Bielefeld. Dass die Pandemie künftig als Vorlage von Filmen und Serien dienen wird, muss befürchtet werden. Dass Corona noch während der anhaltenden Krise für eine Hollywood-Dystopie herhalten muss, überrascht dann aber doch. Der von Michael Bay (Transformers, Bad Boys, Armageddon) produzierte Science-Fiction-Thriller "Songbird" sorgte schon bei der Trailer-Veröffentlichung für Diskussionen im Netz, in denen dem Werk auch Geschmacklosigkeit im Umgang mit einer noch andauernden Krise vorgeworfen wurde. Nun stellt sich heraus: Das Werk hält, was es im Trailer versprach.
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"Songbird" schreibt das Jahr 2024 in Los Angeles. Die Covid-Pandemie dauert seit vier Jahren an. Die Nachrichten berichten über die Mutation von "Covid 23", über die Hälfte der Infizierten stirbt in dieser Untergangsfantasie. Die Stadt ist in Q-Zonen, also Quarantäne-Zonen, eingeteilt, in die Infizierte und alle Menschen aus ihrer Umgebung gebracht werden. Es sind so viele, dass die Lager überfüllt sind und weitere Q-Zonen errichtet werden müssen. Wer gesund ist, hält außerhalb der eigenen Familie nur noch über Video Kontakte. Es gilt das Kriegsrecht.
Garstige Reiche gegen arme Paketboten
Zu den wenigen Menschen, die sich noch frei bewegen dürfen, gehören immune Menschen. Sie dürfen und müssen Jobs im Freien übernehmen: als Paketboten zum Beispiel. Ein solcher Paketbote ist auch Hauptfigur des Films. Sein Ziel: raus aus Los Angeles und dorthin, wo die Infektionszahlen gerade bei Null sind. Aber nicht ohne seine Liebste. Die allerdings muss in Zwangsisolation leben.
An diesem Konflikt entlang erzählt der Film die alte Geschichte von Gut gegen Böse, Opfer gegen Täter. Garstige Reiche und Krisenprofiteure mit Allmachtsfantasien versuchen in "Songbird" die arme junge Liebe zu unterdrücken. Die Geschichte ist sehr vorhersehbar. Die Charaktere sind einfach gehalten, zu einfach, um echte Emotionen zu transportieren. Dabei tun die Darsteller ihr Bestes. Neben K. J. Apa (Riverdale) gibt sich sogar Hollywoodstar Demi Moore die Ehre.
Grenze überschritten
"Songbird" könnte einfach nur ein weiterer viel zu schnell und viel zu oberflächlich erzählter Action-Film sein. Leider sprengt Hollywood mit dem Film außerdem die Grenzen des guten Geschmacks. Natürlich können Filmemacher jederzeit und auch schon jetzt die Pandemie als Story verwerten. Aber die Zuschauer dürfen wohl erwarten, dass dies mit ein wenig Verantwortungsgefühl und Anspruch getan wird. Zumal, wenn sie noch mitten in der Krise stecken.
Stattdessen wird das Publikum das Gefühl nicht los, hier wollte jemand unbedingt der Erste sein, der einen Corona-Thriller veröffentlicht. Und dafür war jedes Mittel recht: Die Todesraten immer neuer Covid-Varianten in die Höhe zu erzählen. Den Verschwörungsmythos von antidemokratischen Kräften zu benutzen, um das Ganze noch auswegloser erscheinen zu lassen. Besonders vor dem Hintergrund der noch laufenden Corona-Pandemie ist diese Art der faktenfreien Zuspitzung, die offensichtlich nur dazu dienen soll, das Publikum zu schocken, eine Zumutung.
Am Schluss dürfen die Zuschauer sich übrigens doch noch über eine Sache freuen: Der Film ist mit einer Länge von knapp 90 Minuten vergleichsweise kurz.
Der Film ist seit dem 12. Februar 2021 bei Amazon Prime Video zu sehen.