Helfen Tabletten und Co.?

Was tun bei Schlaflosigkeit? Ein Experte aus Bielefeld gibt Tipps

Nur Probleme beim Einschlafen oder schon eine echte Störung? Marco Busch erklärt, wo der Unterschied liegt. Und, wie erholsamer Schlaf funktioniert.

Erholsam ist der Schlaf, wenn man von selbst aufwacht. | © Symbolbild: Pixabay

Katharina Doht
31.01.2024 | 12.03.2024, 09:40

Jeder schläft mal schlecht - oder? Doch es gibt einen Unterschied zwischen Einschlaf- oder Durchschlafproblemen und echten Schlafstörungen. Erstere lassen sich durch einfache Tipps vermeiden.

Schlafstörungen sind ein Fall für Marco Busch, Leiter des neurologischen Schlaflabors am Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB). Er erklärt, wie erholsamer Schlaf klappen kann, was Einschlafhilfen wie Tabletten oder Sprays bringen und wann ein Besuch beim Arzt unausweichlich ist.

Was ist guter Schlaf?

"Schlaf ist das Reparaturprogramm des Körpers. Er ist gut, wenn man sich tagsüber fit fühlt", so die einfache Erklärung von Marco Busch. Doch das kann für jeden etwas anderes bedeuten: Normaler Schlaf dauert zwischen fünf und zehn Stunden, erklärt Busch. Zwei Prozent der Erwachsenen brauchen tatsächlich nur fünf Stunden, wiederum zwei Prozent brauchen mehr als zehn.

In der Mitte liegt die Wahrheit - die meisten Menschen schlafen zwischen sieben und acht Stunden. Noch vor 20 bis 40 Jahren sei das eine Stunde länger gewesen, so Busch. "Wichtig ist, dass man genug Tiefschlaf hat." Aussagekräftig nachvollziehen lässt sich das jedoch nur im Schlaflabor.

Schlafmangel macht sich jedoch direkt bemerkbar, sagt AOK-Vorstandsvorsitzender Tom Ackermann. Müdigkeit, Konzentrationsprobleme und ein Leistungsverlust seien die Folge. Langfristig führe Schlafmangel auch zu Erkrankungen zum Beispiel des Herz-Kreislauf-Systems, auch Diabetes oder psychischen Probleme könnten begünstigt werden.

Wie lange dauert ein sogenannter Schlafzyklus?

In jeder Nacht durchläuft der Mensch vier bis sechs sogenannte Schlafzyklen. Unterteilt wird ein Zyklus in vier Phasen: Einschlafen, Leichtschlaf, Tiefschlaf und Traumschlaf. Jeder Zyklus dauert zwischen 90 und 110 Minuten.

Können Apps mir sagen, ob ich gut schlafe?

Viele tragen ihre Smartwatch auch in der Nacht, um mithilfe von Apps ihren Schlaf zu überwachen. Da diese jedoch am Handgelenk messen und nicht wie im Schlaflabor mit Elektroden an der Kopfhaut, seien sie kaum zu vergleichen, so Busch. "So ganz schlecht sind sie nicht darin", sagt der Experte, allerdings dürften sie nur ein Anhaltspunkt für Schlafprobleme sein. "Durch diese Screening-Systeme ist keine Diagnose möglich", macht Busch klar.

Kann ich Schlaf nachholen?

Theoretisch, ja, sagt der Experte. "Menschen mit Ein- und Durchschlafstörungen aber nicht." Wer zum Beispiel unter der Woche sechs Stunden schläft und am Wochenende neun, der schläft unter der Woche schlicht zu wenig. Denn: "Man wacht auf, wenn man ausgeschlafen ist", erklärt Busch. "Social Jetlag" wird das Phänomen genannt, wenn sich Schlafmangel an den Wochentagen aufbaut und am Wochenende vermeintlich wieder ausgeglichen wird.

Was sollte ich tagsüber beachten, um nachts gut zu schlafen?

"Man muss sich belasten und auslasten, damit man abends müde ist", sagt Busch. "Sport ist immer gut, aber auch Spazierengehen reicht da aus." Und das am besten an der frischen Luft und im Sonnenlicht. Außerdem sollte man nach 15 Uhr keinen längeren Schlaf mehr machen und kurz vor dem Schlafengehen keine Mahlzeit mehr zu sich nehmen. "Der Körper ist nicht darauf ausgerichtet, im Schlaf zu verdauen", erklärt Busch. Auch Koffein und Alkohol können den Schlaf negativ beeinflussen. "Alkohol macht zwar müde, führt aber dazu, dass man nachts wach wird und bleibt."

Marco Busch ist Leiter des neurologischen Schlaflabors am Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB). - © EvKB
Marco Busch ist Leiter des neurologischen Schlaflabors am Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB). | © EvKB

Kurz vor dem Schlafengehen sind Bildschirme tabu. Denn auch ein dunkler Raum ist für guten Schlaf entscheidend und 18 Grad laut Busch die ideale Temperatur für das Schlafzimmer. Zudem ist es ratsam, den Tag "sanft ausklingen zu lassen". Sport sollte demnach lieber früher als später getrieben werden und Streitigkeiten vor der Bettruhe abgelegt werden. Wenn möglich, sollte die Bettgehzeit jeden Tag gleich sein. "Schichtarbeit ist da schon ein Problem", sagt Busch. Vor allem im Alter würden deshalb gesundheitliche Probleme auftreten.

Liegt es an den Jahreszeiten, wenn ich schlecht schlafe?

Da es im Winter tagsüber ähnlich dunkel ist wie in der Nacht, sollte darauf geachtet werden, die Lampen möglichst hell zu schalten. Lichttherapie-Lampen können dabei am Arbeitsplatz unterstützend wirken. Gerade Menschen, die in der Nachtschicht arbeiten, sollten auf gut ausgeleuchtete Arbeitsplätze bestehen. Im Sommer stellt sich dagegen die Herausforderung, das Schlafzimmer möglichst kühl und dunkel zu bekommen.

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Schlaflosigkeit kann viele Ursachen haben - wann sollte ich einen Arzt aufsuchen?

Die Krankmeldungen aufgrund von Schlafproblemen nehmen laut der AOK deutlich zu. In der Schlafmedizin gibt es rund 80 verschiedene Diagnosen. Im neurologischen Schlaflabor hat Busch es vor allem mit REM-Schlaf-Verhaltensstörungen, dem Restless-Leg- und Schlaf-Apnoe-Syndrom sowie Schlafwandlern und Narkoleptikern zu tun. All diese Störungen führen dazu, dass Menschen über mehrere Monate keinen erholsamen Schlaf finden. Sie sollten einen Arzt oder ein Schlaflabor aufsuchen, um den Grund für die Störungen herauszufinden.

Wer zwei Wochen lang mal nicht gut schläft und weiß, dass die Ein- oder Durchschlafprobleme vermutlich stressbedingt sind, sollte sich eher an seinen Hausarzt wenden, so Busch. Bei Schlafproblemen, die dreimal pro Woche und das über einen Monat lang anhalten, sprechen Experten zudem von einer Insomnie, einer krankhaften Schlafstörung.

Menschen, die an Insomnie leiden, können dies oft an folgenden Symptomen erkennen:

  • Schwierigkeiten beim Einschlafen oder Durchschlafen oder frühes aufwachen.
  • Die Schlafbeschwerden bestehen über mehrere Wochen und treten mindestens dreimal pro Woche auf.
  • Die Schlafbeschwerden verursachen Einschränkungen am Tag, etwa in der Bewältigung des Alltags.

Was sind mögliche Ursachen für Schlafstörungen?

  • Stress (Arbeit oder Privatleben)
  • Koffein, Alkohol oder Drogen
  • körperliche oder seelische Krankheiten (dazu gehören Schmerzen, Schlaganfall, Depression oder Demenz)
  • Medikamente (Antibiotika, Blutdruck- oder Asthmamittel)
  • Schichtarbeit
  • Persönlichkeitseigenschaften (etwa Perfektionismus)
  • erbliche Veranlagung

Weshalb leiden häufig ältere Menschen an Schlafstörungen?

Es gibt aber noch weitere Ursachen, die vor allem bestimmte Personengruppen betreffen - dazu zählen häufig auch ältere Menschen. Neben Geldsorgen machen ihnen auch Einsamkeit und andere körperliche Erkrankungen (chronische Schmerzen, Magenbeschwerden wie Sodbrennen und nächtliches Wasserlassen) zu schaffen.

Warum ist man häufig schlaflos vor der Periode?

Lange war es strittig, nun ist es wissenschaftlich bestätigt: Der Zyklus beeinflusst die Schlafeffizienz. Die Probleme kommen durch die Veränderungen der Eierstockhormone und halten oft über den gesamten Menstruationszyklus an?

Besonders fies: Nach dem Eisprung steigt bei vielen Frauen die Müdigkeit, schlafen können sie aber nicht.

Schlaflos in der Schwangerschaft - was tun?

Frauen in der Schwangerschaft leiden vor allem in den ersten und in den letzten Wochen und Schlafstörungen. Allerdings, kann es auch dazwischen zu schlaflosen Nächten kommen. Die Gründe dafür sind vielfältig: die hormonelle Umstellung, der erhöhte Harndrang, aber auch die Aktivitäten des Ungeborenen und Übelkeit und Schmerzen lassen Frauen keine Ruhe in der Nacht.

Für Schwangere gibt es viele Möglichkeiten, Schlafstörungen zu vermeiden:

  • Abends nur eine leichte Mahlzeit zu sich nehmen
  • auf koffeinhaltige Getränke verzichten
  • erst ins Bett gehen, wenn man wirklich müde ist
  • gut gelüftetes und kühles Schlafzimmer (etwa 18 Grad Celsius)
  • perfekte Liegeposition mit mehreren Kissen: Auf der linken Seite schläft es sich während der Schwangerschaft am besten, dann treten auch Rückenschmerzen seltener auf. Ein Kissen kann zwischen die Knie, eins unter den Bauch und eins im Rücken gelegt werden.
  • warmes Bad

Was kann generell gegen Schlafstörungen getan werden?

Oft helfen schon einfachste Mittel, um Schlafstörungen zu vermeiden:

  • Meditation
  • Musik
  • Hypnose
  • Geschichten (etwa in Form von Hörbüchern)
  • Regengeräusche
  • Atemübungen

Helfen können zudem Krankenkassen. Sie bieten etwa Kurse zur Entspannung an, also zum Beispiel autogenes Training oder Yoga. Diese sollte man jedoch "erlernen, wenn man nicht so viele Probleme hat", so der Experte.

Welche Wirkung haben frei verkäufliche Einschlafhilfen? Schaden sie mitunter?

Schlaftabletten mit dem Wirkstoff Melatonin können beim Einschlafen helfen. - © Symbolbild: Pixabay
Schlaftabletten mit dem Wirkstoff Melatonin können beim Einschlafen helfen. | © Symbolbild: Pixabay

Wenn es draußen dunkel wird, produziert der Körper den Botenstoff Melatonin. Er signalisiert dem Körper: Schlafenszeit. Sprays oder Tabletten, die zusätzliches Melatonin enthalten, sollen dieses Signal also verstärken und beim Einschlafen helfen. Diese Hilfe hätten nicht so eine hohe Wirkung wie Tabletten in der Klinik, sagt Busch. Aber deshalb auch "nicht viele Nebenwirkungen". Sie seien "relativ ungefährlich, bei richtiger Dosierung."

Ähnlich sieht es bei den pflanzlichen Schlafmitteln, wie Lavendel oder Baldrian, aus. Auch sie wirken, können aber bei schweren Störungen nicht helfen.