Corona-Krise: Was Schwangere jetzt wissen müssen

Bielefeld. Die zunehmende Ausbreitung des Coronavirus und die steigenden Herausforderungen an das Gesundheitssystem besorgen aktuell viele Frauen, die ein Kind erwarten oder gerade erst entbunden haben. Der Bielefelder Gynäkologe Rolf Englisch und weitere Experten klären die wichtigsten Fragen. Sind Schwangere durch das Coronavirus besonders gefährdet?&bdquo;Derzeit gibt es international keinen Hinweis, dass Schwangere durch das Coronavirus gefährdeter sind als die allgemeine Bevölkerung. Deshalb zählen sie im Gegensatz zu Senioren oder Vorerkrankten auch nicht zur Risikogruppe", erklärt Rolf Englisch, Vorsitzender des Landesverbands Westfalen-Lippe im Berufsverband der Frauenärzte. Diese Einschätzung bestätigt auch das Bundesgesundheitsministerium: &bdquo;Aus den bisherigen Untersuchungen geht hervor, dass eine Schwangerschaft keinen Einfluss auf die Schwere des Krankheitsverlaufs hat." Allerdings habe das Wissen um das neuartige Coronavirus noch Lücken. So gibt es bisher nur wenige Studien, in denen Schwangere mit Covid-19 untersucht wurden. Laut der deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) wird erwartet, dass die große Mehrheit der Schwangeren nur leichte oder mittelschwere Symptome, ähnlich einer Erkältung aufweist. Was können Schwangere tun, um ihr Risiko, am Coronavirus zu erkranken, zu verringern?&bdquo;Für Schwangere gelten dieselben Ratschläge wie für andere Menschen auch", erklärt Englisch. &bdquo;Das Wichtigste ist, sich regelmäßig und effektiv die Hände zu waschen und zu desinfizieren. Zudem sollten sie große Menschenansammlungen meiden." Der Bielefelder Frauenarzt rät Schwangeren auch dazu, dass sie lieber ihren Partner zum Einkaufen schicken. Nach der Entbindung sollten Mütter das Krankenhaus so schnell wie möglich verlassen. &bdquo;Im Krankenhaus ist das Ansteckungsrisiko höher als zuhause, deshalb lieber ein paar Tage früher die Klinik verlassen und sich zuhause erholen." Wird das Coronavirus während der Schwangerschaft übertragen?&bdquo;Auch hierzu gibt es international noch keine Hinweise", sagt Englisch. Bislang wurde nach Angaben der DGGG international nur über 20 Schwangerschaften berichtet, alle aus China. Die Infektionen erfolgten alle im dritten Schwangerschafts-Trimester. &bdquo;In keinem Fall war ein Neugeborenes infiziert. Es wurden auch keine Auffälligkeiten bei Mutter und Kind registriert", erklärt eine Sprecherin. Zudem gebe es bislang auch keine Hinwiese auf ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten. &bdquo;Es wird daher als unwahrscheinlich angesehen, dass das Virus beim Fötus zu Anomalien führt." Wie gefährdet sind Kinder?Bisher tritt die Erkrankung bei Kindern laut Weltgesundheitsorganisation vergleichsweise selten auf und wenn doch, dann verläuft die Erkrankung mild. &bdquo;Schwere oder gar kritische Verläufe wurden nur bei einem sehr geringen Teil der betroffenen Kinder und Jugendlichen in China beobachtet", erklärt ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums. Inwieweit sich eine Infektion der Mutter auf das neugeborene Kind auswirkt, lässt sich nach Angaben der DGGG noch nicht sagen. &bdquo;Es wird angenommen, dass eine Übertragung über den engen Kontakt zwischen Mutter und Kind durch eine Tröpfcheninfektion möglich ist." Für eine abschließende Klärung ist die Datenlage nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums aber noch nicht ausreichend. Das gelte auch für die Frage nach der Rolle von Kindern bei der Übertragung des Virus. &bdquo;Aktuell deutet viel daraufhin, dass sie das Virus verbreiten und deshalb keinen Kontakt zu Risikogruppen haben sollten", sagt Englisch. Wie sollen sich Schwangeren verhalten, wenn sie positiv auf das Coronavirus getestet wurden?Die Berufsverbände der Frauenärzte in Deutschland bitten alle infizierten Schwangeren darum, die Diagnose ihrem Frauenarzt telefonisch mitzuteilen. &bdquo;Wenn Betroffene keine oder leichte Symptome haben und keine Risikofaktoren für Komplikationen wie Vorerkrankungen vorliegen, können sie sich unter Betreuung durch einen behandelnden Arzt zu Hause zu erholen", erklärt eine Sprecherin der DGGG. Bei schwereren Symptomen sollten Frauen nach Möglichkeit jedoch im Krankenhaus behandelt werden. Sollten Mütter ihre Kinder weiterhin stillen?&bdquo;Ja, ein Nachweis des Virus in der Muttermilch lässt sich nicht finden", erklärt der Bielefelder Gynäkologe Englisch. Da es laut DGGG aktuell keine Hinweise darauf gibt, dass das Virus über die Muttermilch übertragen werden kann, wird davon ausgegangen, dass die Vorteile des Stillens die potenziellen Risiken einer Übertragung des Coronavirus überwiegen. &bdquo;Infizierte Mütter oder Verdachtsfälle sollten beim Stillen durch Hygienemaßnahmen wie gründliches Händewaschen vor und nach dem Kontakt mit dem Kind und durch das Tragen eines Mundschutzes eine Übertragung des Virus durch Tröpfcheninfektion verhindern", rät eine Sprecherin. Sollten Schwangere Kontrolltermine weiter wahrnehmen?Sollte die werdende Mutter infiziert sein oder sich in Quarantäne befinden, ist es nach Angaben der DGGG besser, routinemäßige vorgeburtliche Termine zu verschieben, bis die Isolation endet, soweit das ohne Schaden für Mutter und Kind möglich ist. Gesunde Schwangere sollten Kontrolltermine wahrnehmen. Zum Schutz ihrer Patientinnen und ihrer Teams passen auch die Frauenärzte ihren Praxisalltag an die Ausbreitung des Coronavirus an. &bdquo;Der Praxisbetrieb läuft im Notfallmodus", erklärt Englisch. &bdquo;Nicht unbedingt notwendige Untersuchungen, wie zum Beispiel zur Krebsfrüherkennung, werden verschoben. Vor allem die unserer älteren Patientinnen." Zudem haben Englisch und sein Team die Hälfte der Stühle im Wartezimmer entfernt und diverse Hinweisschilder aufgehängt, um für möglichst viel Abstand zu sorgen. &bdquo;Alle Patientinnen sollen möglichst lange draußen warten, am besten im Auto, um die Wartezeit in der Praxis so gering wie möglich zu halten." Auch für längere Aufenthalte in der Praxis suchen Englisch und sein Team Alternativen. &bdquo;Für den Blutzuckertest müssen Schwangere eigentlich eine Stunde in der Praxis warten, diese Wartezeit überbrücken sie jetzt am besten im Auto." Zudem bittet Englisch alle Patientinnen, keine Angehörigen mehr zu den Untersuchungen mitzubringen. &bdquo;Besucher gestatten wir nur noch, wenn es dringend notwendig ist, wie bei Dolmetschern." Sollten Schwangere weiterhin möglichst auf natürlichem Weg entbinden?&bdquo;Ja, die Ausbreitung des Coronavirus rechtfertigt keinen Kaiserschnitt. Durch Kaiserschnitte steigt die Infektionsgefahr und der Krankenhausaufenthalt verlängert sich, wodurch wiederum das Ansteckungsrisiko steigt", erklärt Englisch. Die Klinik Worms in Rheinland-Pfalz entbindet werdende Mütter im Falle einer Covid-19-Infektion, wenn zeitlich möglich, per Kaiserschnitt. &bdquo;Es geht dabei natürlich nicht nur um den Schutz der Mitarbeiter, sondern auch um den Schutz von Mutter und Kind", sagt Kliniksprecherin Eva Ehmke. Doch die DGGG lehnt dieses Vorgehen strikt ab, weil die Klinik unnötige Risiken eingeht. &bdquo;Organisatorische Gründe rechtfertigen keine höheren Behandlungsrisiken. Frauen mit Kaiserschnitten sind anfälliger für Komplikationen als Mütter, die ihre Kinder natürlich zur Welt bringen", erklärt Vizepräsident Frank Louwen. Eine Infektion mit dem Coronavirus sei keine Indikation für einen Kaiserschnitt. Auch die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, die Art der Geburt mit Schwangeren abzustimmen und Kaiserschnitte nur in medizinisch begründeten Fällen durchzuführen. Auch bei Frauen ohne Infektion sei die Coronakrise keine Indikation für eine vorgezogene Geburt, etwa durch Einleitung. &bdquo;Gegenteilig können daraus Komplikationen erwachsen, die im Extremfall Intensivbetten blockieren", ergänzt Louwen. &bdquo;Ausschließlich medizinische Gründe dürfen zur einer Intervention in der Geburtshilfe führen." Die aktuellen Fallzahlen aus OWL im Überblick:

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