Tiere

Irgendwie wie die Cowboys - was man sich unter Westernreiten wirklich vorstellen kann

Der Unterschied zwischen der englischen Reitweise und dem Westernreiten

Entspannt im Steigbügel: Typisch fürs Westernreiten sind die breiten Steigbügel, die wadenhohen Reitstiefel, die Jeans und die Sporen. | © picture-alliance / dpa

Julia Fahl
24.11.2015 | 24.03.2016, 15:23

"Du reitest wie ein Cowboy? So richtig mit Lasso und so? Und trägst du dabei auch einen Cowboyhut" Nicht ganz. Diese Fragen kommen aber immer wieder, wenn ich von meinem Hobby, dem Westernreiten, erzähle.

Für viele ist Reiten gleichzusetzen mit: Ich habe ein Pferd, packe einen Sattel drauf, setze mich irgendwie auf das Pferd drauf und los geht es. Dabei kann ich Pferde in einem bestimmten Stil ausbilden und dann auch reiten:

  • Am weitesten verbreitet ist die Englische Reitweise. Das ist eine Sammelbezeichnung für Dressurreiten, Springreiten, Vielseitigkeitsreiten, Rennreiten, Jagdreiten und diverse weitere Pferdesportarten wie beispielsweise Polo.
  • Das Westernreiten ist der zur sportlichen Disziplin weiterentwickelte Reitstil der amerikanischen Cowboys.
  • Dann gibt es auch noch die klassische Reitweise (barocke oder höfische Reitweise), die Iberische Reitweise undundund...

Ich möchte hier einmal den Unterschied zwischen Englisch- und Westernreiten deutlich machen - und erklären, was es mit diesem Westernreiten überhaupt auf sich hat.

Sattel und Zaumzeug

Das Erste was auffällt: Die Ausrüstung der beiden Reitweisen unterscheidet sich. Das fängt schon bei den Sätteln an. Der Westernsattel hat eine tiefe, auch bei langen Ritten bequeme, Sitzmulde, einen hohen Rand hinten und breite Steigbügel. Beim Englischsattel sind diese schmal, die Sitzfläche ist flach, der Reiter hat viel Bewegungsfreiheit.

Im Gegensatz zum Englischsattel hat ein Westernsattel ein Horn vorne am Sattel, an dem ursprünglich das Lasso festgemacht wurde, wenn Rinder vom Pferd aus eingefangen wurden.

Ein Westernsattel hat eine größere Aufliegefläche als ein Englischsattel und verteilt so das Gewicht des Reiters großflächig auf dem Pferderücken. Er ist aber auch schwerer als ein Englischsattel und kann mehr als zehn Kilogramm wiegen.

Aber die wirklich größten Unterschiede zwischen den beiden Reitweisen sind:

  • die Art und Weise, wie der Reiter dem Pferd Hilfen gibt
  • die Art und Weise, wie der Reiter im Sattel sitzt
  • das Tempo, in dem das Pferd läuft

Hilfengebung

Wichtig: Ohne den korrekten, ausbalancierten Sitz geht bei beiden Reitweisen nichts. Aber Englischreiter geben ihren Pferden konstant Hilfen, haben stetig Kontakt mit den Zügeln zum Pferdemaul, die Schenkel liegen an, und sie arbeiten auch ständig mit ihrem Gewicht. Der Westernreiter hingegen sitzt den Großteil der Zeit passiv im Sattel und schwingt mit der Bewegung des Pferdes locker mit. Erst wenn er etwas von seinem Pferd möchte, macht er dies aktiv mit entsprechenden Kreuz-, Schenkel- oder Zügelhilfen deutlich. Solange das Pferd aber locker und eigenständig läuft, macht der Reiter nichts.

Das hat einen Grund: Das Westernreiten entspricht der Arbeitsreitweise der Cowboys, die mit ihren Pferden möglichst kräfteschonend und angenehm lange Strecken über einen längeren Zeitraum zurücklegen mussten.

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Die Unterschiede zwischen Western- und Englischreiten

Deshalb werden die Steigbügel beim Westernsattel auch so lang geschnallt, dass der Reiter gerade noch Spannung im Knie hat, aber sonst locker und entspannt sein Bein hängen lassen kann. Die Unterschenkel berühren den Pferdeleib nicht. Mit ihnen wird nur Druck aufgebaut, wenn eine bestimmte Schenkelhilfe gegeben wird - zum Beispiel, wenn das Pferd antraben oder angaloppieren soll. Hilfen werden beim Westernreiten als Impulse verstanden (unterstützt von stumpfen Sporen), aber es gibt keine treibenden Schenkelhilfen, die in jeder Gangart unterstützen.

So stumpft ein Pferd nicht ab, sondern kann sensibel auf die Hilfen reagieren.

Zweihändig und einhändig

Westernpferde werden konstant einhändig geritten. Dabei ist es eigentlich egal, in welcher Hand der Reiter die Zügel hält (ich bin Rechtshänder und mir fällt es in der rechten Hand leichter). Bei den Profis befinden sich die Zügel in der Regel in der linken Hand.

Diese Reitweise hat den Cowboys in der Vergangenheit die Arbeit erleichtert - und tut es immer noch. Auch für die Freizeitreiter ist es gut, eine Hand frei zu haben. So kann der Reiter aus dem Sattel heraus ein Tor öffnen, hindurchreiten und es wieder schließen. Oder es kann ein Handpferd mitgeführt werden.

Die Zügel, die offen sind und konstant durchhängen, fungieren als Druckzügel. Das heißt, wenn ich den linken Zügel seitlich am Pferdehals anlege, "drücke" ich damit das Pferd in die entgegengesetzte Richtung, also nach rechts. So werden die Pferde ohne große Einwirkung in die richtige Richtung gelenkt.

Langsamer ist mehr

Ein weiterer deutlicher Unterschied liegt im Tempo: Das Westernpferd wird allgemein langsamer geritten als das englisch gerittene Pferd. Der "Jog", der langsame, fast schlurfende Trab des Westernpferdes, erlaubt dem Reiter über lange Distanzen einen bequemen, anstrengungsfreien Sitz und ist für die Pferdekräfte schonend. Beim "Lope", dem abgekürzten Galopp am losen Zügel, sitzt der Reiter im Idealfall wie im Schaukelstuhl. Alle Gangarten werden ausgesessen.

In verschiedenen (Turnier-)Disziplinen des Westernreitens werden unterschiedliche Aspekte des Cowboyalltags gezeigt. So verdeutlicht das Cutting die Arbeit am Rind, und im Trail zeigen Reiter und Pferd, wie sie gemeinsam einen Hindernisparcours aus Toren, Stangen und Brücken überwinden, ohne zu springen.

Im Reining sind vor allem die schnellen und abrupten Bewegungen der Pferde auffällig - angelehnt auch an die ursprüngliche Rinderarbeit. Beim Stop bleiben die Pferde aus dem Galopp heraus abrupt stehen. Bei den Spins drehen sie sich mehrmals schnell hintereinander in 360°-Wendungen um sich selbst.

Fazit

Erst Voltigieren, dann Englischreiten - und nun Westernreiten: Ich habe meinen Reitstil gefunden. Ich arbeite mit dem Pferd zusammen, indem ich ihm minimalste Hilfen gebe. Es ist einfach entspannter. Dabei kommt es vor allem auf das Vertrauen zwischen Pferd und Reiter an, ohne funktioniert es nicht.