgängers nur noch höhere Bauzäune gebaut. Damit wir länger daran zu arbeiten haben, bis uns auffällt, das wir dasselbe Haus gebaut haben, wie beim letzten Mal. Mehr Spiel oder gar ein eigenes Spiel bist du leider nicht geworden. Und das ist unheimlich schade.
Unser Fazit: