Ausländische Mediziner: Neustart in der Arztpraxis

Höxter/Münster. Aufgrund der geringen Zahl an Medizin-Studienplätzen in Deutschland wird der Ärztemangel in Regionen wie OWL zu einem wachsenden Problem. Ohne ausländische Ärzte könnte die Patientenversorgung vielerorts nicht mehr gewährleistet werden, doch insbesondere der Weg in die Selbstständigkeit mit einer eigenen Praxis schreckt viele zugewanderte Ärzte ab. Bislang liegt der Anteil ausländischer Ärzte in der ambulanten Versorgung in Westfalen-Lippe lediglich bei sieben Prozent. Zum Vergleich: In der stationären Versorgung sind es 40 Prozent. Die Ärztekammer unterstützt deshalb gezielt bei der Niederlassung. Neurologin Claudia Man hat diesen Schritt bereits hinter sich. Die gebürtige Rumänin behandelt seit 2019 Patienten in ihrer Praxis in Höxter. &bdquo;Einfach ist der Beruf als niedergelassene Ärztin nicht, da man nicht nur die Verantwortung für seine Patienten, sondern auch für seine Mitarbeiter und die wirtschaftliche Existenz der Praxis trägt", sagt Man. &bdquo;Aber nach fast zwei Jahren seit der Praxisübernahme kann ich sagen, dass das der richtige Schritt war." "Ein Großstadt-Leben kann ich mir nicht mehr vorstellen." Seit 2011 arbeitet Man in Höxter. Nach ihrem Medizinstudium und einer fünfjährigen Tätigkeit als Medizinerin wechselt sie mit Hilfe einer Recruiting-Agentur von Timisoara, Rumäniens drittgrößter Stadt mit mehr als 300.000 Einwohnern, nach Höxter, einer Stadt mit 30.000 Einwohnern. Zu diesem Zeitpunkt glaubt Man nicht daran, dass sie auch nach ihrer Ausbildung zur Fachärztin für Neurologie im St. Ansgar Krankenhaus Höxter in OWL bleiben wird. &bdquo;Doch genau dafür habe ich mich nach der fünfjährigen Weiterbildung entschieden. Ich fühle mich sehr wohl. Ein Großstadt-Leben kann ich mir nicht mehr vorstellen." Einfach war der Weg bis dahin jedoch nicht. Neu ist nach dem Wechsel nach Deutschland nicht nur die Sprache, die Man bereits vor ihrem Umzug nach Höxter lernt, sondern das gesamte Gesundheitssystem. &bdquo;Die Integration als Ärztin in einem unbekannten Gesundheitssystem ist schwer, doch während der Facharztausbildung im Krankenhaus habe ich es kennengelernt." Karriere im Krankenhaus oder Praxisgründung? Doch was kommt danach? Nach der Facharztausbildung stehen Mediziner vor der schwierigen Entscheidung: Karriere im Krankenhaus oder Praxisgründung? Auch Man stellt sich diese Frage. &bdquo;Ich wollte eine Veränderung, weshalb ich mich schnell für die Selbstständigkeit entschieden habe." 2019 übernimmt sie die neurologische Praxis von Christof Klemm in Höxter. Unterstützt wird die 42-Jährige dabei von der Kassenärztlichen Vereinigung und der Ärztekammer Westfalen-Lippe. &bdquo;Bei der Praxisgründung wird man eng begleitet. Ich habe sogar eine Praxispatin, die ich jederzeit anrufen kann", sagt Man. Wichtig ist der Neurologin auch die Unterstützung von Kollegen und Mitarbeitern. &bdquo;Zwei meiner Mitarbeiterinnen waren bereits vor meiner Übernahme in der Praxis tätig. Das ist goldwert, denn sie kennen alle Vorgänge und Patienten und auch mögliche Fallstricke." Mit ihrer eigenen Praxis hat Man ihren Weg als zugewanderte Ärztin in Deutschland gefunden. &bdquo;Die Selbstständigkeit ist nicht für jeden Mediziner der richtige Weg, man braucht Mut und den Willen, Verantwortung zu tragen. Ich kann diesen Weg trotz dieser Hürden nur jedem empfehlen." &bdquo;Westfalen-Lippe ist auf zugewanderte Ärzte angewiesen" Die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) versucht, die Hürden einer Praxisgründung für ausländische Ärzte abzubauen, denn Westfalen-Lippe hat im Landesvergleich den zweithöchsten Anteil von zugewanderten Ärzten innerhalb Deutschlands. &bdquo;Die Region ist damit wie keine andere auf zugewanderte Ärzte angewiesen", erklärt Jürgen Herdt von der ÄKWL. Insgesamt liegt der Anteil ausländischer Ärzte in Westfalen-Lippe bei 18 Prozent. Beim Ärztenachwuchs, Mediziner unter 35 Jahren, sind es 45 Prozent. &bdquo;Es gibt allerdings große Unterschiede, je nach Region und Bereich. In Höxter liegt der Anteil ausländischer Ärzte in bestimmten Bereichen bei 80 Prozent." Trotz des Ärztemangels in der ambulanten Versorgung, entscheiden sich bislang jedoch kaum ausländische Ärzte für eine Praxisgründung. &bdquo;Dabei erfüllen natürlich auch alle zugewanderten Mediziner nach der Facharztausbildung die nötigen Voraussetzungen für eine Praxisgründung", sagt Herdt. Trotzdem sind die Hürden offenbar noch zu hoch. &bdquo;Deshalb unterstützen wir gezielt, um im ersten Schritt Ängste zu nehmen und im zweiten Schritt passgenaue Perspektiven aufzuzeigen."