Wir sagen es mal, wie es ist: Open Worlds haben uns schon mal mehr geflasht als im Jahr 2022. Zu sehr gilt mittlerweile das irrige Motto "Mehr ist besser". Auch "Horizon: Forbidden West", der Nachfolger des gefeierten "Zero Dawn", tappt mitunter in diese Falle. Das Gute: Es gibt trotzdem wenige Spiele, die uns so in ihrer Welt gefangen halten.
Wir haben das Playstation-Exclusive gespielt und verraten, was euch erwartet, welche eurer Erwartungen ihr am besten vergesst, und warum das Spiel noch besser gewesen wäre, wenn die Hälfte der Aufgaben dringesteckt hätte.
Worum geht's noch mal?
Unsere Heldin Aloy setzt in "Forbidden West" ihren Weg durch die Welt 1.000 Jahre nach dem Ende der menschlichen Zivilisation, wie wir sie kennen, fort. Noch immer stromern die Tieren nachempfundenen (und fantastisch animierten) Maschinenwesen durch die Open World. Diesmal erkunden wir Teile Nevadas und Kaliforniens.
Und wieder müssen wir die untergegangene Welt retten. Denn die Bedrohung durch die abtrünnige KI Hades, die Aloy für besiegt hielt, hängt irgendwie mit einer mysteriösen, nicht menschgemachten Seuche zusammen, die das Land befällt und Pflanzen und Tiere tötet. Hades hat irgendwie überlebt - und unser mysteriöser Gegenspieler Sylens hat mit seinen Überresten offenbar Großes vor.
Wir wollen nicht zu viel verraten, aber die Story ist auch diesmal eine der Stärken des Spiels. Die tragische Enthüllung des Schicksals der Menschheit aus "Zero Dawn" kann "Forbidden West" zwar nicht toppen. Und seine Erzählung präsentiert auch erstmal reichlich Vorlauf, bevor sie in Gang kommt.
Aber mal im Ernst: Das Ding hier spielen wir vor allem wegen der Geschichte. Deshalb wollen wir einfach immer noch mehr über die untergegangene Zivilisation erfahren, lauschen gebannt auch noch der letzten Tonaufnahme eines Menschen, der erkennt, dass ihn nichts mehr vor den eiskalten Maschinen retten wird, außer der sanften Umarmung des Todes. Und verfolgen, wie Aloy das Geheimnis der Seuche immer weiter enthüllt, ohne uns je zu langweilen. Was "Horizon" inszeniert, ist packend, manchmal in opulenten Zwischensequenzen ausgebreitet und einfach hervorragende Unterhaltung.
Warum ist das Spiel so gut?
Auch die Kämpfe mit Pfeil, Bogen und Speer gegen die im Spielverlauf immer größer und fordernder werdenden Maschinen, die Erkundung der Welt, die Klettermechanik, das Questen: All das gehört zum Besten, was Open-World-Adventures bieten können. "Horizon" entfaltet bisweilen einen irren Flow, hier stört beim Spielen einfach nichts.
Wenn man auf bestimmte Aktivitäten keine Lust hat, lässt man sie eben weg. Das konnten Story-Enthusiasten auch im Vorgänger so machen. Optionale Jägerherausforderungen oder Sammelaufgaben kann man jetzt wie damals ignorieren, es fehlt einem nichts am Erlebnis - höchstens der beste Bogen oder die beste Rüstung im Spiel. Das allerdings ist auf dem mittleren Schwierigkeit selten ein Problem.
Was hat uns weniger gefallen?
Die optionalen Aufgaben sind zwar nicht im Weg, allerdings ist das Spiel manchmal selbst der beste Hinweisgeber dafür, dass manche von ihnen echte Fremdkörper sind. Ein Beispiel: die Jagd-Herausforderungen. Inmitten der Suche nach einer Lösung für die bevorstehende Vernichtung allen Lebens sollen wir beim Preisschießen auf Maschinentiere mitmachen. Aloys etwas müde, aber auch vollkommen passende Antwort: "Das mache ich - wenn ich die Lage hier unter Kontrolle habe." Jup, wär vielleicht besser.
Und so hat man am meisten von der wahnsinnig schönen Welt und ihren wahnsinnig gefährlichen Aufgaben (und Bewohnern), wenn man sich vor allem auf das beschränkt, was einem mehr über diese Welt verrät. Vielleicht hätte Entwickler Guerrilla Games einige Herausforderungen weglassen können und stattdessen mehr Nebenquests einbauen können, die wirklich etwas zu erzählen haben. Denn die gibt es zuhauf, und die meisten von ihnen sind entweder spielerisch oder erzählerisch hervorragend. Oder beides.
Einziger Gameplay-Wehrmutstropfen: Die Fähigkeiten, die wir in sieben verschiedenen Segmenten freischalten, sind so zahlreich, dass bisweilen der Überblick flöten geht. Auch hatten wir bei spontanen Begegnungen manchmal einfach den falschen ausgerüstet und mussten uns inmitten von Angriffen erstmal durchs Menü aller Skills schalten. Das geht zwar recht flott, aber vor allem auf den höheren Schwierigkeitsgraden beißt man in solchen Momenten schnell ins Steppengras, ohne reagieren zu können.
Fazit
"Horizon Zero Dawn" war ein Meisterwerk. Seine Welt zog uns mit dem Spannungsfeld aus Fremdartigkeit und Vertrautheit in ihren Bann, begeisterte mit packenden Bogen-und-Speer-Kämpfen gegen riesige Tier-Maschinen, und seine Story über eine Vergangenheit, die sich die eigene Zukunft zerstörte, ging ans Herz. "Forbidden West" erbt im Grunde alle Stärken, das spannendste Story-Geheimnis hat der Vorgänger aber nun leider schon verraten.
Trotzdem wollen wir immer nur noch tiefer eintauchen. Denn natürlich hatten die Entwickler immer noch einen Haufen guter, teilweise überraschender Ideen für die Fortsetzung. Und es reißt uns einfach nichts raus, kaum ein Element fühlt sich störend an - mal abgesehen von Open-World-Beschäftigungsquests, wie es sie leider in viel zu vielen Spielen gibt.
Immerhin können wir sie einfach links liegen lassen. Dann bleiben immer noch gute 80-100 Stunden im verbotenen Westen - von denen wir bisher keine einzige bereut haben. Ein fantastisches Spiel.
"Horizon Forbidden West" ist für Playstation 4 und 5 erhältlich, kostet je nach Version 70 bis 80 Euro und ist ab 12 Jahren freigegeben. ACHTUNG: PS5-Besitzer, die im Playstation Store die PS4-Version kaufen, bekommen das Upgrade auf die PS5-Fassung gratis.